Scholz muß sich erklären

Vertrauen Sie mir, forderte Kanzler Scholz nach seinem Panzer-Deal mit der Ukraine und den USA. Doch damit ist es nicht getan. Er muß sich erklären, auch und vor allem vor den deutschen Bürgern. Ein Kommentar.

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Es ist gekommen, wie es kommen mußte: Kaum, dass Scholz grünes Licht für den Panzer-Deal gegeben hat, werden schon die nächsten Forderungen laut. Kampfjets, Langstreckenraketen und sogar die geächtete Streumunition fordert sein Freund (?) Selenskyj.

Schon wieder steht Deutschland unter Druck. Schon wieder ist die Regierungs-Linie unscharf. Scholz ist gegen Kampfjets, doch sein neuer Verteidigungsminister Pistorius hält sich alle Optionen offen. Darüber müsse man später sprechen, sagte er.

Nicht einmal der Panzer-Deal ist klar. Während Pistorius erklärt, er wolle schon im März liefern, lässt sich US-Präsident Biden Zeit. Mit den ersten Abrams wird erst im Herbst gerechnet, Deutschland steht zunächst also doch allein im Regen.

Das kann niemand verstehen – nicht einmal jene Bürger, die für weitere Waffenlieferungen sind. Scholz muß deshalb erklären, was er wirklich ausgehandelt hat. Gab es geheime Absprachen, gibt es amerikanische Sicherheitsgarantien?

Vor allem aber muß er seine Strategie erläutern. Es reicht nicht zu sagen, dass Deutschland keine Alleingänge macht. Wir wollen wissen, welche Ziele Deutschland in diesem Krieg verfolgt – und wie weit zu gehen die Bundesregierung bereit ist.

Dürfen deutsche “Leoparden” nun den Weg zur Krim freikämpfen? Lassen wir der Ukraine freie Hand? Wird es weitere Attentate in Moskau und Drohnenattacken auf Flugplätze im russischen Hinterland geben – mit deutscher Duldung?

Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sagt Clausewitz. Doch im Ukraine-Konflikt scheint die deutsche Politik abgedankt zu haben. Sie stellt Mittel bereit, nennt jedoch keine Ziele. Das ist brandgefährlich.

Klar, Scholz ist kein Hardliner. Er redet nicht vom “Sieg” der Ukraine, wie die EU. Doch er trägt die EU-Beschlüsse mit. Und er lässt sich treiben. Im Panzerstreit gab die Achse Kiew-Warschau-Washington den Ton an, Berlin wurde vorgeführt.

Und noch eine andere Sache muß Scholz erklären. Was hat es eigentlich mit dem deutschen Führungsanspruch in der Militärpolitik auf sich? Will sich Deutschland an die Spitze des Krieges gegen Russland setzen, von dem Baerbock spricht?

Geht jetzt noch mehr Geld ins Militär, während die Tafeln überlaufen und die Flüchtlingsheime überfüllt sind? Bekommt Rheinmetall einen Blankoscheck? Droht gar eine Kriegswirtschaft, wie sie der CSU-Europapolitiker Weber fordert?

Und wie lässt sich der neue Führungsanspruch eigentlich mit dem deutsch-französischen “Motor” und der EU vereinbaren? Gemeinsame Rüstungsprojekte sind beim Panzer-Deal hinten runter gefallen, Scholz vertrautn nur den USA.

Das mag beruhigend sein, wenn man sich in ein neues militärisches Abenteuer stürzt. Europäisch ist es nicht. Und dass die Mehrheit der Bundesbürger dafür ist, die größte Armee Europas aufzubauen, wage ich auch zu bezweifeln…

Siehe auch “Scholzing mit dem Leo”. Mehr zum Panzerstreit hier

P.S. Scholz sollte auch ‘mal erklären, wie er zu den umstrittenen Äußerungen seiner Außenministerin steht. Die haben erheblichen Flurschaden angerichtet – mehr dazu hier

P.P.S Deutsche “Leos” dürfen die Krim “befreien”. Das sagt SPD-General Kühnert hier. Und der galt mal als aufmüpfig…