Schockstarre in Euroland
Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr muss der Bundestag über Griechenland abstimmen. Die meisten Abgeordneten wissen, dass auch das neue Programm zum Scheitern verurteilt ist. Doch fast alle schweigen – EUropa steht unter Schock.
Es gibt Ereignisse, die sind so einschneidend, dass man sie lange nicht verarbeiten kann. Der Euro-Gipfel vom 12. und 13. Juli war so ein Ereignis.
In einer bedrückenden, fiebrigen Nachtsitzung drückten Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble nicht nur Griechenland, sondern der ganzen Eurozone ihren Stempel auf.
Mit der Drohung, Athen „zeitweise“ aus dem Euro auszuschließen, setzten sie die härtesten Bedingungen durch, die es in der an Pressionen und Diktaten reichen Geschichte der Eurokrise je gegeben hat.
Seitdem hat sich nicht nur Griechenland erschreckend verändert – von einem stolzen Land, das ein trotziges „Oxi“ wagte, zu einer willenlosen Kolonie der wiederauferstandenen Troika. Ganz Europa wirkt wie gelähmt.
Niemand traut sich “Nein” zu sagen
Die 19 Euroländer haben einem Deal zugestimmt, an denen sie selbst nicht glauben. Der Internationale Währungsfonds ist Teil einer “Rettung“ geworden, die er längst zum Scheitern verurteilt weiß.
Doch niemand traut sich noch, Nein zu sagen. Europa steht unter Schock, eine bleierne Starre hat Euroland erfasst.
Am deutlichsten lässt sich das an der EU-Kommission und ihrem Präsidenten Juncker ablesen. Angetreten, die EU auf einen sozial verträglichen Erholungskurs zu bringen, wagt Juncker es heute nicht einmal mehr, eine Folgenanalyse zum neuen Spardiktat für Griechenland vorzulegen.
Juncker bettelt um Genehmigung
Der Mann, der eine „politische Kommission“ leiten wollte und sich noch im Juni als selbstbewusster Vermittler präsentierte, bettelt heute in Berlin um Genehmigung für das neue Memorandum.
Aber auch Berlin steht unter Schock. Die “Abweichler” in CDU/CSU werden abgekanzelt und isoliert. Die SPD wagt es nicht einmal mehr, sich vom Austeritätskurs oder vom IWF abzugrenzen.
Und die Opposition ist marginalisiert. Dabei wäre es höchste Zeit, jetzt eine Debatte über das deutsche Europa zu führen – und es von innen heraus, in Deutschland selbst, zu verändern.
Schäuble steht so viel Macht nicht zu
Doch diese Debatte kommt nicht in Gang. Nicht nur in Brüssel, auch in Berlin hat nach dem Debakel beim Euro-Gipfel im Juli eine posttraumatische Schockstarre eingesetzt, die das Denken lähmt.
Das ist gefährlich. Denn es gibt Schäuble und den Apologeten des deutschen Europa eine Macht, die ihnen nicht zusteht.
Dies ist die aktualisierte Kurz-Fassung einer Analyse, die ich für die “taz” geschrieben habe. Der Originalbeitrag steht hier. Siehe auch “Klima des Misstrauens” (zum ersten BT-Votum) und “Votum ohne Vertrauen” (zum 2.)
winston
19. August 2015 @ 15:49
Exzellenter Artikel aus DWN.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/08/18/aus-der-geschichte-nichts-gelernt-der-voellig-falsche-kurs-fuer-griechenland/
winston
19. August 2015 @ 14:11
Hab schon bevor Tsipras an die Macht kam gesagt, das er auf ganzer Linie scheitern wird, wenn er von seinem Mantra:” Der Euro steht NICHT zur Diskussion” weg kommt.
Ganz einfach der Präsident der zweit grössten Ökonomie in der EZ sagte auch er wolle gegen die Austeritätspolitik Schäubles ankämpfen, allerdings hielt er genau wie Tsipras am Euro fest. Es dauerte keine 3 Wochen und Holland machte vor Schäuble den Bückling, Es war illusorisch zu glauben wenn es ein Holland nicht schaffte, es Tsipras schaffen wird. Die einzige Karte die Tsipras hatte war und ist der Grexit. Das Grexit gelaber von Schäuble halte ich für einen Bluff.
Austerität und Euro hängen eng zusammen, man kann nicht gegen Austerität ankämpfen und gleichzeitig den Euro verteidigen oder wer für den Euro ist, ist auch für Austerität. Austerität ist nix anderes als eine Innere Abwertung, will man die nicht, muss man extern abwerten um dies zu machen muss man aus dem Euro austreten. Einzige vernünftige Lösung für Länder die hauptsächlich vom Binnenmarkt abhängig sind.
Europa ist auf einem sehr gefährlichen Weg. Die klassischen Rechten und Linken Parteien sind wie Müller sagt zweit Seiten der selben Münze, das misstrauen an diese Parteien wird zunehmen und radikale Kräfte auftrieb geben. Halte zwar einen grossen Krieg heute in Europa für impraktikabel, Bürgerkriegsähnliche Zustande aber für durchaus möglich. Die ganze Eurokrise ist innerhalb des Eurosystems nicht mehr lösbar, sie wird sich weiterhin verschärfen.
Zu den Privatisierungen der griechischen Flughäfen sollte man eins wissen. Das erste was Griechenland machen wird, wenn es die Souveränität zurück gewinnt, ist die Nationalisierung der Flughäfen. Der Euro wird kein bestand haben. Ökonomische Gesetze kann man nicht ausser Kraft setzen. Angesichts der hartnäckigen Verteidigung des Euros seitens Frankreich und Italien wird sich dies höchstwahrscheinlich chaotisch abspielen. Deutschland wird den Euro natürlich nicht verlassen, da es das einzige Land ist, wo die Kosten/Nutzen Rechnung des Euros noch grün ist. Wenn ich von Deutschland rede, meine ich nicht das Deutsche Fussvolk.
Peter Nemschak
19. August 2015 @ 13:53
@Der Dicke Privatisierung macht überall dort Sinn, wo sie eine Wettbewerbssituation damit erzeugen können Beispiel: alternative Stromanbieter für private und industrielle Verbraucher. Das Leitungsnetz bleibt in öffentlicher Hand, das Produkt Strom unterliegt Anbietern, die im Wettbewerb zu einander stehen und deren Erfolg davon abhängt, wie günstig sie Strom einkaufen können. Abnehmerverbünde können als Großkunden mit entsprechender Marktmacht gegenüber den Stromanbietern auftreten. Dieses System hat in den letzten beiden Jahren erfolgreich der Verein für Konsumenteninformation (politisch linksstehend) in Österreich mit Erfolg für die Konsumenten organisiert und genutzt.
DerDicke
19. August 2015 @ 15:04
Das Leitungsnetz blieb nie in öffentlicher Hand. Nicht bei der Telekom die sich mit der “letzten Meile” eine goldene Nase verdient, nicht bei der Bahn die ihre Schienen so lange verrotten lässt bis sie Bundeszuschüsse bekommt, nicht bei den Energieversorgern bei denen die Leitungen nochmal separat privatisiert werden was den Strom nochmal verteuern dürfte.
Peter Nemschak
19. August 2015 @ 13:28
@ebo Griechische Energieversorgung: Umstellung der Energieversorgung, worauf ? Solange es kostengünstiger ist, Energie zu importieren, wird sich daran nichts ändern. Sollte Energiegewinnung aus Sonnenenergie in Griechenland kostengünstiger als der Energieimport sein, stellt sich die Frage, unter welchen Umständen Investoren bereit wären in die griechische Energieerzeugung zu investieren. Derzeit kämpfen auf Grund des abrupten Ausstiegs Deutschlands aus der Kernenergie Energieriesen in Europa mit Strom-überschüssen und machen Verluste. Unter entsprechenden Rahmenbedingungen finden sich immer Investoren, die auf der Suche nach profitablen Investments sind. Man kann mit dem Zauberwort “Demokratie” die ökonomischen Gesetze nicht außer Kraft setzen. Unser ehemaliger sozialistischer Bundeskanzler Bruno Kreisky, ein brillanter Außenpolitiker aber ökonomischer Laie, meinte einmal im Hinblick auf unsere damals verlustbringende verstaatlichte Industrie: lieber 1 Milliarde Staatsschulden mehr als 100.000 zusätzliche Arbeitslose. Am Ende hatten wir beides, und die Verstaatlichte musste privatisiert werden.
ebo
19. August 2015 @ 13:39
Lesen sie mal Dirk Müllers Bestseller “Showdown”. Der Mann war in Griechenland und hat aufgeschrieben, wie eine neue Energiepolitik aussehen könnte, die ganz Europa zugute käme. Stichwort: Gas und Öl im Mittelmeer. Die Türkei hat es verstanden, wir nicht.. Sieh auch diesen Artikel im “Standard”: http://derstandard.at/1376534089547/Griechenland-und-die-Oelmilliarden
Peter Nemschak
19. August 2015 @ 11:46
@ebo Fraport ist halbstaatlich, aber gut geführt. Dazu tragen die privaten Aktionäre bei. Würde Fraport den Zuschlag nicht erhalten, ginge der Airport an einen anderen privaten Anbieter. Es gibt genug davon auf der Welt. Der track-record der griechischen Staatsbetriebe insgesamt war in den letzten Jahrzehnten nicht berauschend, ein Tummelplatz der jeweiligen Klientelpolitik. Privatisierung erschwert Klientelpolitik und fördert Produktivität. Was ist so übel dabei? Defizitäre Staatsbetriebe müssen vom Steuerzahler erhalten werden und zementieren eine wenig wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Warum soll man daraus nicht die Konsequenzen ziehen? Darin liegt die Stärke der Marktwirtschaft. Sollte es bei der Vergabe an Fraport nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, wäre die EU-Kommission gefordert.
DerDicke
19. August 2015 @ 13:31
“Privatisierung erschwert Klientelpolitik”. Das ist eine Aussage, die in keinster Weise der Realität entsprechen muss. Oder haben Sie irgendeinen Beleg dafür? Ich erinnere mich da an Schmiergelder von Siemens in Griechenland.
Privatisierung läuft bei uns so ab:
Stadt verkauft Wasserwerk, Kanal, …
Investor kauft, Gebühren werden erhöht.
Warum der sich “Investor” nennt weiß man nicht, investiert wird nichts in die Infrastruktur.
Wenn alles marode ist muss die Stadt teuer zurückkaufen, sie muss ja die Grundversorgung garantieren.
Bürger ist mehrfach gekniffen: hohe Gebühren, teure Sanierung, schlechter Service
Die Züge waren wesentlich pünktlicher, das System zuverlässiger und die Tickets günstiger als wir noch eine Deutsche Bundesbahn statt einer “Bahn AG” hatten.
Die Post hält sich als Quasi-Monopolist so lala.
Bei den E-Werken hat sich der Strompreis ohne Qualitätssteigerung deutlich verteuert mit der Privatisierung, die Aktionäre freut es.
Grundversorgung gehört in Staatshand, dazu gehört Infrastruktur, öffentliche Verkehrsmittel, Strom, (Ab)Wasser, Internet. Langfristig sinkt sonst die Qualität bei steigenden Preisen, da die privaten Anbieter oft als Monopolisten auftreten können – oder können sie sich ihren Kanalbetreiber aussuchen?
Gegen private Konkurrenz spricht nichts, aber nur auf Augenhöhe mit dauerhaft existierenden staatlichen Betreibern.
ebo
19. August 2015 @ 14:52
@Nemschak Wie gut man in Deutschland Flughäfen baut und führt, sehen wir ja gerade in Berlin. Der BER ist ein Milliardengrab. Was Fraport betrifft: Keine andere Privatisierung wurde im MoU so knallhart festgezerrt wie diese. Das nenne ich nicht Marktwirtschaft, sondern Diktat. Besser wäre es, die ganze Angelegenheit neu auszuschreiben – schließlich wollen die Gläubiger doch maximale Privatisierungs-Erlöse!? 1,23 Mrd. Euro sind lächerlich.
Peter Nemschak
19. August 2015 @ 20:19
Nichts dagegen. Das Fiasko beim neuen Terminal in Wien war übrigens das Ergebnis von politischer Klientelpolitik des Landes Wien und Niederösterreich zu Lasten der privaten Aktionäre.
Andres Müller
19. August 2015 @ 11:43
Es ist ja nicht nur so dass einige der einflussreichsten Ökonomen und Institutionen am eingeschlagenen beinlosen Kurs gegenüber Griechenland verzweifeln, auch an anderen Orten in der EU auch ausserhalb der Union rollt der Stuhl der Unvernunft. Die wirkliche Schockstarre ist im Hinterkopf entstanden, da Tsipras von den neoliberalen Finanzkonstrukteuren wie von Geisterhand zum trojanischen Pferd umfunktioniert werden konnte. Die Ratschläge des schon vor vielen Jahren durch Bilderberg geläuterten Joschka Fischer an Tsipras, sich über das OXI -Abstimmungsergebnis hinwegzusetzen, ist vorerst befriedigend ausgeführt worden – die modernen Economic Hitman sind jetzt tendenziell umgefallene Linke, während die Killer im Hintergrund praktisch Arbeitslos wurden. Das bedeutet nichts anderes als die Finanz- Märkte jetzt endgültig die Oberhand über die Politik und die Demokratie übernehmen konnten und das sich damit der Unterschied zwischen rechten und linken Parteien nur noch als zwei Seiten derselben Münze offenbart. Es ist nicht unbedingt nur ein Schock, es ist ein Zustand der Erstarrung, wie damals auf der Titanic vor dem Eisberg … nur ohne Wasser in das man wegspringen könnte.
OXIgen
18. August 2015 @ 23:19
Vor ein paar Tagen habe ich ja selber von Schockstarre geschrieben, dies jedoch bezogen auf die Reaktion der europäischen Linken über Tsipras’ atemberaubende Volte.
Von einer allgemeinen europäischen Schockstarre kann ich eigentlich nicht viel wahrnehmen, es ist eher die übliche sommerliche Trägheit während der Parlamentsferien. Lediglich über Griechenland selbst scheint eine bleierne Glocke aus Agonie und Angst zu liegen, was aber für unsere Qualitätsmedien längst kein Thema mehr ist. Inzwischen wurde die Griechenlandkrise medial von der Flüchtlingskrise abgelöst und laut Mütterchen M. (im ZDF Sommer-Interview) ist das jetzt ja auch viel wichtiger. Wie praktisch.
Nein, an eine posttraumatische Schockstarre in Berlin und Brüssel glaube ich nicht. Im Gegenteil, da wird die Ruhe vor den Herbststürmen genutzt, um hinter den Kulissen all die Schweinereien wie z.B. Fraport schnell unter Dach und Fach zu kriegen. Und zwar noch vor den sicher kommenden Neuwahlen und bevor Tsipras wieder eine überraschende Volte schlagen könnte. Man weiß ja nie…
Ich habe eher den Eindruck, dass man die ganze hitzige Debatte mithilfe unserer servilen Medien nun gezielt runterkühlt, damit die Troika ungestört ihren Raubzug durchführen kann. Nein, nein, in Euroland gibt es weder Schock noch Starre, da wird fleißig geschafft, bis das europäische Fertighäusle auf seinem Treibsand-Fundament nicht mehr so wackelt, dass beim nächsten Sturm das Dach davon fliegt.
ebo
19. August 2015 @ 00:20
@Oxigen Keine Frage, die Troika ist hyperaktiv. Aber politisch bewegt sich nichts mehr in Euroland. Brüssel folgt blind den Anweisungen aus Berlin, Paris feiert schon den aufgeschobenen Grexit als Erfolg, Rom schweigt. Alternativen? Fehlanzeige. Aufarbeitung des griechischen Debakels und des Beinahe-Bruchs? Keine. Das meine ich mit Schockstarre. Letztlich haben alle Angst, dass der deutsche Hegemon als nächstes ihr Land disziplinieren könnte…
OXIgen
19. August 2015 @ 02:54
@ebo
Das ist natürlich völlig richtig, was Du mit politischer Schockstarre meinst. Der Desaster-Gipfel des 12./13. Juli hat genau das erreicht, was Varoufakis in etwa so beschrieb: “Schäuble wollte Griechenland opfern, um (vor allem) Frankreich das Fürchten zu lehren.” Nun ist Griechenland erledigt und Hollande hat, salopp formuliert, die Hosen gestrichen voll. Auf der einen Seite Le Pen und auf der anderen Schäuble, dazwischen sein persönliches Waterloo. Kein Wunder, dass er in Deckung geht und die kleinen Brosamen, die im Deutschland zuwirft, schon als Erfolg umdeutet. Ein klares NON ist von Flamby ohnehin niemals zu erwarten. Außerdem ist 2017 nicht mehr allzu weit entfernt, da hält man sich besser dezent zurück.
Was ist bloß aus unserem Europa geworden? Alle knien unterwürfig vor der neuen Kaiserin, obwohl jeder sieht, dass sie barfuß bis zum Hals da steht. Was für ein widerwärtiges Bild!
Carlo
18. August 2015 @ 21:43
“Ich bin sicher, dass der Euro uns zwingen wird, neue wirtschaftspolitische Instrumente einzuführen. Es ist politisch unmöglich, dies jetzt vorzuschlagen. Aber eines Tages wird es eine Krise geben und die neuen Instrumente werden geschaffen werden.”
Romano Prodi, Financial Times, 1999.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.509964.de/15-27-4.pdf
Ich schrieb es schon einmal. Der Euro arbeitet exakt so, wie vorgesehen war. Niemand soll mir erzählen, dass die Topökonomen diese Probleme nicht vorhersehen konnten. Zumal es die bestehenden wirtschaftlichen Unterschiede, in diesem Währungsraum, auch vor 20 Jahren gab.
Selbst die Krisen waren geplant, damit man wirtschaftliche Ziele, politisch verpackt, umsetzen kann. Das angeführte Zitat ist älter als die Ära des Ministers Schäuble und deutet darauf hin, das ganz andere Kräfte das System planten und steuern, unabhängig von Parteimitgliedschaften.
Daher rührt die komplette Ratlosigkeit und Alternativlosigkeit, selbst bei Syriza. In diesem System sind nämlich keine Alternativen vorgesehen.
Wer “Nein” sagt, sollte eine Idee haben, was er dann wie tun will. Für mich ist es keine Frage der deutschen Macht, schon gar nicht der Macht eines Finanzministers mit 2 Billionen € Schulden (den Anstrich der Macht bekommt er von seinen “Gläubigern”), es ist eine Systemfrage. Und so lange diese nicht gestellt und diskutiert wird, wird man mit “Rettungspaketen” leben und sie lieben müssen.
Peter Nemschak
18. August 2015 @ 18:56
So ferne über kurz oder lang ein Schuldennachlass kommt, hat das Hilfsprogramm gute Chancen. Es kommt nunmehr darauf an, dass sich die griechische Regierung und das Volk damit identifizieren. Sonst wird es nicht funktionieren. Schließlich wollte die Mehrheit im Euro bleiben. Wer je glaubte, dass die EU etwas zu verschenken hätte, ist unverbesserlicher Sozialromantiker. Wie immer es laufen wird, Europa hat sich bemüht Griechenland zu helfen. Jetzt müssen sich die Griechen selber helfen. Sollte das Programm scheitern, kommt der Grexit. Europa wird auch diesen überleben.
DerDicke
19. August 2015 @ 06:31
Es geht nicht ums verschenken.
Es geht um den Ausverkauf von Volkseigentum.
Die 14 Flughäfen die Gewinn machen werden an Fraport verschleudert. Die restlichen (die bisher von den anderen mitfinanziert wurden) bleiben zukünftig am Steuerzahler hängen. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren, dieses Prinzip ist ja bekannt.
Peter Nemschak
19. August 2015 @ 10:08
Was heißt verschleudert? Wenn jemand anderer mehr bietet, erhält dieser den Zuschlag. Gut geführte, gewinnbringende private Flughäfen sind nützliche Steuerzahler. war der Staat je ein guter Unternehmer?
ebo
19. August 2015 @ 10:21
@ Nemschak Wussten sie, dass Fraport ein halbstaatliches Unternehmen ist? GR soll seine Flughäfen privatisieren, damit sie zum Schnäppchenpreis in die Hände des Landes Hessen fallen, und die Grünen, die früher gegen die Startbahn West waren, klatschen Beifall…
DerDicke
19. August 2015 @ 10:46
Herr Nemschak, wo sehen SIE die Zukunft Griechenlands in 10,20,50 Jahren? Wenn das komplette Tafelsilber verscherbelt und nichts mehr zu holen ist? Wenn jeder mit einem Hauch Bildung das Land verlassen hat, wenn die Schulden bei 2 Billionen Euro liegen (der Preis des Zinseszins-Effekts)?
Wie sollen die aktuellen Aktionen zu einer Verbesserung der Lage beitragen, haben die selben Aktionen die Lage beim letzten Eingriff doch eklatant verschlechtert?
Wahnsinn ist, jedes mal das selbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten (Einstein).
ebo
19. August 2015 @ 11:07
@DerDicke Ganz Deiner Meinung. GR braucht ganz andere Reformen, z.B. eine Umstellung der Energieversorgung, damit es nicht mehr von Energieimporten abhängig ist und so seine Leistungsbilanz verbessert. Davon steht kein Wort im Memorandum. Nötig wäre auch ein echtes Investitionsprogramm (kein Ausverkauf) sowie eine Koppelung des Schuldendienstes an das Wachstum…
Carlo
19. August 2015 @ 14:59
“eine Koppelung des Schuldendienstes an das Wachstum…” – Das ist doch genau das, was jetzt überall praktiziert wird. Es gibt mittelfristig immer wieder das Problem, dass sich Schulden (und Guthaben) exponentiell entwickeln können und ein Wirtschaftswachstum (eher) linear, mit den jetzigen Folgen: Zerstörung der Umwelt, Massentierhaltung … (außer: zeitweilig nach einem Systemreset, beispielsweise durch Krieg, kann sich keine Wirtschaft dauerhaft exponentiell entwickeln – selbst konstante 2% jährliches Wachstum sind letztendlich eine Exponentialfunktion)
Genau aus dem Grund kann auch ein Staat wie China dauerhaft kein Wirtschaftswachstum von 10% oder 7% oder auch nur 5% halten.
Um es zu verdeutlichen:
Setzt man ein jährliches Wirtschaftswachstum von nur 2,8% voraus, verdoppelt sich die Wirtschaftsleistung (BIP) ca. alle 25 Jahre. Nach nur 150 Jahren müsste die Gesellschaft schon das 64fache der aktuellen Güter und Dienstleistungen erzeugen und verkaufen, nach nur 300 Jahren mehr als 4000fache.
Welchen Sinn macht das? Ja, ich weiß: “In the long run we are all dead.” (Keynes)
ebo
19. August 2015 @ 15:13
@Carlo Nö, Griechenland muss sparen – unabhängig vomWachstum. Und es muss zahlen – unabhängig vom Wachstum. Im übrigens wächst es nicht, sonder es ist seit Beginn der Krise um 30 Prozent geschrumpft. Das ist genau das, was es noch nie in Friedenszeiten gegeben hat – Depression made in EU
Carlo
19. August 2015 @ 15:46
@ ebo
Die Situation in GR ist eine Folge, des von mir Beschriebenen. Nun wird die gleiche Medizin, die dazu führte, als Heilmittel empfohlen.
Ah ja, was muss Griechenland sparen und wie und warum und bei wem?
Der Rest ist bekannt.