„Plan B“: Griechenland ist (nicht) allein
Die Türkei droht mit dem Ende des Flüchtlingspakts, Griechenland reagiert – und fordert einen „Plan B“. Falls Sultan Erdogan Ernst macht, müsse die EU bereit sein, Athen zu helfen. Die Idee ist nicht neu.
Wer diesen Blog aufmerksam liest, hat eine ähnliche Idee schon vor einer Woche gelesen – aus Washington. Auch die US-Regierung fordert, Griechenland zu helfen.
Dabei geht es zwar vor allem um einen Schuldenerlass. Es geht aber auch darum, Griechenland unter die Arme zu greifen, falls der deutsch-türkische Flüchtlingspakt platzt.
Und was sagt Berlin dazu? Nein, wie üblich! „Wir stehen in vollem Umfang hinter diesem Abkommen“, sagte Außenamtssprecher M. Schäfer in Berlin.
Auch Brüssel sagt Nein. Wäre ja auch noch schöner, dem schwächsten EU-Mitglied zu helfen, oder was?
bluecrystal7
4. August 2016 @ 06:01
Ja, absolut richtig. Griechenland wurde und wird nach wie vor mehr schlecht als recht unterstützt. Das ist kein Geheimnis.Von der Umverteilung der Flüchtlinge in die einzelnen EU-Länder will ich erst gar nicht anfangen…
„Die EU-Staaten unterstützen Griechenland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise einem Zeitungsbericht zufolge weit weniger als ursprünglich zugesagt. So seien weniger Experten in das Land geschickt worden als zugesagt, berichtete die Bild-Zeitung unter Berufung auf Daten der EU-Kommission.
Demnach sind bisher nur 66 von 1.580 zugesagten Frontex-Beamten nach Griechenland entsandt worden. Zudem seien nur zwei von 60 angeforderten Rücküberführungsexperten, 92 von 475 zugesagten Asylexperten und 61 von 400 versprochenen Dolmetschern geschickt worden. Von 30 Juristen, die zugesagt wurden, sei noch kein einziger im Land angekommen.
Die Folge sei, dass die Asylverfahren entsprechend zögerlich abgeschlossen würden und nur wenige Flüchtlinge bisher das Land verlassen konnten. Seit Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens zwischen der Türkei und der EU am 18. März seien 849 Flüchtlinge von Griechenland in andere EU-Länder umgesiedelt und 468 in die Türkei zurückgeschickt worden, berichtet die Zeitung.“
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-08/fluechtlinge-griechenland-europaeische-union-tuerkei
S.B.
3. August 2016 @ 16:52
GR wäre super geholfen, wenn die europäischen Sozialsysteme, insbesondere aber der Supermagnet Deutschland, für Migranten dicht gemacht würde. Genauso die Grenzen. Dann könnte im europäischen Kontext – möglichst schnell – überlegt werden, wie effektiv Hilfe vor Ort organisiert wird. All das würde sofort zur ganz erheblichen Entlastung der „Landungs“länder beitragen und die Migrationskrise endlich in geordnete Bahnen lenken.
Aber hätte, wäre, könnte…
Skyjumper
3. August 2016 @ 17:52
Ironie ON:
Das wäre doch viel zu einfach. Nein, ich hab da eine bessere Idee: Wir schicken die USA mal nach Libyen, wieder ein paar frische Bomben werfen. Und die Russen bitten wir in Aleppo ein bißchen mehr zu bomben. Das sorgt für Nachschub und wir können unsere Überlegungen in der EU dann im großen Stil an den Migranten ausprobieren. So im klein-klein verliert man sonst schnell den Blick für’s Ganze.
Ironie OFF:
Ups! Das passiert ja alles schon. Okay, mit Ausnahme der Überlegungen in der EU natürlich 😉
alex
3. August 2016 @ 14:49
Wolfgang Streeck (Soziologe und Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, März 2016, London Review of Books, Band 38) über die hegemoniale Selbstgerechtigkeit der deutschen Politik. Ein Essay, den man Merkel & Konsorten laut vorlesen muss: http://gazette.de/die-gazette/archiv/gazette-50/last-exit-desaster.html
Peter Nemschak
3. August 2016 @ 15:44
Selbst ein sanfter Hegemon wird sich immer der Kritik aussetzen, nicht sanft genug gewesen zu sein.
bluecrystal7
4. August 2016 @ 05:33
Ein sehr interessanter Beitrag.
Johannes
3. August 2016 @ 14:25
Jetzt wird schon das Leid der Flüchtlinge verwendet um einen Schuldenerlass zu erzwingen???
Frankreich könnte ja voran gehen und Griechenland die Schulden erlassen. Komisch, Frankreich weigert sich aber das zu tun, und wird auf diesem Blog trotzdem nicht kritisiert.
Spanien, könnte Griechenland die Schulden erlassen, tut Spanien aber nicht, und trotzdem wird Spanien nicht kritisiert.
Portugal könnte Griechenland Schulden erlassen, tut es aber nicht, und trotzdem wird es nicht kritisiert.
Beglien, das Land in dem Herr Bonse wohnt, könnte Griechenland Schulden erlassen. Aber das Land weigert sich. Und trotzdem wird Belgien für seinen Egotrip nicht kritisiert.
Zeigt doch mal uns Deutschen doch wie böse wir im Vergleich zu euch sind … niemand hält Frankreich davon ab, niemand, auch wir Deutsche nicht!!!!!!!!!
Also Frankreich, leg los, oder bist du genauso anständig wie Deutschland, na???????
Peter Nemschak
3. August 2016 @ 15:43
Griechenland kann gar nichts erzwingen. Es ist in der schwächeren Position. Es wäre höchst an der Zeit, dass sich die EU-Mitglieder einzeln zu einer Obergrenze für ihr Land äußern und dies auch kommuniziert wird, damit sich migrationswillige Menschen danach richten können und sich nicht ohne Aussicht auf Erfolg Schleppern anvertrauen.
alex
3. August 2016 @ 12:39
UNHCR hat das Scheitern der Vereinbarung der Türkei mit der EU in einer Pressekonferenz bereits bestätigt. Übrigens kam die EU ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Griechenland aus dem Flüchtlingsdeal kaum bis gar nicht nach.
PS: Ironischer Seitenhieb auf Schäuble: der denkt jetzt wohl: Wenn die Griechen noch mehr als bisher sparen (müssen), dann bleibt mehr für die Flüchtlinge.
Peter Nemschak
3. August 2016 @ 15:40
Ob die EU die Aussage des UNHCR kümmert? Vielleicht hat letzteres einen Plan B für die EU.
Peter Nemschak
3. August 2016 @ 12:17
Der Schuldenerlass und das Flüchtlingsproblem sind zwei unterschiedliche Problemkreise. Konkrete finanzielle und logistische Hilfe sind zur Erleichterung des Flüchtlingsproblems notwendig. Der Schuldenerlass bringt derzeit auf Grund des geringen Schuldendienst nichts. Nachdem die Balkanroute gesperrt ist, sollte sich ohnedies auch der Druck auf Griechenland verringern, da sich dieser Umstand mittlerweile herumgesprochen haben dürfte. Ob Griechenland als unmittelbar betroffenes Land einen Plan B hat oder auf die EU wartet?
Skyjumper
3. August 2016 @ 12:11
„Dabei geht es zwar vor allem um einen Schuldenerlass.“
Ein wenig mehr Sinn für’s Praktische wäre wünschenswert. Was bitte hilft es bei der Organisation, Erfassung und Versorgung von Flüchtlingsströmen wenn man Griechenland die Schulden erlässt?
Natürlich sollte man schleunigst einen Plan B ausarbeiten. Am besten auch gleich Plan B1 und B2 um auf Variablen vorbereitet zu sein. Und da jegliche Umsetzung eines Planes nicht kostenfrei zu haben sein wird, muss auch die Finanzierung bei den Überlegungen eine Rolle spielen.
Aber eben die Finanzierung der Maßnahmen zur Bewältigung der ggf. erneut anwachsenden Flüchtlingswelle. Und nicht die Finanzierung alter Spielschulden. Natürlich: Den USA wäre es lieb wenn die Griechen schuldenfrei wären damit die griechische Armee wieder tüchtig einkaufen kann bei Lockheed, Raytheon und Konsorten.