Macrons gefährlicher Makel
Plötzlich Favorit: Medien-Liebling E. Macron gilt plötzlich als aussichtsreichster Kandidat bei der französischen Präsidentschaftswahl. Doch der sympathische junge Politiker hat einen gefährlichen Makel.
Damit meine ich nicht etwa die Enthüllungen, die “Wikileaks” angekündigt hat – und die ähnlich wie in den USA auch diesmal den Wahlkampf verzerren könnten. Wieder geht es gegen einen Sozialliberalen…
Nein, ich meine Macrons Vergangenheit. Er war Investmentbanker – und er hat die “Loi Macron” verantwortet, eine heftig umstrittene Arbeitsmarktreform nach deutschem Vorbild.
Gegen diese Reform liefen Gewerkschaften und Linke wochenlang Sturm, sie konnte nur mit Notverordnungen durchgepeitscht werden, was Ex-Premier Valls viel politisches Kapital kosteten.
Viel finanzielles Kapital häufte dagegen Macron an. Bei der Pariser Investmentbank Rothschild war er zwei Jahre Partner. Im Jahr 2012 begleitete er eine der größten Übernahmen des Jahres, den Kauf der Säuglingsnahrungsparte des US-Pharmakonzerns Pfizer durch den Nahrungsmittelkonzern Nestlé für 9 Milliarden Euro.
Der Kandidat ist also Teil des Establishments, genau wie es H. Clinton in den USA war. Sollte er es in die Stichwahl schaffen, könnte er große Schwierigkeiten haben, Linke und Sozialisten zu mobilisieren.
Genau daran ist Clinton gescheitert. Also Vorsicht, Le Pen ist noch lange nicht geschlagen, der “Sturm auf die Bastille” ist noch längst nicht vorbei…
Siehe auch: “Was Macron wirklich sagte” (zur Flüchtlingspolitik)
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Susanne
7. Februar 2017 @ 10:27
Mir geht es nicht um eine Personenwahl. Ich achte auf Inhalte, wenn erkennbar, und ob jemand diese glaubhaft transportieren kann.
Reinard
7. Februar 2017 @ 10:22
Geht die Diskussion eigentlich darüber, mangels engelhafter Kandidaten die Wahl ausfallen zu lassen? Oder darüber, welcher Kandidat der am wenigsten versaute ist? Letzteres ist reale Demokratie. War aber nie anders. Wir müssen nicht immer wieder bei null beginnen.
Baer
7. Februar 2017 @ 09:51
LePen wird kommen,genau wie Trump,natürlich unerwartet und vollkommen überraschend.Der Zerfall der EU ist nicht mehr aufzuhalten,und da ist gut so.
Susanne
6. Februar 2017 @ 19:15
Im Prinzip warte ich auf Vorschläge/Modelle von Politikern, wie diese die eu wieder menscheln lassen.
Da sehe ich nichts.
Cohn-Bendit will dem Verfall der eu etwas entgegen setzten, sonst würde er sich nicht so sehr engagieren. Sieht jemand noch andere politisch Aktive, die etwas auf vorschlagen?
Eigentlich brauch ich einen Überblick über Aktivitäten von Politikern zu der weiteren Gestaltung der eu. Da ist nichts…ich finde keine Vorschläge.
Weiter so???
Susanne
6. Februar 2017 @ 18:03
Meine Frage war eigentlich, ob Sie die Politik von Herrn Cohn-Bendit als Lösung der eu-Probleme sehen. Wenn man wegen Ihrer Artikel ein wenig googelt, stößt man auf Cohn-Bendit…so auch hier:
Unter dem Motto „Wir sind Europa! Manifest zur Neugründung der EU von unten“ rufen der Soziologe Ulrich Beck und der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit zur Schaffung eines Freiwilligen Europäischen Jahres auf.
ebo
6. Februar 2017 @ 18:10
Cohn-bendit macht keine Politik mehr. Früher war er einer der letzten engagieren Europäer. In Paris spielt er keine große Rolle, ausser in den Medien…
Oudejans
6. Februar 2017 @ 20:21
Ich würde ja sagen: wer mit dem DLF telefoniert, macht Politik.
Wer in den Pariser Medien eine große Rolle spielt, macht Politik.
Susanne
6. Februar 2017 @ 17:39
Daniel Cohn-Bendit unterstützt Macron. Interview im Deutschlandfunk:
Zurheide: Was ist denn jetzt, Sie haben gerade die beiden neuen Bewegungen angesprochen, sowohl bei den Sozialisten, wobei denen werden dann insgesamt weniger Chancen eingeräumt, der andere ist Emmanuel Macron, Sie haben ihn angesprochen, Sie persönlich unterstützen ihn ja auch. Was erwarten Sie von ihm?
Cohn-Bendit: Ja, also ich unterstütze … das ist jetzt nicht so ganz einfach, aber ist ja egal. Ich finde das sehr spannend, was er macht. Ja, was ihn unterstützt, ist, dass er was völlig Neues versucht hat. Er hat nicht nur seine Kandidatur in den Ring, seinen Hut in den Ring geworfen, sondern der hat gleichzeitig eine neue Bewegung, eine neue Partei gegründet, sagen wir mal, mit Internet. Und dann hat er jetzt 180, 190.000 Menschen organisiert innerhalb von paar Monaten und noch dazu Mobilisierung schafft. Er ist ein Kandidat, der Hoffnung vermittelt, und ich glaube, dass er heute bei seiner großen Kundgebung in Lyon, wobei ja in Hunderten von Städten gleichzeitig das live übertragen wird. Also er schafft es, in einem Teil der Bevölkerung, das ist immer nur ein Teil der Bevölkerung, Begeisterung und Hoffnung zu vermitteln, und das ist in diesen Zeiten was Neues. Und er ist der Einzige, der so radikal und klar den Franzosen erklärt, ohne Europa werden wir es in Frankreich nicht schaffen. Er schafft Begeisterungsströme, mobilisiert für das europäische Projekt, das hat es schon lange nicht mehr gegeben in Frankreich.
So ganz falsch lag ich nicht, mit meiner Frage, welche nicht veröffentlicht werden konnte.
ebo
6. Februar 2017 @ 18:00
Ist das jetzt gut oder schlecht, wenn Cohn-Bendit Macron unterstützt? Verstehe den Sinn der Frage nicht ganz. Wichtiger wäre, ob Fillons Wähler ihn unterstützen, denn ohne sie wird’s eng in der Stichwahl…
Peter Nemschak
6. Februar 2017 @ 18:38
Ich fürchte, da haben Sie recht. Jene, die sich über Fillon entrüsten (entrüsten hat derzeit überall große Mode), sollten sich fragen, ob sie an seiner Stelle nicht genau so wie er gehandelt hätten. Offenbar sind die Menschen in unserer Gesellschaft so verdorben, dass sie nach Heiligen lechzen.
GS
6. Februar 2017 @ 20:06
@Nemschak
Bitte? Ich sehe ja durchaus ein, dass man als Spitzenpolitiker sich auch mal was gönnt, und das gar nicht mal immer als unbotmäßige Bereicherung gedacht ist. Dass es nicht immer einfach ist, eine Einladung zum Abendessen, einer Feier oder in den Urlaub abzulehnen. Aber Fillon hat seiner Frau (und damit sich selbst) fast eine Mio. Euro zugeschanzt für überhaupt keine Gegenleistung. Das Jahresgehalt, das sich daraus errechnet, ist übrigens für eine parlamentarische Assistentin fürstlich, selbst wenn man dafür Vollzeit arbeitet. Frag mal in den Parlamenten nach. Aber abgesehen davon, der größte Teil der Bevölkerung hat genug Anstand, sich nicht die Tasche vollzumachen ohne nicht wenigstens etwas zu leisten. Die Mehrheit der Politiker übrigens auch, denn ich wüsste nicht, dass das in Deutschland oder Frankreich gang und gäbe wäre. Mit dem Lechzen nach Heiligen hat das überhaupt nichts zu tun, sondern mit Anstand und Demut vor der Wählerschaft, die das finanziert.
GS
6. Februar 2017 @ 16:52
Man darf gespannt sein. Ich sehe aber trotzdem nicht, wie Le Pen über das Plateau von 35-40 % der Stimmen kommen will. Es sei denn, Macron hat ähnliche Leichen im Keller wie Fillon. Dann wird es kritisch.
Vielleicht haben wir ja im September das neue deutsch-französische Traumpaar Martin und Marine. Man müsste es sich fast für die Show wünschen.
Peter Nemschak
6. Februar 2017 @ 20:04
War da nicht die Geschichte mit seinem Budget, das er im August bereits zur Gänze ausgegeben haben soll, als er die Regierung verließ? Durchaus möglich, dass dieses staatliche Geld in die Gründung seiner Partei geflossen ist. Da hat es Le Pen leichter. Ihre Anhänger haben volles Verständnis, dass sie der verhassten EU das geschuldete Geld nicht zurückzahlt. In der Hitze des Gefechts wird gerne übersehen, dass das Volk moralisch um keinen Deut besser ist als seine Repräsentanten, die es vertreten. Erstaunlich wie aktuell Gustave Le Bon mit seiner “Psychologie der Massen” (1895) nach wie vor ist.
S.B.
6. Februar 2017 @ 14:16
Macron wählen nur Leute, die wollen, dass der ganze Schlamassel so weiter geht wie bisher oder solche, die unter Amnesie leiden. Beides liefe auf dasselbe hinaus.
ebo
6. Februar 2017 @ 14:21
Plus die Jungen plus alle jene, denen die alten Parteien (incl. der Uralt-Front National, ein Erbe des Algeriens-Kriegs) nichts mehr sagen – und das sind offenbar ziemlich viele
S.B.
6. Februar 2017 @ 14:53
@ebo: Das mag sein, aber hier ging es ja um Macron. 😉
ebo
6. Februar 2017 @ 14:56
Ja, in meiner Antwort auch!
Susanne
6. Februar 2017 @ 13:20
Ein Blick in wikipedia zu Macron zeigt ein Bild von diesem, welches den Franzosen doch wirklich nicht vielversprechend vorkommen kann.