EZB-Krisenprogramm: Ausstieg zur Unzeit
In Deutschland schwächt sich das Wachstum spürbar ab, Italien droht ein Rückfall in die Rezession, Frankreich rutscht in die Krise. Doch die Europäische Zentralbank scheint das nicht zu kümmern: Sie stellt ihr wichtigstes Kriseninstrument ein.
Die umstrittenen Anleihenkäufe werden zum Jahresende beendet, teilte die EZB mit. Seit März 2015 sind sie die wichtigste Waffe im Kampf gegen eine schwache Konjunktur und eine aus EZB-Sicht zu geringe Inflation.
Das war zwar vielen Deutschen ein Dorn im Auge. Doch der Europäische Gerichtshof hat gerade erst erklärt, dass die Anleihenkäufe mit EU-Recht vereinbar sind. Warum also jetzt der Ausstieg? Das fragen sich auch Analysten.
“If the ECB was to do an objective assessment of what’s changed in the economy since June, they would extend asset purchases. There is clearly a deterioration in the performance of the economy,” said Ken Wattret, economist at IHS Markit, a data group.
Genau, die Anzeichen für eine Verschlechterung der Konjunktur häufen sich. Das deutsche BIP dürfte im zu Ende gehenden Jahr um 1,5 Prozent und 2019 sogar nur noch um 1,1 Prozent zulegen, warnt das Ifo-Institut.
Sogar eine neue globale Finanzkrise ist nicht mehr ausgeschlossen. Auch Deutschland ist von den neuen Markt- Turbulenzen betroffen – die Deutsche Bank ist in einer ernsten Lage.
Der Ausstieg aus dem Anleihenprogramm kommt daher zur Unzeit. Er zeigt, dass sich die EZB nicht nur von der Realökonomie, sondern auch von der politischen und sozialen Großwetterlage abgekoppelt hat.
Denn da stehen die Zeichen nicht nur auf Krise, sondern auf Sturm…
Herbert Hensler
15. Dezember 2018 @ 14:47
Ich bin mal gespannt wann unsere Elite zu der Einsicht kommt, dass nicht Italien sondern Deutschland mit sienem Exportüberschuss durch Niedrigzins und Lohndumping
die Hauptschuld an der derzeitigen Situuation trägt. Die geforderten Reformen sind weit-
gehend nur auf Sozialabbau, Lohndruck und Steeuersenkung für die Reichen ausgerichtet.
Sie führen nur noch zu mehr Kaufkraftverlust und volkswirtschftlichem Rückgang. Europa fährt wie Deutschland und auf dessen Druck auf Verschsleiß. Ohne Wachstum erfolgt kein Schuldenabbau. Neoliberal = Asozial und stupid.
Peter Nemschak
13. Dezember 2018 @ 14:39
Umgekehrt hat sich die Inflationsrate mittlerweile der Zielgröße von 2 % angenähert. Die Zinsen bleiben nach wie vor an oder knapp unter der 0-Linie. Der bisherige Anleihekauf wird darauf beschränkt, fällig werdende Anleihen zu ersetzen. Höchste Zeit zu signalisieren, dass die Länder der Eurozone sich auf Dauer nicht darauf verlassen können, dass die EZB de facto zum automatischen lender of last resort ihrer Staatsverschuldung wird. Jedes geldpolitische Instrument, das als “Dauerdroge” eingesetzt wird, verliert seine Wirksamkeit.”Wenn ein Maß zum Ziel wird, ist es kein gutes Maß mehr”. (Goodhart’s Gesetz).
ebo
13. Dezember 2018 @ 15:10
Wenn die Inflation Sorgen bereitet, müsste die EZB den Leitzins erhöhen. Das hat sie aber nicht getan – im Gegenteil: er soll noch lange bei Null bleiben.
Peter Nemschak
13. Dezember 2018 @ 21:13
Die derzeitige Inflationsentwicklung bereitet der EZB offenbar keine Sorge. Was soll die Fortführung des Anleihekaufprogramms bringen ? Reformdruck ist notwendig. Sonst wird sich in Ländern wie Italien nichts ändern.