Euro-Spaltung als Verwaltungsakt
Sie haben es tatsächlich getan. Auf die Ankündigung eines demokratischen Referendums haben die Finanzminister mit einem Verwaltungsakt geantwortet – am 30. Juni endet die Hilfe für Griechenland!
Dabei sah ihr letztes Memorandum (“Angebot” ist nun wirklich nicht das passende Wort) doch eine Verlängerung um fünf Monate bis Ende November vor. Da waren fünf Tage nicht mehr drin?
Und nun beteuern alle, sie wollten Griechenland im Euro halten – dabei haben sie Finanzminister Varoufakis schon Samstag vor die Tür gesetzt. Die Eurogruppe hat jetzt nur noch 18 Mitglieder.
Normalerweise dürften so weit reichende Entscheidungen nur die EU-Chefs treffen. Schließlich kommt nun eine Kettenreaktion in Gang, die am Ende zur Euro-Spaltung führen könnte.
Doch Kanzlerin Merkel wollte schon am Donnerstag nichts mehr damit zu tun haben. Auch von einem “Plan B” wollte sie nichts wissen – dabei wird der gerade von Schäuble & Co. ausgeheckt.
Nun bin ich mal gespannt, ob Merkel es auch ihrem Neinsager Wolfgang überlässt, wenn am Montag die Märkte verrückt spielen und Europa seinen Lehman-Moment erlebt…
Mehr zur Krise um Griechenland hier, mehr zur Eurokrise hier
Johannes
28. Juni 2015 @ 17:30
Was ist eigentlich mit den Demokratien der 18 Euroländer, die sind alle total egal weil Griechenland das höchste der Gefühle ist? 18 weitere Demokratie spielen eine Rolle, wenn man Eric und einige andere hier hört, scheint nur Griechenland zu zählen, Griechenland und nicht anderes.
Ich kann doch nicht eine Demokratie über 18 andere Demokratien stellen. Da muss doch jeder am Ende sagen, mmm ja, Mist, vielleicht sind 18 Demokratien doch wichtiger als eine einzige (Griechenland).
Was ist mit der Schuld von SPD und Grünen? Sie wussten damals ALLES besser, als die Ökonomen und Experten. Sie wurden gewarnt, das all das nicht klappen kann, ihr habt warnende Worte nieder gemacht mit Wörtern wie “Anti-Europäer, Nationalist, Populist”, die schlimmsten Diffamierungen die man in Deutschland aussprechen kann.
Wann reden wir über die Schuld von SPD/Grünen, die teilweise mit blankem Hass beim Thema Euro Bürger nieder gemacht und in die Naziecke gestellt haben.
– Nur weil ein Ausländer kriminell ist, sind nicht alle Ausländer kriminell.
– Nur weil ein Eurokritiker die ganze EU abschaffen will, ist nicht jeder Kritiker ein Nationalist/Anti-Europäer
Probleme in Griechenland? Wir haben Probleme in Deutschland, und zwar mit dem Niveau der politischen Diskussionen. Ich nenen doch auch nicht Anhänger der Grünen potenzielle Kinderschänder oder SPD Anhänger als mögliche Kinderpornofans. Oder wollen SPD und Grüne solche Verhältnisse, dann steht man aber der CSU in absout nichts mehr nach!
Nemschak
28. Juni 2015 @ 15:22
@stativus Ihre Meinung in Ehren, aber es gibt zumindest eine starke Minderheit in Griechenland, welche bereit wäre, mit gewissen Modifikationen zur Entlastung der unteren Schichten, weitere Härten in Kauf zu nehmen, um die nötigen Reformen zur Modernisierung des Landes voranzutreiben. Andernfalls wird Griechenland auch in Zukunft ein wirtschaftlich schwacher Nachzügler bleiben. Die Syriza-Regierung hätte auf ein Referendum verzichten und die volle Verantwortung für den Austritt aus der Eurozone übernehmen können, was sie aber nicht tat.
Cource
28. Juni 2015 @ 10:19
Und wer jetzt immer noch glaubt, dass wir in einer Demokratie leben und freie Bürger sind die frei über ihr Leben entscheiden können der hat es nicht anders verdient, sein bissel leben weiterhin als Sklave zu fristen
Andres Müller
27. Juni 2015 @ 22:42
Man wird nach dem Ende der “Hilfsgelder” leider vermutlich dafür sorgen dass es den Griechen ohne dieses Kapital nicht mehr gelingen kann sich aufzufangen. Solche möglichen (Rache)-Aktionen könnten sich jedoch verstärkt destabilisierend auf ganz Europa auswirken.
Ich rate davon ab, die Griechen sollte man stattdessen so gut wie es geht eben ohne diese spezifizierten Hilfsgelder anderweitig unterstützen. Es gibt noch weitere Möglichkeiten zu helfen, etwa über strukturelle Entwicklungsprogramme.
Was gestern kläglich versagt hat muss nicht dazu dienen auch den möglichen Fortschritt für Morgen durch andere Lösungen zu verhindern.
luciérnaga rebelde
27. Juni 2015 @ 21:53
Die völlig überspielte Reaktion der EU inkl. Troika und Eurogruppe beweist einmal mehr, und auf welche Art, dass Demokratie für diese -nicht gewählten- Bürokraten ein leeres Wort ist.
Die lassen den Teufel aus dem Sack bevor überhaupt etwas geschehen ist: Tsipras wird, nach Beratung mit den Regierungsmitgkiedern, am Montag den Vorschlag zu einem Referendum dem gr. Parlament vorlegen. Wenn die Reaktion positiv ist, wird am nächsten Sonntag das Volk befragt. Das ist demokratisch handeln. Das Gezeter in Brüssel hingegen geht los bevor nur etwas geschehen ist: völlig verrückt. Und das regiert uns! Erschreckend…
Nemschak
28. Juni 2015 @ 07:23
Machen Sie sich doch nichts vor. In Wahrheit hat die linkssozialistische Buberlpartie die Nerven weggelegt und glaubt selber nicht mehr an die Richtigkeit ihrer Entscheidung. Daher wird die Verantwortung an das Volk delegiert. Als Grieche würde ich mich von Syriza und ihren faschistischen Partnern verarscht fühlen. Im übrigen, was heißt Verwaltungsakt? Haben Sie sich eine formelle Euroaustrittsfeier mit Zapfenstreich und Tränen des Abschieds erwartet?
stativus
28. Juni 2015 @ 12:22
Lassen sie mich raten, sie haben keine Ahnung, aber davon eine ganze Menge. Wenn man schon über Griechenland urteilt, sollte man das Land auch kennen und über die derzeitige Stimmungslage im Bilde sein. Als Grieche tut man derzeit genau das, was man tun muß und was echte Europäer auch im Rest Europas beherzigen sollten: eine demokratisch legitimierte Regierung unterstützen, die den totalen Ruin, den totalen Abverkauf und die totale Demütigung der Heimat zu verhindern versucht. Offensichtlich scheint dies im hirngewaschenen Resteuropa nichts mehr zu bedeuten, hauptsache solch neoliberales Phrasengedresche wie Produktivitätssteigerung, Effizienzstrategien und human ressources-blabla finden ihre Erfüllung, wohlwissend, dass dieses Modell global gesehen in sozialer und ökologischer Hinsicht in die Sackgasse führt.
Stellen sie die Griechen hier bitte nicht als blöde dar; dort ist man genaustens informiert, was dieses neue Europa der Banken und Erbsenzähler wert ist – nämlich nichts. Wer aus der Mülltonne frißt, hat nichts mehr zu verlieren und muß sich wehren, oder er wird zertreten. Syriza hat jüngsten Umfragen zufolge weit über die Hälfte des Volkes hinter sich und ist ebensowenig kommunistisch (das ist die griechische Partei KKE) wie ihr Koalitätspartner Anel faschistisch ist. Wir reden hier von einem Bündnis von linken und sozial ausgerichteten Gruppierungen, teilweise sogar mit Aussteigern aus den korrupten Altparteien ND oder Pasok, die das Land sprichwörtlich in die Scheisse gefahren haben, und von Brüssel und Berlin immer noch als Wachstumsgaranten und Erfolgsgranaten gefeiert werden. Natürlich, denn diese erfüllen brav ihre Pflicht im Sinne der Geldgeber: Schuldenstandsquoten erhöhen, Mittelstand und Kleinbetriebe komplett eliminieren, den heimischen Markt im Sinne der Großkonzerne austrocknen und den Abverkauf von Land, Rohstoffen etc.pp. zum Spottpreis vorbereiten. Dieses Muster ist allseits bekannt und kann überall auf der Welt beobachtet werden. Zurück zu den Unabhängigen Griechen der Anel: diese sind vergleichbar mit einer deutschen AfD oder einem wertkonservativen Lager der Christdemokraten, die wirklichen Faschisten tummeln sich in der Goldenen Morgenröte (Chrysi Avgi).
Nein, was wir derzeit erleben ist: die Euro- und EU-Konstrukteure verlieren die Nerven, weil sie über ihre eigene Schlauheit und Arroganz gestolpert sind. Harmonisierungs- und Einigungsverträge voller Lücken, der Kotau vor der Finanzwirtschaft, hilflose Polit-Statisten, Intransparenz und Hinterzimmerpolitik – so ein ”Europa” wollte keiner – weder in Athen, noch in Madrid, in Lissabon, in Rom, in Paris usw. Das, was Tsipras und Co. angeboten wurde, dieses ”großzügige Angebot” mit teils massiven Steuererhöhungen hätte schon ab 01.07.15 de facto den kompletten Tourismus in Griechenland eliminiert und vor allem die ohnehin schon schwer und kostenintensiv zu versorgenden Inseln regelrecht zerstört. Offensichtlich hätte man eiskalt sogar einen Bürgerkrieg in Kauf genommen und Griechenland sich selber zerlegen lassen. DAS ist das neue Europa 2015. Schlipstragende Heuchler, Opportunisten und Rechenschieber – natürlich alternativlos (wie eine Demokratie eben ist, gell?).
Ich bin mal wirklich gespannt, wie die gehypte Führerin von Europa, Madame Kanzlerin Angela Merkel I. und ihr Buchhalter Schäuble aus dem Schlamassel, den sie sich seit 2010 eingebrockt haben, wieder herauskommen. Man wird nicht ewig verbergen können, wer das griech. Fass ohne Boden in Wahrheit zu verantworten hat. Der deutsche Steuerzahler wird Aufklärung verlangen, wenn er sich mal abseits von Bild und Spiegel informiert und bald selbst aus der Tonne frißt.
Nemschak
27. Juni 2015 @ 21:51
Nachdem die EU keine Transferunion ist und aus gutem Grund auch nicht sein will, musste es über kurz oder lang zu diesem Problem kommen. Warum sollen Bürger von EU-Staaten für die Politik eines anderen EU-Landes zahlen, wenn sie keinen Einfluss darauf haben und auch nicht haben wollen? Auch besteht unter den Mitgliedern der Eurozone keine Einigkeit darüber, ob der Euro eine Hart- oder Weichwährung sein soll. Österreich hat durch die seinerzeitige de facto-Bindung an die harte DM profitiert, weil seine Industrie gezwungen war, ein hohes Maß an Produktivität anzustreben, um im internationalen Handel wettbewerbsfähig zu bleiben. Aus dieser Zeit rührt auch die produktivitätsorientierte Lohnpolitik, die vor allem den Ländern im Süden fehlt. Andere Länder haben soziale Konflikte, ausgedrückt in einer hohen Inflationsrate, über die Abwertung ihrer Währung gelöst. Der Euro hat diese Unterschiede nicht beseitigt. Dass Griechenland voraussichtlich aus dem Euro ausscheiden wird, sollte die verbleibende Währungsunion eher stärken und glaubwürdiger machen als schwächen. Wenn sich die Gesellschaft Griechenlands nicht modernisiert, sprich in ihren Verhaltensweisen den höher entwickelten Ländern des Nordens anpasst, wird Griechenland mit oder ohne Euro ein Land mit geringem und überdies sehr ungleich verteilten materiellen Wohlstand bleiben.
DerDicke
27. Juni 2015 @ 21:09
Es geht nur noch um die Schuldfrage.
Dass der Euro gescheitert ist scheint mittlerweile auch nach oben durchgedrungen zu sein. Es will aber keiner die Verantwortung übernehmen. Daher lieber noch ein bißchen rumeiern.
ebo
27. Juni 2015 @ 21:25
Naja, der Wolfgang und ein paar andere denken wohl, ohne die Griechen wäre der Euro eine viel schönere Währung – mit 150prozentiger Regelerfüllung und Leistungsbilanzüberschuss für alle 🙂
DerDicke
27. Juni 2015 @ 21:32
Ok, man soll auch nicht immer Vorsatz vermuten wenn Dummheit als Erklärung reicht. Gilt auch für viele “Verschwörungstheorien”.