Diese Alternativen hat Leyen nicht genutzt
Nun ist er raus, der billionenschwere Finanzplan der EU-Kommission. So und nicht anders soll die “Recovery” finanziert werden, heißt es in Brüssel. Dabei gab es gute Alternativen – doch von der Leyen hat sie nicht genutzt.
Da wären zunächst die Eurobonds oder Coronabonds – also Gemeinschaftsanleihen, für die alle haften. Sie hätten ein neues “Safe Asset”, also eine sichere Anlage in der Eurozone geschaffen, was den Euro insgesamt gestärkt hätte. Neun EU-Staaten einschließlich Frankreich haben sich dafür eingesetzt, doch Deutschland und die “Frugal four” waren dagegen.
Im Gespräch waren auch “ewige Anleihen” oder “Consoles”. Das sind Schuldscheine, die zwar verzinst, aber nicht zurückgezahlt werden. Früher hat man mit sowas Kriege finanziert, heute hätte man die “Recovery” bezahlen können. Spanien hat dies sogar vorgeschlagen, auch G. Soros wirbt für “Consoles”. Die Gegner fürchten, damit könne die EU zum Staat mutieren.
Eine einfachere Lösung wäre die Erhöhung des EU-Budgets von derzeit rund 1 auf bis zu 2 Prozent. Laut EU-Vertrag ist dies möglich, das Europaparlament fordert eine Aufstockung, doch wieder waren Deutschland und die “Frugal four” dagegen. Die Sache hat auch einen Haken, denn ein höheres Budget bedeutet höhere EU-Beiträge – in der Coronakrise können das viele EU-Staaten kaum stemmen.
Man hätte auch den “Mittelfristigen Finanzrahmen” sprengen können – und eine Art Notbudget für die Zeit der Krise aufstellen. Denn jetzt schon für sieben Jahre zu planen, wie es der “MFR” vorsieht, ist gewagt und im Grunde anachronistisch: kein EU-Land hat einen Sieben-Jahres-Plan. Doch ein Abschied vom “MFR” wäre eine kleine Revolution, die niemand wagen wollte.
Last but not least bleibt noch die Monetarisierung – also die Finanzierung der Schulden durch die Notenpresse. Die EZB macht das bereits, indem sie Staatsanleihen aufkauft – allerdings nur verschämt und sozusagen durch die Hintertür. Die Bank of England ist da schon weiter – sie bekennt sich offen zur Monetarisierung. Doch in Euroland ist das (noch) undenkbar – der EU-Vertrag ist davor.
Siehe auch “Recovery-Plan: Zwischen Kurz und Hamilton”
P.S. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele andere Möglichkeiten, etwa einen Schuldentilgungsfonds oder einen Schuldenschnitt – doch das war nicht einmal im Gespräch. Auch der Recovery Fund für die Eurozone war schnell weg vom Fenster – dabei hätte er der Nukleus für ein Euro-Finanzministerium werden können…
Peter Nemschak
27. Mai 2020 @ 16:29
Interessanter als die Finanzierung ist wofür die Staaten das Geld im Einzelnen ausgeben werden und wie der Entscheidungsprozess laufen wird. Ein zwischen den Ländern akkordierter konkreter Recovery-Plan liegt bis dato nicht vor. Wahrscheinlich müssen die Maßnahmen regional unterschiedlich gestaltet werden, um optimal wirksam zu sein. Wie lange wird es dauern bis der Aufschwung selbsttragend wird ?