Der Rechtsstaat muss warten – bis nach der Wahl in Ungarn?

Der umstrittene neue Rechtsstaats-Mechanismus der EU ist rechtskräftig und kann sofort angewandt werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH), das höchste EU-Gericht, in Luxemburg entschieden. Dem EuGH-Urteil zufolge kann die EU-Kommission für Mitgliedstaaten bestimmte Finanzmittel einbehalten, wenn Verstöße gegen demokratische Rechte und Freiheiten vorliegen und dadurch Schaden für das EU-Budget droht.

Die Klagen aus Ungarn und Polen wurden zurückgewiesen. Dennoch müssen beide Länder, denen systematische Eingriffe in die Pressefreiheit und die Justiz vorgeworfen werden, noch nicht mit Finanzsanktionen rechnen. Denn die EU-Kommission lässt sich Zeit.

Bevor man gegen Rechtsstaats-Verstöße vorgehe, könnten noch „Wochen“ vergehen, sagte eine Sprecherin von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Auf einen Zeitpunkt wollte sie sich nicht festlegen.

Zunächst will die Brüsseler Behörde das Urteil eingehend prüfen. Danach sollen bereits vorhandene „Leitlinien“ für die Kürzung von EU-Geldern überarbeitet werden. Erst danach könne man an die Umsetzung des Urteils gehen.

Vor den Wahlen in Ungarn im April sei nicht mit einer Entscheidung zu rechnen, sagte die Europaabgeordnete Katarina Barley (SPD). Das von der Kommission vorgesehene Verfahren werde mindestens fünf Monate dauern, vielleicht sogar neun.

Die „Hinhaltetaktik“ der EU-Behörde sei nicht hinnehmbar, so die frühere Bundesjustizministerin. Sie verstoße gegen geltendes Recht. Nach Auffassung des Parlaments hätte von der Leyen sofort nach Inkrafttreten des Rechtsstaats-Mechanismus Anfang 2021 aktiv werden müssen.

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