Der Dauer-Lockdown würgt den Aufschwung ab
Die Coronakrise schlägt immer stärker auf die Wirtschaft durch. Nun wird der Aufschwung abgesagt, der zum Jahresende versprochen worden war. Muß der schuldenfinanzierte Aufbaufonds aufgestockt werden?
Nach einem Einbruch der Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um 5,0 Prozent rechnet die Bundesregierung in diesem Jahr nur noch mit einem Wachstum von 3,0 Prozent, , heißt es im Jahreswirtschaftbericht.
Die Wirtschaftsleistung vor der Krise dürfte erst zur Mitte des Jahres 2022 wieder erreicht werden. Bisher war schon zum Jahresende 2021 eine Rückkehr auf das Vorkrisenniveau erwartet worden.
Nicht viel besser sieht es in Frankreich, Spanien und Italien aus. Laut IWF wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der vier größten Euroländer (incl. Deutschland) in diesem Jahr wohl nur um 4,5 Prozent zunehmen – statt um 5,7 Prozent, wie bisher angenommen.
Die wichtigsten Gründe für die unerwartet langsame Erholung liegen auf der Hand, schreibt die “SZ”: Härtere und längere Lockdowns, als sie nötig gewesen wären, sowie Pannen beim Start der Impfprogramme, weil offensichtlich zu wenig Vakzin bestellt wurde.
Damit brechen aber auch die optimistischen Berechnungen in sich zusammen, die Deutschland und die EU zur Grundlage ihres gefeierten Wiederaufbaufonds gemacht haben. Statt der vorgesehenen 750 Mrd. Euro dürften viel größere Beträge nötig sein.
Der Ökonom A. Tooze fordert bereits, nachzubessern und neue EU-Schulden aufzunehmen.
For all the commendable determination to avoid the mistakes of 2010, the ECB, Europe’s governments and the commission have not done enough to avoid a very serious setback to the European economy—in absolute and, more tellingly, in relative terms.
A. Tooze in “Social Europe”
Für einen stärkeren Stimulus spricht auch, dass US-Präsident Biden wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen will. Doch bei ihrer letzten Sitzung lehnten die Finanzminister der Eurogruppe eine Aufstockung ab. Man könne ja national gegensteuern, hieß es.
So oder so läuft es auf die Aufnahme neuer Schulden hinaus. In Deutschland wackelt schon die Schuldenbremse…
Siehe auch “USA hängen EU bei Coronahilfen ab” und “Nun wackelt auch die Schuldenbremse”
european
30. Januar 2021 @ 11:50
Wenn man die “Schuldenfinanzierung” immer so betont, wüsste ich gern mal, wie denn die Alternative aussehen sollte.
“Schuldenfinanzierung” hat sich nicht nur zum politischen Schlagwort der Konservativen entwickelt und wird auch deren Wahlk(r)ampf bestimmen, sondern impliziert die ständige Drohung, dass “wir” uns nichts mehr leisten können, dass dann Renten- und Sozialkürzungen drohen werden und noch mehr Unsinn. Auf den deutlichen Unterschied zwischen Staats- und Privatschulden bzw. Makro- und Mikroökonomie kommt keiner von selbst. So wird befeuert, dass wir wieder in Austerität und unsinnige Investitionszurückhaltung stolpern, weil der Otto-Normal-Bürger schon bei dem Wort “Schulden” Panik schiebt und natürlich den Gürtel enger schnallen will, was gerade jetzt fatal ist.
Nur mal so.
Gerade auch weil hier auf Adam Tooze verwiesen wird, der explizit darauf hinweist, dass wir keine Angst vor Inflation, sondern vor Deflation haben sollten. Besonders im Hinblick auf die deutsche Geschichte und den Aufstieg der Nazis.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deflationspolitik
“Das Ziel Brünings war, durch sinkende Preise und Löhne (Innere Abwertung) die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.”
“In Bezug auf die ökonomischen und sozialen Konsequenzen wird die Deflationspolitik als fataler Fehler angesehen, der nicht zuletzt die Machtergreifung Adolf Hitlers begünstigte.”
ebo
30. Januar 2021 @ 12:05
Nun ja, bisher hat die EU noch nie in so großem Umfang Schulden aufgenommen. Und dummerweise will sie die Schulden auch noch recht zügig zurückzahlen und die alten Schuldenregeln wieder einsetzen (vielleicht). Das könnte durchaus zu Sozialkürzungen führen, in ca. 3-5 Jahren…
european
30. Januar 2021 @ 12:25
Da haben Sie natürlich Recht. Für die EU ist das ein Novum. Ich hoffe auch sehr, dass es in der Zukunft eine europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt, die die Gleichgewichte in Europa wieder herstellt.
Ich beobachte nur, dass aktuell gerade die konservativ-liberalen Parteien auf dieser Geschichte herumreiten und ihre Wähler damit mobilisieren. Schuldenbremse, Schwarze Null und andere Fetische entwickeln sich zu Dogmen, die sich einer überalternden Gesellschaft leicht aufdrücken lassen.
ebo
30. Januar 2021 @ 13:49
Das sind Rückzugsgefechte. Merkel und Braun bereiten bereits das Ende der Schuldenbremse und den Beginn von Schwarz-Grün vor…