Corona und LGBT: Die Freiheit, die sie meinen
Am Wochenende gab es in EUropa ungewöhnlich viele große Demonstrationen – ‘mal für die Rechte von Schwulen, Lesben und anderen LGBT, ‘mal gegen neue Corona-Maßnahmen. Allen geht es um die Freiheit – doch ansonsten haben die Demonstranten nicht viel gemein.
In Budapest und Berlin brachte die LGBT-Bewegung viele tausend Menschen auf die Straße. Es sei die höchste Teilnehmerzahl seit dem ersten Marsch vor 26 Jahren gewesen, hieß es in der ungarischen Hauptstadt, wo sich die Teilnehmer gegen ein homophobes Gesetz von Premier Orban wenden, das auch von der EU angeprangert wird.
Gleichzeitig protestierten in Frankreich, Italien und Griechenland Zehntausende gegen neue Corona-Maßnahmen, mit denen die Rechte von Nicht-Geimpften beschnitten werden. In Frankreich war es der größte Protest seit der Gelbwesten-Bewegung; er richtet sich auch gegen Präsident Macron und seinen selbstherrlichen Regierungsstil.
Allen Teilnehmern ging es um Recht und Freiheit. Doch ansonsten haben die Demonstranten nicht viel gemein. Die LGBT-Bewegung kämpft um die Rechte einer Gruppe, sie macht Identitätspolitik. Sie streitet gegen reaktionäre Politiker und kann sich sogar auf die EU-Kommission berufen, die ein Verfahren gegen Ungarn eingeleitet hat.
Die Gegner der neuen Corona-Maßnahmen hingegen kommen aus allen Bevölkerungsgruppen; sie verstehen sich als bürgerlich-liberale Freiheitsbewegung. Sie streiten gegen “die Regierung” oder “das System” – und werden deshalb oft als Querdenker oder Verschwörungstheoretiker denunziert. Hilfe aus Brüssel bekommen sie nicht.
Warum lässt man Macron gewähren?
Hier sehe ich ein Problem. Wieso ergreift die EU-Kommission Partei für eine sexuelle Minderheit, nicht aber für die Verteidiger von Grundrechten in der Pandemie? Warum legt man sich mit Orban an, nicht jedoch mit Macron und anderen Staats- und Regierungschefs, die den EU-Impfpass restriktiv oder gar repressiv einsetzen?
Ist das die Freiheit, die sie meinen? Wäre es nicht besser, sich in einer Pandemie um die Rechte aller zu kümmern – und nicht vor allem um Minderheiten? Will Brüssel gegen die Ausgrenzung von LGBT kämpfen – und gleichzeitig tatenlos zusehen, wie ein Keil zwischen Geimpfte und Nichtgeimpfte getrieben wird?
Mir wäre wesentlich wohler, wenn sich die EU für die Rechte aller Bürger einsetzen würde. Der freiheitliche Rechtsstaat ist nicht nur in Ungarn oder Polen in Gefahr, sondern auch in Frankreich, Italien oder Spanien. Wenn man die jüngsten Aussagen aus dem Kanzleramt so hört, könnte Deutschland bald folgen…
Siehe auch Erst Frankreich, nun Italien: EU-Impfpass wird zum Passierschein und “Trotz LGBT, Korruption und illegalen Lockdowns: Von der Leyen sieht Fortschritt beim Rechtsstaat”
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