Wahlumfragen: Schlägt jetzt die Stunde von Olaf Scholz?
Nach einer neuen Wahlumfrage kann sich SPD-Kandidat Olaf Scholz in der Kanzlerfrage von der Konkurrenz absetzen. Auch die SPD holt (leicht) auf. Hat Scholz doch noch Chancen aufs Kanzleramt?
Im Falle einer Direktwahl des Kanzlers würden 21 Prozent für Scholz, 15 Prozent für Armin Laschet und 14 Prozent für Annalena Baerbock stimmen, meldet das “Handelsblatt” unter Verweis auf eine Umfrage der “Bild am Sonntag”. In der Vorwoche hatte Scholz noch bei 18 Prozent gelegen, Laschet hingegen bei 20 Prozent.
Offenbar profitiert Scholz von seinem überzeugenden Krisenmanagement nach der Hochwasser-Katastrophe. Der Vizekanzler war schneller als Kanzlerin Merkel vor Ort und versprach finanzielle Hilfe. Laschet hat seinen Auftritt verpatzt, Baerbock wirkte (mangels Amt und Exektiv-Erfahrung) fehl am Platze.
Auch die SPD erholt sich leicht. In der INSA-Umfrage liegt sie mit 17 Prozent nur noch einen Prozentpunkt hinter den Grünen, die zuletzt abgesackt waren. Damit rückt das Ziel von Scholz näher, die Grünen zu überholen und sich so vielleicht doch noch eine Machtoption im Kanzleramt zu sichern.
Allerdings reicht es nach derzeitigem Stand immer noch nicht für R2G; vor allem die Linke schwächelt. In greifbare Nähe rückt hingegen die Option einer rot-grün-gelben Ampelkoalition. Laut “NZZ” käme sie derzeit auf 352 Abgeordnete und damit auf genau 50 Prozent der Sitze im Bundestag.
Wenn Scholz und seine Genossen noch ein wenig zulegen, könnten sie die Grünen überholen und damit einen Führungsanspruch für die “Ampel” erheben. Theoretisch könnte Scholz sogar Kanzler werden – ohne CDU/CSU. Allerdings müsste er dafür sicherlich viele liberale Kröten schlucken.
Zudem dürfte Baerbock alles versuchen, um den Wettlauf mit Scholz doch noch zu gewinnen. Sie hat dabei allerdings ein massives Glaubwürdigkeits-Problem: Wie kann sie überzeugend gegen Scholz Wahlkampf machen, wenn sie (wie bisher) für eine Koalition mit Laschet eintritt?
Bei fast allen grünen Themen wären CDU/CSU ein schlechterer – und schwierigerer – Partner als die SPD. Schlimmer noch: Wer Laschet verhindern will, kann derzeit unmöglich Grün wählen. Auch das erklärt, warum nun die Stunde von Olaf Scholz schlagen könnte…
Siehe auch Mit diesem Satz weckt Scholz große Hoffnung in Brüssel. Mehr zur Bundestagswahl hier
european
28. Juli 2021 @ 06:45
Mir wäre auch lieber gewesen, die SPD hätte jemanden zum Kanzlerkandidaten gekürt, der nicht so sehr mit der Agenda behaftet gewesen wäre. Katharina Barley zum Beispiel, oder Malu Dreyer.
Auf der anderen Seite aber hat die SPD gerade in der aktuellen Legislaturperiode wirklich gute Arbeit geleistet – auch Olaf Scholz. Er kann auf jeden Fall Europa – und darauf kommt es mir persönlich am meisten an. Von der CDU war hingegen nicht viel zu sehen und das FDP-Programm ist mehr als fragwürdig. Weder schlüssig noch finanzierbar setzt es auf Mechanismen, die nachweislich falsch sind. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Steuersenkungen und steigender Investitionsbereitschaft. Auch der Schuldenrückzahlungsturbo ist völliger Quatsch im Hinblick darauf, dass Deutschland ein milliardenschweres Nettosparerland ist und existenziell darauf angewiesen ist, dass jemand investiert. Bisher erledigt das für uns das Ausland. Das ist aber keine nachhaltige Lösung und, wie Lindner immer so gern predigt „Wir wollen doch Vorbild für andere Länder sein – meistens meint er damit Italien“. Es gibt ca. 200 Staaten auf dieser Welt. Wir können uns nicht jeder ein Ausland suchen, das unsere Probleme mit dem Geldsystem löst.
Gelb ist also unwählbar, die Schwarzen auch, die Blaubraunen ebenso. Da bleibt nicht mehr viel. Die vermeidbaren Skandale um Annalena Baerbock haben mich weniger interessiert. Ich hatte Habeck sowieso für den besser qualifizierten Kandidaten gehalten. Aber nach ihrer Aussage „Klare Kante gegenüber Russland“ waren die Grünen für mich ebenso raus. Wir brauchen eine neue Russlandpolitik. „Klare Kante“ und Sanktionen haben zu gar nichts geführt, sondern nur die russisch-chinesischen Beziehungen gestärkt. Erfolg sieht anders aus.
Ein politisch ausgelaugtes Land ist auf der Suche. Wir haben sehr großen Schaden in Europa angerichtet und können das nur europäisch wieder korrigieren. Ich hätte mir gewünscht, dass die politisch linken Parteien auch im Wahlkampf den Schulterschluss gesucht hätten. Leider ist das nicht passiert – und so sieht es nach schwarz-grün aus, also weiter so. Dasselbe in Grün – kann man gut in BW beobachten.
Armin Christ
27. Juli 2021 @ 16:38
Wem die Stunde schlägt.
Das war mal was mit Hemmingway und spanischem Krieg. Ging nicht gut aus für die Hauptfigur.
Das Elend deutscher Politik ist es, das bei diesem Polit-angebot sogar ein Olaf Scholz noch als was Leuchtendes erscheint.
Armin Christ
26. Juli 2021 @ 17:11
Scholz ? Glaubwürdiges Krisenmanagement ? Was raucht ihr denn ?
Ampelkoalition ? Sozialpolitik adee ! FDP – Wirtschaftspolitik und “Grüner”- Atlantizismus, aber mit ****; so einen Mist brauche ich nicht. Der Einzige der Olaf Scholz für einen Sozialdemokraten hält ist wohl ebendieser Olav Scholz.
ebo
26. Juli 2021 @ 18:15
Sorry, aber Scholz ist der sozialdemokratische Kassenwart, der Deutschland mit seinen Finanzspritzen besser als andere durch die Coronakrise gebracht hat. Ohne ihn gäbe es vermutlich auch keinen EU-Aufbaufonds – Scholz und De Maire haben ihn gemeinsam vorbereitet. Man stelle sich nur einmal vor, Schäuble wäre immer noch im BMF…
Armin Christ
27. Juli 2021 @ 10:19
Den Finanzskandalverstrickten Olaf Scholz, mitsamt seinen GoldmanSax Staatssekretären, kann ich so positiv nicht sehen.
ebo
27. Juli 2021 @ 12:39
Das kann ich gut nachvollziehen. Hier ging es aber um die Wahlumfragen – und da schneidet Scholz relativ gut ab, auch dank Regierungserfahrung und Krisenmanagement. Ich gebe keine Empfehlung ab, sondern analysiere nur die Trends…
Thomas Fiedler
26. Juli 2021 @ 08:52
Wir konnten ja gestern (25.7.) im ZDF-Sommerinterview von Ch. Lindner erneut hören, dass die FDP eine Ampelkoalition verhindern möchte und sich viel lieber in einer Jamaica-Koalition wiederfinden würde (mit Lindner als Finanzminister). Und dies obwohl allein schon die unterschiedlichen Antworten auf die Frage, ob Ungeimpfte Nachteile hinnehmen müssten, die große Kluft zwischen Gelb und Grün aufzeigen. Man kann also Olaf Scholz mögen oder wollen wie man will, die Entscheidung darüber, wer Kanzler wird, ist durch die Prozentzahlen von Sonntagsumfragen bei dieser Wahl weniger beeinflusst als durch die Frage, in welcher Farbenkombination die FDP nach der Wahl ihre Absichten besser umsetzen zu können glaubt.
ebo
26. Juli 2021 @ 09:10
Die Koalitionsverhandlungen werden natürlich nicht durch Umfragen, sondern durch die Ergebnisse beeinflusst. Wenn es für die Ampel nicht reicht, könnte Lindner in der Tat ein Jamaica-Bündnis anstreben. Doch auch er hat ein Glaubwürdigkeits-Problem: Genau das hat er vor vier Jahren abgelehnt (während die Grünen nicht abgeneigt waren)