Die Kriegswirtschaft kommt, EU-Chefin droht China – und Streik gegen Meloni
Die Watchlist EUropa vom 07. Mai 2024 – Heute mit einer europäischen Waffenmesse in Brüssel, einem frostigen Treffen in Paris und Zensur-Vorwürfen in Rom.
Die EU will weiter aufrüsten – für die Ukraine, aber auch mit der Ukraine und sogar in dem von Russland attackierten Land. Dies sagte EU-Chefdiplomat Borrell bei einer Rüstungskonferenz in Brüssel. Der ukrainische Außenminister Kuleba forderte gar eine europäische „Kriegswirtschaft“.
“Wenn wir den Frieden in der EU erhalten wollen, müssen wir zu einer Kriegswirtschaft und -industrie übergehen“, so Kuleba in einer Videobotschaft. Er rief zudem zu mehr Investitionen in ukrainische Waffenschmieden auf. Die EU-Staaten müssten entweder die Verteidigung seines Landes finanzieren – oder selbst „liefern, liefern, liefern“.
Bisher liegt die EU weit hinter ihren eigenen Zielen zurück. So hatte sie der Ukraine bis März eine Million Artilleriegeschosse versprochen – geliefert wurde nur etwa die Hälfte. Um die Produktion anzukurbeln, hat die EU-Kommission eine eigene Rüstungsstrategie vorgelegt und Geld aus dem EU-Budget reserviert.
“Es ist noch nicht genug”
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Allerdings dürften die bis 2027 vorgesehenen 1,5 Milliarden Euro kaum reichen, um den Nachholbedarf zu decken. Der zuständige Binnenmarkt-Kommissar Breton räumte dies offen ein.
„Wir wissen, dass es nicht genug ist“, sagte der Franzose. Doch ein Anfang sei gemacht; die EU und die Ukraine hätten bei der Rüstungszusammenarbeit ein „neues Kapitel“ aufgeschlagen.
Das Ziel sei es, die ukrainische Rüstungsindustrie zu einem „integralen Bestandteil“ des europäischen Verteidigungssektors zu machen, betonte Breton. Er will einen militärisch-industriellen Komplex wie in den USA.
Habeck wird “Rüstungsminister”
Unterstützt wird die Aufrüstung von Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne). Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sei jetzt auch, „Rüstungsindustrieminister“ zu sein, erklärte Habeck Ende April in Berlin.
Ähnliche Stimmen kommen aus Paris. Verteidigungsminister Lecornu drohte der Industrie zuletzt sogar mit Beschlagnahmung, falls sie nicht schneller Waffen produziere.
Präsident Macron redet schon lange von einer “Kriegswirtschaft”. Allerdings liefert Frankreich längst nicht so viele Kriegswaffen wie Deutschland. Kanzler Scholz wiederum tut so, als könne er die Ukraine aufrüsten, ohne Deutschland zur Kriegspartei zu machen.
Doch dieses Kalkül geht nicht auf – Kremlchef Putin dreht, offenbar als Reaktion, seinerseits an der Eskalations-Schraube. Kommt denn niemand auf den – früher selbstverständlichen – Gedanken, dass uns das Wettrüsten in den Abgrund führen kann?
Siehe auch Putin ordnet Manöver mit Atomwaffen an – Eiszeit mit Deutschland und Rekord bei der Rüstung – kommen Kriegsanleihen?
News & Updates
- Von der Leyen droht Xi Jinping. EU-Chefin von der Leyen hat China wegen Handelsverzerrungen mit Abwehrmaßnahmen gedroht. “Wir werden unsere Firmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen, wir werden nie zögern, das zu tun, wenn das nötig ist”, sagte von der Leyen bei einem Treffen mit Präsident Xi Jinping in Paris, zu dem sie Frankreichs Staatschef Macron geladen hatte. – Dass VDL kommen und “durchregieren” durfte, sorgt in Frankreich für Unmut. Frankreich sei ein souveränes Land und brauche keine EU-Aufsicht, hieß es…
- Brüssel stellt Verfahren gegen Polen ein. Die EU-Kommission hat die Einstellung eines seit sechs Jahren laufenden Rechtsstaats-Verfahrens gegen Polen angekündigt. Die neue Regierung Tusk habe das Primat des EU-Rechts anerkannt, hieß es in Brüssel. Zuvor waren bereits blockierte EU-Gelder in Milliardenhöhe freigegeben worden – dabei sind die rechtsstaatlichen Mängel noch längst nicht behoben. – Mehr hier (Blog)
- Belgien will Importe aus Israel stoppen. Der belgische EU-Vorsitz wirbt für Sanktionen gegen Israel. Sie soll Waren aus den besetzen Gebieten im Westjordanland treffen, so Premier De Croo. Zur Begründung sagte er, die Besatzung mache eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich. – Allerdings hat sich Deutschland bisher alle Sanktionen abgewehrt. Derweil startet Israel den angedrohten Angriff auf Rafah – trotz Warnungen auch aus der EU…
Das Letzte
Journalisten-Streik gegen Meloni. Journalisten der RAI sind für 24 Stunden in den Streik getreten. Die Mitarbeiter legen ihre Arbeit unter anderem wegen der “allgegenwärtigen Kontrolle durch die Politik” nieder. Hintergrund ist die Ausladung des Schriftstellers Antonio Scurati, der zum Tag der Befreiung Italiens von deutscher Besatzung und Faschismus am 25. April einen Text vorlesen wollte. Bei dem Auftritt wollte er die Partei von Regierungschefin Meloni wegen deren postfaschistischer Ursprünge kritisieren. Meloni führt die rechtsradikalen “Brüder Italiens” und arbeitet eng mit EU-Chefin von der Leyen zusammen. Die EU hat kürzlich ein “Medienfreiheitsgesetz” beschlossen – doch gegen die zunehmenden Eingriffe in die Medien in Italien hat von der Leyen nichts unternommen. Offenbar braucht sie Meloni noch für die geplante 2. Amtszeit… – Siehe auch “Neue Mediengesetze: Big Brother aus Brüssel?”
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Monika
7. Mai 2024 @ 11:56
“Wenn wir den Frieden in der EU erhalten wollen, müssen wir zu einer Kriegswirtschaft und -industrie übergehen“, so Botschafter Kuleba unisono mit Borell. Laut der neuen Richtlinien zur Rüstungszusammenarbeit soll die ukrainische Rüstungsindustrie zu einem „integralen Bestandteil“ des europäischen Verteidigungssektors werden. Dabei sieht doch ALLES danach aus, durch dieses Augen-zu-und-durch-Konzept in der Auseinandersetzung Ukraine/Russland von Russland endlich(?) als Kriegspartei wahrgenommen und behandelt zu werden, die wir ja de facto längst schon sind. Was im Effekt eine atomare Kriegsführung bedeutet. Und dann ist da nur noch wenig „Sektor zu verteidigen“. Scheinbar soll unbedingt der Anschein gewahrt werden, diesmal habe nicht Deutschland, sondern Russland die „Welt in Brand“ gesetzt. (Für die „Geschchtsbücher“, die dann wahrscheinlich nicht mehr existieren werden…)
Dass Wahnvorstellungen ziemlich weit- und tiefgehend ausarten können, war mir klar. Wie kollektiv sich jedoch dieser die-Lösung-kann-nur-im-Krieg-liegen-Wahn schon in sämtliche westlichen Staaten und Gesellschaften eingeätzt hat ist überraschend.
Oder wieder auch nicht, denn Merke: wenn der „Grundwasserspiegel“ steigt, kommt das Wasser plötzlich überall aus dem Boden, da nutzen keine Sandsäcke oder Dämme mehr…
european
7. Mai 2024 @ 07:59
Naja, wenn man sich die Erfolgskurve der Habeconomics ansieht, dann stimmt es ja fast schon hoffnungsfroh, wenn jetzt er auch noch Rüstungswirtschaftsminister wird. 😉
Ein Schneeballsystem der Finanzierungslöcher scheint sich aufzutun. Die Berliner Zeitung schreibt aktuell darüber, dass “die Gläubiger der Ukraine ungeduldig werden. Blackrock und Co. wollen ihre Schulden eintreiben”.
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/ukraine-krieg-glaeubiger-werden-ungeduldig-blackrock-und-co-wollen-ihre-schulden-eintreiben-li.2212476
“Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, will eine Gruppe von westlichen Gläubigern die ukrainische Regierung dazu drängen, im nächsten Jahr wieder mit der Zinstilgung zu beginnen. Pro Jahr erhoffen sich die Investoren Einnahmen von bis zu 500 Millionen US-Dollar”
und weiter heißt es
“Der Vorstoß kommt nicht von ungefähr. Gerade erst hat die Ukraine eine Zusicherung der USA über ein Hilfspaket von rund 60 Milliarden US-Dollar erhalten. Nun sind die USA und ihre Verbündeten besorgt, dass das Geld der Steuerzahler in den Händen von privaten Anlegern wie Blackrock landet, wenn die Ukraine den Schuldendienst wieder aufnimmt.”
Michael Lüders hat schon vor Monaten darüber berichtet, dass die USA Druck auf die EU machen, ihre Hilfszahlungen fortzusetzen, damit die Ukraine ihre Schulden begleichen kann. Die Unterstützung der USA erfolgt auf Lend-Lease-Basis, muss also zurückgezahlt werden. Da werden einige Rechnungen auf die Europäer zukommen.
Helmut Höft
7. Mai 2024 @ 09:24
Danke für die Links, passt alles! Imperien (USA & Kapital) im Untergang.