Wahlkampf mit Steuergeld, Aufrüstung mit Ukraine – und “We too” mit Grünen

Die Watchlist EUropa vom 05. März 2024 – Heute mit Eigenwerbung der “von der Leyen-Kommission”, einem EU-Programm für die Kriegswirtschaft und einem unerklärten Rücktritt im Parlament.

Für die Europawahl hat die EU besonders strikte Regeln versprochen, um die Demokratie zu schützen. Politische Werbung soll als solche gekennzeichnet werden, für Wahl-Kampagnen im Internet sollen die User ihre Einwilligung geben.

Außerdem sollen die Kandidaten ihr Amt nicht für Werbung mißbrauchen. Im Prinzip gilt dies auch für die EU-Kommission. Gleich zwei Mitglieder – Kommissionschefin von der Leyen und Sozialkommissar Schmit – treten an.

Doch von der Leyen hält sich nicht an die Regeln. Noch bevor sie offiziell von der konservativen Parteienfamilie EVP zur Spitzenkandidatin auf ihre eigene Nachfolge gekürt wurde (geplant für Donnerstag), wirbt sie schon für sich.

“The story of the von der Leyen Commission” heißt die Geschichte, die auf der Website der EU-Kommission verbreitet wird. Die CDU-Dame zeigt sich ganz groß, ihr Rivale Schmit – Spitzenkandidat der Sozis – steht in der 3. Reihe.

Ärgernis oder Amtsmißbrauch?

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Von der Leyens Kommission habe alle Versprechen eingelöst und alle Krisen gemeistert, heißt die frohe Botschaft. Dass sie das selbst glaubt – geschenkt. VDL setzt seit ihrem Start in Brüssel 2019 alles daran, sich selbst zu inszenieren.

Doch dass die Steuerzahler diese offiziöse Eigenwerbung finanzieren müssen, ist ein Ärgernis. Es ist, als würde Kanzler Scholz auf der Website des Kanzleramts persönlich für sich und seine Wiederwahl werben.

In Berlin würden alle “Amtsmißbrauch” schreien. In Brüssel passiert (bisher) nichts. Auch dass die EU-Kommission schon fleißig Wahlwerbung im Internet (Beispiel hier) schaltet, scheint keinen zu stören.

Warum auch? Schließlich ist die Wahl ja eh schon gelaufen. Niemand zweifelt daran, dass von der Leyen im Amt bestätigt wird. Eigentlich geht es nur noch davon, die Wähler von ihren Großtaten zu überzeugen.

Das allerdings könnte schwierig werden. Denn in Wahrheit hat die von-der-Leyen-Kommission kaum eine Krise gelöst, EUropa steht heute wesentlich schlechter da als bei ihrem Amtsantritt 2019…

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News & Updates

  • Aufrüstung mit der Ukraine. Die EU-Kommission legt am Dienstag ein neues Programm zur Förderung der Rüstungsindustrie vor. Nach einem Bericht von “EurActiv” soll auch die Ukraine von den neuen Fleischtöpfen profitieren. Nur die Rechtsgrundlage für den Vorschlag ist noch unklar – meine Nachfrage bei der Kommission blieb bisher unbeantwortet…
  • Schmit und das “soziale Europa“. Seit seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten für die Europawahl wächst das Interesse an EU-Sozialkommissar Schmit. Der Luxemburger sieht sich selbst als Champion des “Sozialen Europa” – was das heißt und wie es weitergehen soll, habe ich auf einem Vortrag in Aachen diskutiert.
  • Milliardenstrafe zur Abschreckung. Die EU-Kommission hat zur Abschreckung eine Wettbewerbsstrafe von rund 1,8 Mrd. Euro gegen Apple verhängt. Das US-Unternehmen habe seine marktbeherrschende Stellung bei Musik-Streaming-Apps missbraucht. Apple will in Berufung gehen – das Unternehmen hatte den Markt erst so richtig erschlossen…

Das Letzte

“We too” mit den Grünen. Eigentlich wollen die Grünen im EU-Parlament vorbildlich sein, wenn es um sexuelle Belästigung und Gewalt geht. Alles soll auf den Tisch, die Täter sollen streng bestraft werden. Doch mit den eigenen Leuten nimmt man es offenbar nicht so genau. Der grüne Nachrücker M. Gallée soll sich “unangemessen” verhalten haben und ist deshalb von seinem Amt zurückgetreten. Doch noch nicht einmal die grüne Spitzenkandidatin T. Reintke will sich zu dem Fall äußern – dabei hatte sie die “Me too”-Debatte einst selbst ins Europaparlament getragen. Nun schweigt sie sich aus. Offenbar möchte sie nicht “We too” sagen und erklären, wie das passieren konnte…

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