Zusammenbruch in Zeitlupe

Dieser Mann ist bereit, den Euro zu stützen – na toll!

Endlich einmal gute Nachrichten aus der Eurozone: Spanien gelingt eine große Anleihen-Platzierung, auch der Euro-Rettungschirm EFSF kommt an frisches Geld, und Russland will – Überraschung! – der Eurozone großzügig unter die Arme greifen. Doch leider sind das wohl nur Eintagsfliegen. Denn mittlerweile rechnen die Märkte und viele Experten fest mit einem Zusammenbruch der Eurozone – bestenfalls schleichend, schlimmstenfalls schon im Januar. 

Am deutlichsten warnte W. Münchau vom Fachdienst Eurointelligence: Die Eigendynamik der Eurokrise sei mittlerweile so mächtig, dass schon ein kleiner Funke die große Explosion auslösen könne, schrieb er auf Spiegel online. Auch FT-Kolumnist M. Wolf gibt sich pessimistisch: Wegen der neuen drastischen Sparvorgaben in der geplanten „Fiskalunion“ drohe die Eurozone in Rezession, Deflation und Dauerkrise zu versinken. 

Untermauert wird dieser düstere Ausblick heute ausgerechnet von der Europäischen Zentralbank: Die EZB warnt vor „beträchtlichen Abwärtsrisiken“. Neben der Rezession drohe auch noch eine Kreditklemme. Die Inflationsgefahr hingegen, die viele Deutsche umtreibt, sei weiter gering. Wegen der schlechten Aussichten hat die Ratingagentur Fitch gerade erst wieder fünf europäische Banken herabgestuft. Zudem wurde bekannt, dass die Amerikaner Millardensummen aus europäischen Geldinstituten abziehen.

Das wahrscheinlichste Szenario für einen Crash ist daher wohl ein „Run“ auf die Spareinlagen und der Zusammenbruch einer großen Bank. Die Bundesregierung rüstet sich bereits für diesen Fall; sie aktiviert den Bankenrettungsfonds Soffin neu und schneidet die Regeln, so Reuters, auf die besonders gefährdete Commerzbank zu. 

Auch der Zusammenbruch Griechenlands ist immer noch nicht ausgeschlossen, nachdem die „Troika“ gerade wieder eine vernichtende Bilanz ihrer „Rettungs“-Bemühungen gezogen hat. Und dann wäre das noch das politische Risiko: In Italien könnte schon morgen die Vertrauensabstimmung zum drastischen Sparplan des neuen Premiers Monti schief gehen, in Deutschland könnte schon im nächsten Jahr die schwarzgelbe Koalition zerbrechen.

Und was macht Kanzlerin Merkel? Sie redet die Risiken klein und sitzt die Krise aus – wie immer in den letzten zwei Jahren. Vielleicht haben wir ja deshalb den Eindruck, einem Zusammenbruch in Zeitlupe beizuwohnen. Denn in Wirklichkeit gibt es ja bald täglich dramatische Neuigkeiten aus der Eurozone – auch wenn es manchmal nicht ganz so dick kommt, wie heute… 

 

P.S. Kaum war dieser Beitrag fertig, kündigte EU-Ratspräsident Van Rompuy einen neuen Krisengipfel für Ende Januar/Anfang Februar an. Von wegen gute Nachrichten…

 

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