Auf Schlingerkurs mit Lukaschenko
Nach der offenbar manipulierten Präsidentschaftwahl in Belarus will Machthaber Lukaschenko weitermachen wie zuvor. Von der EU hat er nicht viel zu befürchten – sie hat den “letzten Diktator Europas” geschont, um Russland zu schwächen.
Die Annäherung begann schon unter der Kommission Barroso II und setzte sich unter Juncker fort. Sanktionen wurden gelockert, Geschäfte erleichtert, trotz der massiven Repression in Belarus. Von der Leyen hat daran nichts geändert – und hat es auch nicht vor.
Es müsse sichergestellt werden, dass die Stimmen präzise gezählt und publiziert werden, erklärte die CDU-Politikerin nach der offenbar manipulierten Wahl. Eine Neuwahl forderte sie nicht, Lukaschenkos Herrschafts-Anspruch stellte sie auch nicht infrage.
Hier ein paar Belege für den Schlingerkurs der EU gegenüber Lukaschenko:
- Aufhebung der Sanktionen 2017: EU to end five-year freeze in Belarus relations
- Begünstigung von Lukaschenko: The beneficiaries could include Lukashenko, who is no. 124 on the EU’s list, and judges and other politicians close to the president. Discussions have taken place among diplomats and also among EU foreign ministers at a recent meeting in Luxembourg.
- Taktische Erwägungen vor der Wahl: Belarus Could Become Europe’s Next Nightmare
- Offenbar sammelte Lukaschenko vor der Wahl noch viel Geld bei europäischen Banken ein: https://twitter.com/TadeuszGiczan/status/1275043220460838912?s=19
- Lukaschenkos Wahlfarce bringt die EU in ein Dilemma – eine lesenswerte Analyse
Wer die Berichte nachliest, wird feststellen, dass es vor allem darum geht, Russland zu schwächen – und nicht etwa darum, die Demokratiebewegung in Belarus zu stärken. Ob sich dies nach den massiven Protesten ändern wird? Die Hoffnung stirbt zuletzt…
Siehe auch “Sanktionen bringen doch nix” (in Weißrussland) und “Hilfe für den Libanon – trotz Sanktionen?“
P.S. Polen hat einen EU-Sondergipfel zur Krise in Belarus gefordert. Doch der deutsche Ratsvorsitz zögert, und Ungarn bremst – Regierungschef Orban hängt offenbar ganz besonders an Lukaschenko…
P.P.S. Der “EU Observer” kommt zu einer ähnlichen Einschätzung, was Kommissionschefin von der Leyen betrifft. Zitat:
The European Commission president, Ursula von der Leyen, also took a more dovish approach.
“I spoke with Mr Morawiecki about the situation in Belarus. We are following the developments closely,” she said, referring to Polish prime minister Mateusz Morawiecki.
She did not mention Poland’s summit proposal, in a snub.
And she spoke of a future EU “partnership” with Belarus, despite the crisis.
“The EU will be vigilant and ready to support the process of de-escalation and dialogue that would lead to democratisation and a closer, more intense EU-Belarus partnership,” von der Leyen said.
Source: EU Observer
Die offene Grenze nach Osten wird auch in Zukunft zwischen der EU und Russland umkämpft bleiben. Wie es weitergeht wird davon abhängen, welche Rolle die USA in Zukunft gegenüber China, Russland und der EU spielen werden. Nach wie vor erstaunt, welche Bindekraft der Kalte Krieg für den Westen hatte. Heute ist das Rennen offen. Eine politische und militärische Stärkung der EU wäre für sie gegenüber den anderen Großmächten jedenfalls vorteilhaft, Wer mit wem in welcher Angelegenheit ist derzeit noch nicht absehbar: Zweckbündnisse werden in Zukunft das Zusammenspiel der Großen bestimmen.