Schwarze Null forever
Haben wir jetzt eigentlich einen neuen SPD-Finanzminister? Oder gibt immer noch CDU-Mann Altmaier den Ton an? Kanzlerin Merkels engster Vertrauter will die Schwarze Null festschreiben – für immer.
Das sagte der frühere Kanzleramtschef und Interims-Finanzminister dem “Spiegel”. Altmaier mischt sich damit nicht nur in die Kompetenzen des neuen SPD-Ressortleiters Scholz ein. Nein, er geht viel weiter:
“Die Parteien der Großen Koalition sowie die Grünen und die FDP sollten sich dazu verpflichten, dauerhaft einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen, auf Steuererhöhungen zu verzichten und die Sozialabgaben unter 40 Prozent der Bruttolöhne zu halten”
Das wäre die GroKo plus Jamaika – und zwar “für mindestens 15 bis 20 Jahre”, denn so lange soll der Altmaier-Pakt Deutschland noch ein kräftiges Wachstum bescheren.
Das ist natürlich ein Hirngespinst. Denn das aktuelle Wachstum beruht vor allem auf der chronischen Unterbewertung des Euro (aus deutscher Sicht) und der Nullzinspolitik von EZB-Chef Draghi.
Der neue, echte Finanzminister Scholz rechnet schon damit, dass die Zinsen bald ansteigen – was nicht nur die Schwarze Null gefährden, sondern auch das Wachstum in Deutschland dämpfen dürfte.
Doch Altmaiers Gedankenspiel zeigt, was er vom Koalitionspartner SPD hält: verdammt wenig. Viel lieber würde er doch noch mit Grünen und Liberalen anbändeln. Kanzlerin Merkel vermutlich auch…
…was vor allem Frankreichs Präsident Macron Sorgen machen sollte. Die Ideen von FDP-Chef Lindner leben weiter – in Altmaier. Auch in Brüssel könnten sie verfangen, wenn die SPD nicht bald gegensteuert.
Denn die EU-Kommission plant, die Schwarze Null für alle einzuführen – über den Fiskalpakt, der in EU-Recht überführt werden soll. Umgesetzt wird das vom deutschen Kommissar Oettinger – ein CDU-Mann wie Altmaier…
Siehe auch “Wie Altmaier die SPD vorführt (I)” und “Die Anti-Macron-Agenda”
Peter Nemschak
1. April 2018 @ 10:14
Sobald die Konjunktur einbricht, wird auch die schwarze Null verschwinden. Strukturell macht sie allerdings Sinn. Die derzeit sehr gut laufende Konjunktur lässt nicht darauf schließen, dass zu wenig in die Realwirtschaft investiert wird. Dass ungefähr gleich viele offene Stellen der Anzahl von Hartz4 -Beziehern gegenüber stehen, hat nicht mit zu geringen Investitionen in die Realwirtschaft zu tun. Offenbar liegt es an der mangelnden Qualifikation, die zu beseitigen vorrangiges Ziel der Regierung sein muss. Ist das Prinzip Fördern und Fordern ein schlechtes? Die Mehrheit der Bevölkerung kann sich damit identifizieren, auch die Führung der SPD, der klar ist, dass die Partei nicht zu einer ausschließlich auf den sozialen Rand konzentrierten Partei werden darf. Damit wäre sie dem Untergang geweiht.
ebo
1. April 2018 @ 10:28
Strukturell macht die Schwarze Null eben keinen Sinn. Sie ist nicht vereinbar mit der Drei Prozent Regel im Maastricht-Vertrag und nimmt dem Staat die Möglichkeit, bei einem Konjunktureinbruch gegenzusteuern. A la limite könnte man sie nur dann rechtfertigen, wenn die Eurozone ein eigenes Budget hätte und Schulden machen dürfte. Also Euro-Bonds und Euro – Budget. Beides lehnt Altmaier ab, seine Pläne sind untauglich.
Peter Nemschak
1. April 2018 @ 11:32
Strukturelle Null bedeutet nicht konjunkturelle Null. In guten zeiten muss der Staat sparen, um in schlechten gegensteuern zu können. Über den Konjunkturzyklus sollte das Budget ausgeglichen sein.
Jochen Wegener
1. April 2018 @ 09:11
Dass Dummheit nur zu oft den Aufstieg nicht verhindert ist eine alte Erfahrung. In Berlin aber scheint sie zur neuen Qualifikation fürs Ministeramt zu werden ( oder schon zu sein, wenn Merkel mitbedacht wird).
Herbert Hensler
31. März 2018 @ 17:12
Woher soll denn die SPD plötzlich Sachverstand nehmen? Bislang glänzte sie in Europa mit dem Gegenteil und ist froh für weitere vier Jahre ihre Pfründe behalten zu dürfen.
Herbert Hensler
31. März 2018 @ 17:09
Wer von der SPD erwartet, dass sie der CDU in Europa etwas entgegensetze wird irrt sich gewaltig. Wo kein Sachverstand vorhanden ist kann man keine Widerrede erwarten.
Summerhill
1. April 2018 @ 11:31
Das ist keine Frage irgendeines “Sachverstandes”, fürchte ich.
Die vermisste Widerrede bleibt aus, weil SPD und CDU Brüder im Geiste sind.
Das ist das Problem.
hyperlokal
31. März 2018 @ 17:05
Leider wird Scholz nicht recht behalten. Die Zinsen werden auf lange Sicht nicht steigen.
Sie würden steigen, wenn der Staat investieren würde und dadurch die überschüssige Liquidität abschöpfen würde, die Geld gerade so billig macht. Ob Scholz oder Altmeier, beide haben sich ja zur scharzen Null bekannt. Also werden auch die Zinsen nicht steigen.
Der gigantische weltweite Geldüberschuss fließt z.Z. in Immobilien und in Aktien. Beides sind die Möglichkeiten für Reiche ohne Anstrengung passives Einkommen zu generieren.
Würden die Reichen in die Realwirtschaft investieren, wäre das ja mit Risiken verbunden. Und dort herrscht Wettbewerb und da kriegt man nur kleine Renditen hin.
Die Zinsen würden dadurch ebenfalls steigen und deshalb ihre Renditen aus passivem Einkommen (Immobilien, Aktien) reduzieren. Die Reichen haben also gar kein Interesse an Zinserhöhungen.
Der neue Staatssekretär von Goldman Sachs im Scholz-Ministerium wird sich deshalb nicht gerade in’s Zeug legen für eine Politik der steigenden Zinsen. Für diese Klientel ist alles gut so wie es ist.
Peter Nemschak
1. April 2018 @ 15:09
Sie verwechseln Liquidität mit Solvenz. Wenn Sie Umverteilung in großem Stil betreiben wollen, stehen Sie offen und ehrlich dazu. Die Mehrheit der Deutschen will es nicht, wie die geringe Unterstützung des linken Flügels der SPD durch die Wähler beweist. Die SPD ist derzeit auf dem besten Weg zu einer Kleinpartei für den sozialen Rand der Gesellschaft zu werden.