Nach dem “Friedensgipfel”: Noch vier Jahre Krieg?
Der “Friedensgipfel” für die Ukraine ist ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Präsident Selenskyj will weiterkämpfen – zur Not noch jahrelang.
Am Ende gab es zwar eine Erklärung mit dem Bekenntnis zur territorialen Integrität der Ukraine. Doch wichtige Staaten wie Indien, Brasilien, Südafrika, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate stimmten dem Text nicht zu. Die BRICS gehen also weiter auf Distanz!
Bei den Unterstützern war dagegen Israel, das das Prinzip der territorialen Integrität täglich mit Füssen tritt und Uno-Beschlüsse seit Jahrzehnten ignoriert. Auch die Türkei stimmte zu – dabei hält auch sie sich nicht an die UN-Prinzipien – etwa im türkisch besetzten Nord-Zypern.
Präsident Selenskyj sagte, die russische Führung sei “nicht bereit für einen gerechten Frieden”. Friedensgespräche könnten schon “morgen” beginnen, wenn die russischen Truppen abzögen.
Zugleich beklagte Selenskyj, die Militärhilfe für sein Land reiche nicht aus, um den Krieg zu gewinnen.
Das passt allerdings schlecht zu einer anderen Bemerkung, die die “New York Times” zitiert. Demnach will Selenskyj den Krieg so lange weiterführen, bis alle besetzten Gebiete befreit sind.
Seine Worte deuten auf mindestens vier weitere Jahre hin:
“If we don’t make progress this year, then we will try again next year,” Mr. Zelensky privately told a European counterpart recently, according to a European diplomat who was present. “And if we don’t make progress next year, we will try again the following year, and the one after that.”
Quelle: NYT
Man darf gespannt sein, ob Deutschland, die EU und die Nato bereit und in der Lage sind, noch so lange Waffen zu liefern und Geld zu zahlen…
Siehe auch “Friedensgipfel” bringt wohl noch mehr Krieg
Helmut Höft
18. Juni 2024 @ 08:37
Was ebo hier (be-)schreibt und berichtet ist ja schon höchst erhellend, was die Kommentare hier liefern: mindestens ebenso! Man kann nur hoffen, dass die Politniki hier mitliest und endlich mal die richtigen Schlüsse zieht! (*seufz* man darf ja mal träumen …)
Arthur Dent
17. Juni 2024 @ 11:26
Arthur Dent teilt ebo’s Bedenken. Die Weltordnung ist im Umbruch. Es geht um die Führungsrolle in der Welt. Die Ukraine ist hier Mittel zum Zweck. Die von China und Russland bevorzugte (angeblich) mulipolare Welt ist immer eine höchst (krisenanfällige) Übergangszeit, bis der alte „Platzhirsch“ seine Position verteidigt hat oder sich ein neuer Hegemon herausbildet.
Anton Vogel
17. Juni 2024 @ 09:05
Der Krieg soll also noch mindestens vier Jahre dauern ? Na bis dahin ist Deutschland ja Kriegstüchtig wenn es nach Pistorius. Da kann Deutschland ja der Ukraine bei springen und Putins Truppen bis vor Moskau zurück jagen. So weit waren die Vorbilder der Kriegstreiber ja schon Mal. Nur eben nicht lange. Dann ging es anderes herum.
Mit Selenskjy’s Ukrainie hat einen willigen Diener gefunden um westlichen Kriegswahn und vor allem strarltegisch-finsnzielle Ziele umzusetzen. Inzwischen ist die Ukraine zum größten Schrottplatz für ausgedientes Kriegsmaterial in Europa geworden. Das muss natürlich alles neu produziert werden und so kurbelt man die Wirtschaft an. Aber auch die neuen Waffen verlangen irgend wann nach Einsatz. Vor Allem in den Händen von kriegsgeilen Spinnern.
Inzwischen formiert sich aber eine breite Front von Staaten die diesen Kurs nicht mittragen wollen. Ich hoffe diese erlangen bald die Oberhand.
Stef
17. Juni 2024 @ 08:48
@Arthur Dent ist zuzustimmen.
Dieser Krieg wird keine vier Jahre mehr dauern. Die Führungselite im Westen versucht sich aktuell bis zu US-Präsidentschaftswahl im November zu retten. Danach dürfte die USA verkünden, dass es jetzt an den Europäern alleine liegt, den Ukrainekonflikt zu managen und zu alimentieren (Pivot to asia for real). Die USA werden nur noch „helfen“ in Form von profitablen Waffenlieferungen auf Kosten Europas und beim Strippenziehen direkt in Kiew.
Das wird in Europas Regierungen wiederum einen Schock auslösen, weil die europäische Elite nicht darauf vorbereitet ist, diesen Schritt zu gehen. Obwohl alles seit 2008 absehbar war, wie Arthur Dent bemerkt. Ich gehe davon aus, dass es dann mindestens ein halbes Jahr braucht, bis das EU-Establishment einen Modus gefunden hat, diese US-Vorgabe in treuer Vasallenmanier zu erfüllen. Denn der EU fehlt für derartige Turnarounds schlicht die Handlungsfähigkeit.
In diesem halben Jahr der Unsicherheit nach der US-Wahl wird die Ukraine vollkommen schutzlos sein. Sie wird zwar womöglich weiterhin Geld und Waffen bekommen, aber die dauerhafte politische Unterstützung wird sich noch nicht manifestiert haben.
Derweil scheint mir absehbar, dass die russische Seite ihren aktuellen Kurs fortsetzt und den militärischen Druck sukzessive weiter erhöhen wird, damit er zur US-Wahl seinen Peak erreicht. M.E. hat das russischen Militär dafür noch ausreichend Potential, politisch ist dieser Kurs in Russland ohnehin weitestgehend unangefochten.
Meine Prognose ist also:
Entweder die Ukraine kollabiert militärisch schon vor der US-Wahl, was einer epochalen Niederlage der Nato und des Westens gleichkäme. Oder nach der Wahl kommt zum Risiko des militärischen Kollapses noch das Risiko des politischen Kollapses in der Ukraine (Staatsstreich o.ä.) dazu.
Jenseits meiner Spekulation ist vor diesem strategischen Hintergrund das Angebot von Putin zu verstehen, diesen Konflikt zu einem Ende zu bringen. Es war womöglich das letzte Angebot der Russen auf eine gütliche Einigung. Ich halte es für ernst gemeint, allerdings bestand niemals die Aussicht, dass der Westen und die Ukraine es akzeptieren würden, geblendet durch die eigenen Lebenslügen.
Kurzum: Dieser Konflikt wird verstärkt konventionell militärisch eskalieren mit Zielhorizont US-Präsidentschaftswahl.
Was könnte man in Europa jetzt noch tun, um die Eskalation zu verhindern? Ich meine, eine ganze Menge. Voraussetzung wäre aber ein politischer Wille bei denjenigen, die die Weichen stellen. Letzteres ist aber schlicht nicht gegeben. Und wird auch unter von der Leyen II weiterhin nicht gegeben sein.
ebo
17. Juni 2024 @ 09:40
Da wäre ich mir nicht so sicher! Die europäische Elite tut derzeit alles, um die USA in der Ukraine “abzulösen”. Dafür wird z.B. ein eigenes Nato-Kommando in Wiesbaden aufgebaut – es soll die US-Führung im Ramstein-Format ersetzen. Zudem wird es wohl einen EU-Verteidigungskommissar geben – und mit K. Kallas eine überaus kriegsbegeisterte Außenbeauftragte. Das Geld wird man wahrscheinlich per “Verteidigungsbonds” aka Kriegsanleihen beschaffen. Die Vorbereitungen laufen jedenfalls auf Hochtouren!
Stef
17. Juni 2024 @ 09:52
Ja, da haben Sie zwar recht. Aber das Problem lautet auch nicht Geld, sondern Militär. Also Mensch und Maschine. Und beides ist Europa nicht willens oder in der Lage in der erforderlichen Qualität und Menge bereitzustellen.
ebo
17. Juni 2024 @ 09:58
Übrigens warnt Serbiens Präsident nun auch vor dem 3. Weltkrieg – er fürchtet den Start irgendwann im Sommer. Orban hat ja schon ganz ähnlich geraunt…
Stef
17. Juni 2024 @ 10:28
Frei nach meinen eigenen Spekulationen oben steht im Sommer ja eine weitere Verstärkung des militärischen Drucks auf die Ukriane an. Das ukrainische Militär scheint, urteilt man nach allen anderen Quellen als unseren westlichen Mainstreammedien, nicht mehr allzu weit vom Kollaps entfernt zu sein. Vermutlich meinen die Herren Orban und Vucic damit das Dilemma des Westens, sollte er vor der Wahl zwischen Kapitaluation der Ukraine und eigenem Einmarsch stehen.
Offen gestanden fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass ein Kerneuropäischer Staat seinen Streitkräften in signifikanter Stärke offiziell den marschbefehl Richtung Ukraine erteilt. Unbestreitbar gibt es hierzulande Kräfte, die genau in diese Richtung vorbauen wie z.B. Sigmar Gabriel.
Art. 5 wäre dann jedenfalls weit hergeholt. Es sei denn, man würde einen solchen Tatbestand konstruieren, was in der Tat machbar ist und von unseren Medien mit Hingabe gedeckt würde.
Anders als Orban und Vucic es ausdrücken: Wir können hierzulande nur die Hoffnung haben, dass unere Staatsführung eine Niederlage der Ukraine lieber akzeptiert, als uns alle dem Risiko eines Großkrieges auszusetzen. Sicher ist das nicht.
exKK
17. Juni 2024 @ 13:07
“Übrigens warnt Serbiens Präsident nun auch vor dem 3. Weltkrieg –…”
Der Untergang Europas kommt mit rund 80 Jahren Verspätung… aber er kommt!
Skyjumper
17. Juni 2024 @ 12:57
@Stef
Klingt zwar überaus logisch, aber ich glaube Sie unterschätzen den Willen der EU-Spitze (und der nationalen Regierungen) diesen europäischen Krieg zu führen. Siehe auch bereits die entsprechenden Hinweise von @ebo.
Es wird m.E.n. auch nach der US-Wahl zu keinen größeren Unterbrechungen der Materiallieferungen an die Ukraine kommen. Es mag etwas stotterig werden (da die EU in den USA kaufen muss, was vorher direkt von den USA geliefert wurde), aber das wird nicht ausreichen um den Kriegsverlauf substanziell zu beeinflussen.
Nach meinen Bauchgefühl überschätzen Sie zudem die russischen Fähigkeiten im militärischen Bereich. Das was das russische Militär bisher gezeigt hat ist in jeder Hinsicht „enttäuschend“. Materialtechnisch kann ich ja noch mitgehen dass man eine Strategie gewählt hat zunächst einmal das alte Material sinnstiftend „zu entsorgen. Personell allerdings blutet Russland aus. Es wird nicht nur auf der ukrainischen Seite gestorben. Zwar verfügt Russland über das größere Reservoir an Bevölkerung, aber leisten kann es sich Russland nicht. Jenseits aller großspurigen Töne über die (begrenzten) militärischen Erfolge stirbt Russlands Zukunft an der Front.
Und last not least unterschätzen Sie nach meinen Dafürhalten die militärische Stärke der EU (Staaten). Das betrifft sowohl die materielle, als auch die personelle Seite. Natürlich; das Militär jedes Einzelstaates in der EU befindet sich in einen schwachen Zustand. Aber zusammengenommen bringen sie im Zweifelsfall trotzdem mehr Personal an die Front als die Russen. Und rüstungstechnisch sind die 2 vergangenen Jahre ein „Gewinn“ für die EU. Auch ohne verordnete, umfassende Kriegswirtschaft haben sich die Potentiale gegenüber 2022 bereits deutlich erhöht.
Die weitere militärische Eskalation seitens der EU ist ausschließlich eine Frage des politischen Willens. Ebenso die Frage der Dauer. Da allerdings bin ich weitgehend bei Ihnen: 4 Jahre lang wird dieser Krieg nach den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht mehr dauern. So lange hält die Ukraine (alleine) nicht mehr durch. Das würde sich allerdings ändern wenn die EU/die Nationalstaaten es tatsächlich umsetzen sollten „boots on the ground“ in der Ukraine zu setzen. Leider halte ich diese Wahrscheinlichkeit für größer als eine vorherige Niederlage der Ukraine.
Helmut Höft
18. Juni 2024 @ 08:56
Stef trifft den Nagel wohl genauer auf den Kopf
Es beißt die Maus keinen Faden ab: Wenn es eng wird verlassen die Ratten blitzartig das sinken Schiff (man kännte auch sagen: afghanistan-mäßig), Kapital und “Eliten” zu erst.
Und dann blühen die Dolchstoßlegenden und die Suche nach Schuldigen nimmt Fahrt auf – statt dass man Urgründe (aka (Macht-)Interessen) zu finden versucht.
Arthur Dent
17. Juni 2024 @ 00:00
Alle bisher eingetretenen Ereignisse waren seit 2008 prinzipiell vorhersehbar und hätten ganz ohne Krieg verhandelt werden können. Man wollte nicht, man ließ die Dinge eskalieren.
exKK
17. Juni 2024 @ 13:06
Sorry, kann gard wieder nur auf Beiträge antworten:
“Friedensgespräche könnten schon “morgen” beginnen, wenn die russischen Truppen abzögen. ”
Wenn die russischen Truppen abzögen, bräuchte es keine Friedensgespräche mehr…
european
16. Juni 2024 @ 20:33
Ein aktuelles Interview mit Patrik Baab. Wir sehen sehr düsteren Zeiten entgegen und es gibt keine Friedensbewegung, die zeigen würde, dass die Menschen sich wehren. Unsere „Freunde“ jenseits des Atlantiks haben ihre ganz eigenen Interessen an diesem und anderen Konflikten und haben keinerlei Probleme damit, Europa in Flammen aufgehen zu lassen. Es geht um sehr viel Geld, Macht, Rohstoffe und nicht zuletzt um die Vorherrschaft in der Welt. Es wird sich für uns nicht auszahlen, dass wir keinen eigenen Stand haben, nicht für unsere Interessen eintreten und nicht die treibende Kraft für ein friedliches Nebeneinander und Miteinander in Europa sind.
https://youtu.be/nzsfo7-L9bU?feature=shared
Einige in der SPD sind wohl wach geworden und fordern Friedensverhandlungen, wie in der TAZ zu lesen ist. Sie fordern von Kanzler Scholz einen Strategiewechsel, aber der scheint irgendwie abgetaucht zu sein. Wenn man sich das bisherige Verhalten des Kanzlers ansieht und auch jetzt sieht, wie wortlos hingenommen wird, dass in Deutschland ein NATO-Hauptquartier für den Einsatz in der Ukraine errichtet wird, darf bezweifelt werden, ob er das Rückgrat hat, sich gegen diese bisherige Vorgehensweise (Strategie kann man das nicht nennen) zu wehren.
https://taz.de/SPD-Altvordere-kritisieren-Olaf-Scholz/!6017309/
Bogie
16. Juni 2024 @ 19:51
„Man darf gespannt sein, ob Deutschland, die EU und die Nato bereit und in der Lage sind, noch so lange Waffen zu liefern und Geld zu zahlen…“
Nun, demnächst werden den wehrfähigen Ukrainern erstmal die Bürgergeldbezüge gestrichen.
Sollen sie doch verrecken, die Ukrainer, also die Armen jedenfalls…
So sieht das aus mit der „Unterstützung“ der „Ukraine“. Erst wenn der letzte Ukrainer im Artilleriefeuer der Russen verstümmelt oder getötet wurde ist es anscheinend genug- obwohl, dann könnte man ja noch EU-Bürger in den sinnlosen Tod schicken, während die Diplomaten Däumchen drehen.
(Sorry, der musste jetzt mal raus)
Michael
16. Juni 2024 @ 17:35
Sobald öffentlich klar wird dass der Preis den der Westen, Deutschland und Europa als Sanktionierer, für den hysterischen US Sanktionismus zahlt die Kosten für Russland als Sanktioniertem bei weiten übersteigt wird die westliche Aggressionpolitik kollabieren. Natürlich werden die USA den Schaden nicht begleichen obwohl dort die Profite sprudeln!
Bogie
16. Juni 2024 @ 20:09
Das ist schon längst allen Experten klar – ob es allerdings jemals öffentlich klar (was immer das auch genau heißen mag) wird, hängt nicht von der Realität sondern von Interessen ab und die scheinen sich nicht zu verändern.
Skyjumper
17. Juni 2024 @ 15:08
Ich ahne: Sie stellen bei Ihren Beitrag auf das Wort “öffentlich” ab. Nur – wie öffentlich soll es denn noch werden bis die breite Masse diesen Unfug widerspricht?
61 % der Wähler in Deutschland haben bei der EU-Wahl wissentlich oder desinteressiert für ein “weiter so” und “für Krieg” gestimmt. Denn man kann nun wirklich nicht sagen dass CDU, SPD, Grüne und FPD mit ihren Absichten hintern Berg gehalten haben. Eine relativ deutliche Mehrheit für eingeschlagenen politischen Kurs.
Nur 25 % (AFD, BSW, Linke) haben ihre Stimme Parteien gegeben die sich zumindest für Mässigung ausgesprochen haben oder gar explizit für eine Kurskorrektur stehen.
Die Wahlprogramme der 14 % Sonstige hab ich mir nicht weiter angesehen, es dürfte zu dieser Frage gemischt sein, ändert aber auch nichts an den 61 %.
Ihren Optimismus in allen Ehren, aber ich sehe da keine Politik kollabieren. Eher kollabiert der Staat und/oder unsere Gesellschaft. Ich fürchte daher eher, das wieder einmal ein äusserer Feind das innere Versagen vertuschen soll und wird.