„Friedensgipfel“ bringt wohl noch mehr Krieg
In der Schweiz findet am Wochenende ein „Friedensgipfel“ für die Ukraine statt – doch einen schnelle Waffenruhe erwartet niemand. Die Zeichen stehen eher auf mehr Krieg.
Die Schweiz hat mehr als 160 Länder und internationale Organisationen eingeladen. Nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Oleksii Makeiev, hätten mehr als hundert Staaten zugesagt. Etwa die Hälfte davon schicken voraussichtlich Staats- und Regierungschefs.
Allerdings wird US-Präsident Biden nicht dabei sein. Für ihn ist der Wahlkampf in den USA wichtiger, er schickt seine Vizepräsidentin. China und Russland bleiben ganz fern – Russland war nicht eingeladen, und China wollte nur kommen, wenn auch Russland eingeladen würde 🙂
Was das Treffen unter diesen Umständen bringen kann, ist fraglich. Auch die Diskussionsgrundlage ist dünn. Wieder einmal soll es um die ukrainische „Friedensformel“ gehen, die schon mehr als ein Jahr alt ist und Friedens-Verhandlungen erst nach Abzug aller russischen Truppen vorsieht.
Man wolle über mögliche Ansätze von Verhandlungen verhandeln, heißt es in Brüssel. Konkret soll es um die Rückkehr tausender angeblich nach Russland entführter ukrainischer Kinder, die Sicherheit der Atom- und Energie-Anlagen sowie die ukrainischen Getreideexporte gehen.
Alles wenig glaubwürdig
Für all das sind aber internationale Gremien zuständig, die auch längst an möglichen Lösungen arbeiten. Letztlich dürfte es daher vor allem darum gehen, zu zeigen, dass die Ukraine nicht allein ist – und dass grundlegende völkerrechtliche Prinzipien hochgehalten werden.
Glaubwürdiger wäre dies allerdings, wenn man dasselbe für Gaza tun würde. Israel habe dort „die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Ausrottung, des Mordes, der geschlechtsspezifischen Verfolgung (…), der Zwangsumsiedlung, der Folter und der unmenschlichen und grausamen Behandlung“ begangen, so ein neuer Uno-Bericht.
Wenig hilfreich ist zudem, dass die G-7 und die Nato kurz vor dem „Friedensgipfel“ noch mehr Kriegsanstrengungen ankündigen. Die Nato will nun sogar ein neues Hauptquartier in Wiesbaden einrichten, wo die Waffenlieferungen koordiniert werden sollen…
Siehe auch Jetzt wird’s brenzlig: Die Nato übernimmt das Ruder in der Ukraine und unseren Update. – Mehr zum Krieg zum die Ukraine hier
P.S. Kurz vor dem Gipfel schießt auch Russland quer. Voraussetzung für eine Waffenruhe und Friedensgespräche sei der Abzug der ukrainischen Truppen aus vier besetzten Regionen sowie der Verzicht auf eine Nato-Mitgliedschaft, sagte Kremlchef Putin. Für den Westen ist das ein „No go“. Derweil ist es der Ukraine offenbar gelungen, die Gipfel-Erklärung nachzuschärfen. Daraufhin sollen mehrere Staaten die Teilnahme abgesagt haben…
Arthur Dent
16. Juni 2024 @ 17:31
@all
Es geht nur am Rande um die Ukraine. Die Ukraine ist gerade das Große Schachbrett, auf dem gespielt wird. (Who rules the world). Man verstopfe sich die Ohren, um nicht den Sirenenklängen zu verfallen. Beim gemeinsamen Haus Europas von Lissabon (eigentlich Dublin) bis Wladiwostok handelt es sich um einen „Eurasismus“, gemeint ist ein eurasischer Kontinent unter russischer Führung. Was den Amerikanern ihr Kissinger oder Brzezinski als geostrategische Vordenker, ist den Russen ihr Dugin. Das Leben der Normalsterblichen spielen in diesen Überlegungen nur eine untergeordnete Rolle.
Michael
15. Juni 2024 @ 10:48
Inzwischen höre ich auch dass die Zahl der teilnehmenden Staaten von über 100 auf 90 und zuletzt auf 80 reduziert wurde, von denen inzwischen nurmehr 45 von „heads of state“ vertreten sein sollen!? Außerdem ist offiziell wohl nicht mehr von „Friendskonferenz“ sondern nurmehr von „Ukrainekonferenz“ die Rede!? Gesichert scheint mir dass die Schweiz über ihre Beteiligung am Ukrainekonflikt (Sanktionen, Konferenz, etc.) inzwischen den Ausverkauf ihrer Neutralität betreibt und damit als politischer Verlierer dasteht!
exKK
15. Juni 2024 @ 10:44
Es geht dabei nicht um Frieden – es geht den Teilnehmern um Macht und Geld.
Und für uns Bürger und Wähler bedeutet das Ohnmacht und Kosten.
Stef
15. Juni 2024 @ 08:08
Es gibt derzeit keine Basis für Frieden.
Die Russen gewinnen militärisch, zwar langsam, aber dafür umso beständiger und nachhaltiger. Es besteht für sie keine Notwendigkeit sich bei Verhandlungen substanziell auf die andere Seite zuzubewegen. Von daher ist die Beobachtung durchaus richtig, dass Russland hier querschießt. Sie können entspannt einen Vorschlag machen, den ohnehin niemand annehmen will. Denn auf russischer Seite gibt es nicht wenige, für die die Preisgabe von Kharkiv und Odessa an Verrat grenzt. Ab jetzt kann Russland immer darauf verweisen, dass sie schon zum zweiten mal einen weitgehenden Vorschlag diesseits ihrer Maximalforderungen gemacht haben, nur leider vergeblich. Das nächste Mal dürfte sich die militärische Lage noch stärker zugunsten Russlands verschoben haben, womöglich werden dann Kharkiv und Odessa auf dem Tablett liegen.
Die ukrainische Staatsführung hat ebenfalls kein Interesse an Frieden. M. E. ist in der ukrainischen Regierungspolitik inzwischen der Zugriff auf immer weitere westliche Vermögenswerte durch die endemische korrupte Geldwaschmaschine die Hauptmotivation. Ein substanzieller Teil aller Zuwendungen wird von den aktuell Mächtigen abgezweigt zum privaten Vorteil einer korrupten Elite. Die Aussicht auf Frieden ist für diese Gruppe der Kriegsprofiteure verbunden mit dem Ende des warmen Regens, auf den man bequem Zugriff hat. Was nicht heißt, dass in Friedenszeiten die Korruption enden dürfte, die Ukraine war und ist ein außerordentlich korruptes Gebilde. Im Frieden sind es nur andere Gruppen und Personen, die den Besten Zugriff auf den warmen (Wiederaufbau) Regen haben werden.
Die dritte Partei, der US geführte Westen und seine aktuelle Machtelite, hat kein Interesse am Frieden, weil er inzwischen sein gesamtes politisches Kapital sowohl in die „Befreiung“ der Ukraine als auch in die eigene Aufrüstung und Kriegsvorbereitung investiert hat. Ersteres kann offensichtlich nicht erreicht werden, letzteres dürfte in Friedenszeiten unter den Bedingungen der Austerität deutlich an Durchschlagskraft verlieren.
Woher soll der Frieden denn kommen, wenn die jeweiligen Führungszirkel durch ihn nur verlieren können?
Godfried van Ommering
15. Juni 2024 @ 09:53
Es ist ein Teufelskreis den Sie malen, und der Frieden liegt weit draußen. Was bleibt übrig als einen endlosen Abnutzungskrieg? Wenn wir das nicht wollen, was können wir denn dagegen setzen? Der Gesichtspunkt: eine politische Lösung des Konflikts ist die zentrale politische Aufgabe der uns vertretenden Politiker ist der einzig vernünftige, – es fehlt ihnen aber gegenwärtig allseits an den politischen Willen ihn durch zu setzen. Die Bürger sollten Druck machen, es fehlt aber gegenwärtig allseits an eine wirklich bedeutende politische Mobilisation der Öffentlichkeit. Bleibt der Teufelskreis. Es macht mich sehr traurig.
Godfried van Ommering
14. Juni 2024 @ 19:56
Nein, Russland schiesst nicht quer:
„Putin sagte in der Rede ausdrücklich, dass Russland nicht an einem Waffenstillstand, also einem Einfrieren des Konfliktes, interessiert ist, sondern dass Russland eine umfängliche und endgültige Friedenslösung möchte. Und er wies darauf hin, dass der Preis im Falle einer Ablehnung des Vorschlages durch den Westen und Kiew bei künftigen Verhandlungen steigen werde.
Das entspricht dem, was Russland auch nach dem Abbruch der Verhandlungen in Istanbul durch Kiew im April 2022 gesagt hat, bei denen bereits eine Einigung erzielt worden war, die Kiew dann „in den Mülleimer geworfen hat“. Auch damals hat Russland erklärt, dass bei der Preis für Kiew bei künftigen Verhandlungen steigen werde, je länger die Kampfhandlungen dauern. Das ist geschehen, wie Putins Friedensvorschlag zeigt.
Putin schlug nun als Friedensvorschlag vor, die in Istanbul erreichte Einigung wieder zu anzuwenden. In Istanbul hatten sich Russland und die Ukraine darauf geeinigt, dass die Ukraine ein neutraler, blockfreier und atomwaffenfreier Staat bleibt, der keine ausländischen Truppen in sein Land lässt. Außerdem wurde eine detaillierte Abrüstung der Ukraine vereinbart.
Das hat Putin nun erneut vorgeschlagen, allerdings hinzugefügt, dass sich die Lage nach über zwei Jahren Kampfhandlungen geändert hat, weshalb Russland nun auch die Anerkennung der neuen Grenzen fordert, also die internationale Anerkennung der Krim und der Gebiete Lugansk, Donezk, Saporoschje und Cherson als russische Gebiete.
Außerdem forderte Putin wieder die Demilitarisierung der Ukraine, also letztlich die in Istanbul bereits vereinbarte Abrüstung, und die Denazifizierung der Ukraine. Konkret sagte er, dass er den Schutz der russischsprachigen Minderheit in der Ukraine fordert.
All das solle in einem internationalen, also völkerrechtlich verbindlichen Vertrag vereinbart und natürlich auch vom Westen anerkannt werden.
Putin sagte ebenfalls, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine sofort enden könnten, wenn Kiew beginnt, seine Truppen aus den genannten Gebieten zurückzuziehen. Weiteres Blutvergießen kann also verhindert werden, zumal Kiew ohnehin militärisch fast geschlagen ist und die ukrainischen Truppen inzwischen einen sinnlosen Abwehrkampf führen, bei dem sie nichts mehr gewinnen können.
Außerdem schlug Putin vor, dass man sofort nach Erreichen dieser Einigung zu echten und ehrlichen Verhandlungen auf Augenhöhe über eine neue und wirksame Sicherheitsarchitektur in Eurasien übergehen kann, um weitere Kriege und Krisen zu vermeiden.“
So zu lesen beim Anti-Spiegel. Thomas Röper bemüht sich um die Übersetzung der ganzen Rede Putins, – das Zitierte ist seine Zusammenfassung dieser Rede, die durchaus vernünftig ist, und Putins Willen zum Frieden, wie seinen politischen Weitblick zeigt. Selbstverständlich kommt Russland mit Maximal-Forderungen; Ukraine ebenso. Es soll ja unterhandelt werden, Gespräche, Unterhandlungen sollen stattfinden. Genau dasjenige was von der NATO und der Ukraine bei Gelegenheit wieder und wieder torpediert worden ist und weiterhin, so wie jetzt, und zwar sofort!, abgelehnt wird. Politiker, fragt doch einmal eueren Souverän, das Volk! Wir wollen Frieden!!! Sahra Wagenknecht ist die einzige, die diesen Ruf der Millionen, der Bürger Europas, der Ukraine und Russlands, zum Motiv ihres politischen Handelns macht und ihn Wort verleiht. Die sofortige Ablehnung von den russischen Vorschlägen durch die ukrainischen und westlichen Politiker macht mich wütend. Es gibt keine Alternative zum diplomatischen Weg zur Beendigung dieses schrecklichen, mörderischen Krieges. Aber sie wollen nicht; es ist ganz klar: diese Politiker setzen auf Krieg. Es war schon offenkundig, aber ab heute, seit dieser russischen Vorschläge, ist auch die letzte Hülle über die Perfidie des Westens dahin.
Skyjumper
14. Juni 2024 @ 21:09
Hmm. Also das sehe ich nicht so. Russland schiesst nach meiner Interpretation sehr wohl quer. Genauso wie der Westen hat nun auch Russland eine (nach aktuellen Frontverlauf) unrealistische Maximalforderung aufgestellt.
Russland hat es bisher nicht geschafft die fraglichen 4 Oblaste militärisch komplett zu besetzen. Lediglich Lugansk ist annährend komplett erobert. Mit der Istanbul-Lösung hat das nicht mehr viel zu tun.
Es fehlt weiterhin der Vermittler der beide Parteien OHNE Vorbedingungen an einen Tisch bringt. Weder die von der Ukraine geäusserte „Friedens“formel, noch der sogenannte Gegenvorschlag Russlands sind Konzepte die eine Aussicht auf Frieden schaffen.
Godfried van Ommering
14. Juni 2024 @ 22:02
Ich meine, irgendwann muss ein Anfang gemacht werden mit der Suche nach einen Weg der zum Frieden führt, und dann ist es schon bemerkenswert daß Vladimir Putin das Wort Frieden benutzt hat um die Intention Russlands bei Verhandlungen zur Beendigung des Kriegsgeschehens an zu deuten. Das ist schon etwas anderes als die immerwährenden Beteuerungen des Westens die das Auf-den-Knien Zwingen des Widersachers als unumgänglich darstellen: „Putin darf nicht gewinnen“ etc. Irgendwann muß der Anfang gewagt werden, und es macht einfach kein Sinn wenn der Westen mit der Ukraine sich endlos wiederholen mit diesen leeren Formeln über Putin als Tyrannen, und Russlands Politik als verräterisch, nur darauf aus Zeit zu gewinnen für geplante mörderische Feldzüge. Man sollte in der heutigen Weltlage die Gelegenheit ergreifen das Leiden, das Töten und Vernichten zu beenden. Und nochmals: solche Schritte zu einer Verhandlungslösung fangen immer an mit (Über)Forderungen, wie solche als von Putin aufgestellt. Das ist völlig erwartbar und es macht nichts; dumm aber ist es, die Gelegenheit aus zu schlagen, sie nicht zu ergreifen. Und dann noch wie in diesem Fall: automatisch, ohne wenn und aber! Mut zum Ergreifen einer Chance, so winzig sie zu sein scheint, das heißt: Politik betreiben!
Michael
16. Juni 2024 @ 11:29
Haben Sie schon einmal erlebt dass sich eine Partei mit „Minimalforderungen“ in Sondierungsgespräche oder Verhandlungen begibt?
Skyjumper
16. Juni 2024 @ 15:00
@Michael
Natürlich nicht. Mein Hauptpunkt ist a) der fehlende Vermittler und b) die (vom Westen) erklärte Haltung eben überhaupt nicht in Verhandlungsgespräche eintreten zu wollen „wenn nicht xxxx………“. Russland hat nun ansatzweise gleichgezogen. Dass das erwartbar war, dass das nachvollziehbar ist ….. alles unbenommen. Ändert aber nichts daran, dass es dadurch nicht einfacher wird.
Was nützen aufgebaute Verhandlungsmassen, wenn die Position so hart aufgestellt wurde dass es gar nicht erst zu Verhandlungen kommen kann?
Ergänzend kommt hinzu, dass die Ukraine offenbar gar nicht eigenständig verhandeln darf. Sondern immer erst beim „Westen“ nachfragen muss. Zumindest kann man das Ende der Istanbul-Gespräche so interpretieren.
exKK
14. Juni 2024 @ 18:08
„Man wolle über mögliche Ansätze von Verhandlungen verhandeln“
Was sollen das für Verhandungen sein?
Die eine Verhandlungspartei (Russland) hat man erst gar nicht eingeladen, die andere (Ukraine) will nur ihre Maximalforderungen durchsetzen, ihr wurden Verhandlungen ja sogar explizit per Dekret durch den inzwischen nicht mehr demokratisch legitimierten Präsidenten auf Abruf verboten.
Das ist ein Schmierentheater, nichts anderes.
ebo
14. Juni 2024 @ 18:16
Verhandlungen über Verhandlungen, aber ohne Verhandlungspartner – ist doch ganz einfach 🙂
Bogie
14. Juni 2024 @ 20:10
Brought peace! – Peace? Oh, shut up!
(Aus: Das Leben des Brian)
exKK
14. Juni 2024 @ 23:39
Genau, Bogie:
„Du musst feilschen!“
Und Feilschen fängt auf beiden Seiten immer mit Maximalforderungen an, um sich dann irgendwo dazwischen zu treffen.
Aber links und rechts von dem „Dazwischen“ wachsen derweil die Leichenberge. Sie wachsen nach der Ignoranz der USA gegenüber den Verhandlungsangeboten Russlands im Herbst/Winter 2021/22, sie wachsen weiter seit der Torpedierung des Istanbuler Abkommens durch USA/UK in Gestalt des (w)irren BoJo, und sie werden weiter wachsen mit jedem Tag, an dem der Westen und das Regime in Kiew ihren feuchten Wunschträumen anhängen.