Drei-Klassen-Demokratie

Die Uhr tickt: Nur wenn Griechenland bis Freitag einen Hilfs-Antrag stellt, wollen die Geberländer zahlen – vielleicht. Hinter dem Ultimatum, das zwei Wochen zu früh kommt, steht ein bizarres Demokratie-Verständnis.

Erinnert sich noch jemand an die Europawahl? Die EU wollte mehr Demokratie wagen, die Spitzenkandidaten Juncker und Schulz versprachen mehr Bürgernähe und Mitbestimmung.

Aus, vorbei. Seit dem geplatzten Treffen der Eurogruppe mit Griechenland zählen Juncker, Schulz und das Europaparlament nicht mehr. Auch das griechische Parlament hat nichts zu melden.

Es zählen nur noch die Gläubiger und deren Volksvertreter – aber auch nicht alle: Nur Deutschland, Finnland und Holland haben de facto die Macht, Griechenland den weiteren Kurs zu diktieren.

Bundestag in der Oberklasse

Weil diese drei Länder ihre Parlamente zu jeder Änderung des laufenden Hilfs-PROGRAMMS für Griechenland befragen müssen und das PROGRAMM am 28.2. abläuft, ist nun Eile geboten.

Schon bis Ende dieser Woche soll Griechenland das PROGRAMM verlängern – danach wird es nämlich für Bundestag & Co. zu knapp. So und nicht anders ist das Ultimatum zu erklären.

Wenn man das zu Ende denkt, leben wir in einer Drei-Klassen-Demokratie: Ganz oben Bundestag sowie niederländisches und finnisches Parlament: Ihre Tagesordnung gibt in Brüssel den Takt vor.

Paris muss das Parlament entmachten

Ganz unten in der Demokratie-Hackordnung stehen die Griechen – selbst eine Abwahl der korrupten Eliten ändert nichts an ihrem Schicksal.

Irgendwo dazwischen – der Rest EUropas. Wobei angeblich reformbedürftige Länder wie Frankreich auch schon mal das Parlament entmachten müssen – wie gestern geschehen.

Und wo wäre in diesem Szenario das Europaparlament? Wir ahnen es schon: Nirgendwo! Es hat zwar vor der Europawahl die Abschaffung der Troika gefordert, weil diese versagt habe.

Das Europaparlament zählt gar nicht

Doch das zählt im aktuellen Streit ebenso wenig wie die Meinung zum Schuldenstreit. Denn die EU-Abgeordneten haben in Bailout-Entscheidungenschlicht und einfach nichts zu melden.

Und so können ein paar nicht für die EU gewählte Finanzminister anderen Finanzministern Ultimaten stellen, ohne dass das EU-Parlament auch nur informiert wird.

Viel wichtiger ist Finnland, wo im April Wahlen anstehen…die offenbar viel wichtiger sind als die Europawahlen vor einem Jahr. Ach, Europa…