Ukraine-Krieg: Deutschland in der Defensive

Im Ukraine-Krieg ist Deutschland in die Defensive geraten. Zu wenig Waffen, zu wenig Sanktionen, zu viel Appeasement – so der Vorwurf aus Kiew. Doch nun drängt Berlin in die erste Reihe, jedenfalls verbal.

Dies zeigen zwei Meldungen des Tages.

Erst erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, Deutschland sei einer der wichtigsten militärischen Unterstützer der Ukraine. Nach Gewicht liege man bei den Lieferungen wohl auf Platz zwei, nach Wert der Lieferungen auf Platz drei, sagt er. Details will er aber nicht nennen, auch nicht welche Waffentypen Deutschland liefert.

Dann erklärte Regierungssprecher Hebestreit die deutsche Bereitschaft, Sicherheitsgarant für die Ukraine in einer Nachkriegsordnung zu sein.

„Präsident (Wolodymyr) Selenskyj hat in mehreren Telefonaten mit dem deutschen Bundeskanzler auch die Frage nach einer Bereitschaft, Sicherheitsgarant zu werden, gestellt“, sagte Hebestreit. „Der Bundeskanzler hat eine generelle Bereitschaft signalisiert für Deutschland.“

Was sagt uns das?

Nun, offenbar wirkt der Druck. Selenskyj, seine Berater und sein Botschafter in Berlin hatten zuletzt ein regelrechtes Deutschland-Bashing betrieben. Auch Polen und die USA haben hinter den Kulissen Druck gemacht. Ihnen genügt die Berliner „Zeitenwende“ nicht – sie wollen Deutschland mehr oder weniger direkt in den Krieg ziehen.

Die Äußerungen zeigen aber auch, dass es immer noch keine Strategie gibt – sieht man von der Eindämmung Russlands ab. Die Bundesregierung verfolgt weiter den Kurs, dass Selenskyj entscheiden müsse, wie der Krieg weitergeht und wie der Frieden aussehen soll.

Selenskyj will Waffen? Okay, wir liefern. Selenskyj will Garantien? Kein Problem, wir stehen bereit!

Deutschland und die EU führen nicht, sondern sie lassen sich führen. Wobei man getrost davon ausgehen darf, dass Selesnkyj seinerseits von den USA geführt – pardon: beraten – wird.

US-Präsident Biden macht jedoch selbst keinen guten Eindruck. Er steht, folgt man einem Bericht von „Consortium News“, selbst unter Druck. Tauben und Falken in Washington ringen um Einfluß.

Letztlich wird der Fortgang des Krieges in Washington entschieden. Berlin versucht zwar, durch direkte Gespräche mit Kiew und Moskau noch irgendwie Einfluß zu nehmen. Doch diese Versuche wirken hilflos und schwach im Vergleich mit dem Druck, der auf Deutschland lastet…

Siehe auch „Die USA heizen den Krieg an – mit Deutschland als Drehkreuz“

P.S. Scholz ist es immerhin gelungen, Kremlchef Putin von seinem Plan „Gas nur gegen Rubel“ abzubringen. Putin habe in einem Telefonat zwar gesagt, das Gaslieferungen ab dem 1. April in Rubel zu begleichen seien, erklärte Regierungssprecher Hebestreit. „Zugleich betonte er in dem Gespräch, dass sich für die europäischen Vertragspartner nichts ändern werde.“ Jedenfalls so lange, wie die Geschäfte über die Gazprom-Bank abgewickelt werden. Doch was passiert, wenn auch die auf die EU-Sanktionsliste kommt?