Secondhand-Klamotten fürs Klima, (keine) Rubel fürs Gas – und Sanktionen forever?

Die Watchlist EUropa vom 31. März 2022 –

Nachhaltige und klimaverträgliche Produkte sollen in der EU zur Norm werden. Zudem sollen bis 2030 alle Textilien wiederverwertbar sein. Die Secondhand-Mode weise den Weg in eine umweltgerechte Zukunft, sagte EU-Klimakommissar Frans Timmermans. Künftig sollten die Bürger ihre Kleidung nicht nur zweimal, sondern sogar dreimal tragen und weiterverkaufen.

Der Vorstoß ist Teil eines Pakets zur Kreislaufwirtschaft. Darüber redet die EU schon seit fast zehn Jahren. Doch Taten ließen auf sich warten; auch die jüngste Initiative wurde mehrfach verschoben.

Nun sei aber der richtige Zeitpunkt gekommen, so Timmermans. Die Coronakrise habe gezeigt, dass das Zeitalter der Wegwerf-Gesellschaft zu Ende gehe. Und der Ukrainekrieg zwinge zur Sparsamkeit bei Rohstoffen.

Die nun vorgelegten EU-Pläne reichen von Textilien über Baustoffe bis hin zu Verbraucherrechten. Bei Kleidern sind Mindestwerte zur Verwendung von Recyclingfasern geplant. Die Modeartikel sollen zudem selbst leichter wiederverwendet werden können.

Das Vernichten unverkaufter Ware würde unter bestimmten Bedingungen verboten. “Jede Sekunde landet eine LKW-Ladung Textilien auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen”, sagte Timmermans. Das könne so nicht weiter gehen. Zudem will Brüssel die Freisetzung von Mikroplastik aus Textilien bekämpfen.

Kein “Greenwashing”

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Die Vorschläge sind Teil der sogenannten Ökodesign-Richtlinie. Sie war schon 2005 erlassen worden und wird nun schrittweise ausgeweitet.

Auf das Aus für herkömmliche Glühbirnen, die als Stromfresser vom Markt genommen wurden, folgten detaillierte Vorgaben für zahlreiche Geräte wie Fernseher und Kühlschränke. Nun kommen neben Textilien auch Möbel, Matratzen oder Reifen an die Reihe.

Geplant ist zudem ein Ausbau des Verbraucherschutzes. „Greenwashing“ durch falsche oder irreführende Angaben zu „grünen“ oder „umweltfreundlichen“ Produkten soll es künftig nicht mehr geben. Außerdem soll keine Aussage zur Umweltverträglichkeit eines Produkts gemacht werden dürfen, wenn es tatsächlich nur um einen bestimmten Teil dieses Produktes geht.

Auch die Angaben zu Haltbarkeit und Garantie sollen verbessert werden. Das Europaparlament muß den Vorschlägen noch zustimmen. Die ersten Reaktionen fielen positiv aus.

“Ein Meilenstein”

Von einem „Meilenstein“ sprach die Vorsitzendes des Binnenmarkt-Ausschusses, die deutsche Grünen-Politikerin Anna Cavazzini. “Der Vorschlag für eine nachhaltige Produktpolitik ist ein Durchbruch auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft und somit zum klimaneutralen Kontinent“, sagte sie.

Ähnlich äußerte sich der europäische Verbraucherverband BEUC. Die EU-Kommission habe einen „breiten und ambitionierten“ Ansatz gewählt, der Unternehmen und Verbraucher einbeziehe, sagte BEUC-Chefin Monique Goyens.

Weniger begeistert zeigt sich die Industrie. Sie warnt vor Über-Regulierung und zusätzlichen Kosten. Die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden, sagte Markus J. Beyrer vom Lobbyverband BusinessEurope in Brüssel.

Watchlist

Rollt der Rubel – oder nicht? Kremlchef Putin trifft am Donnerstag Vertreter des Gasriesen Gazprom und der russischen Zentralbank, um auf die Umstellung westlicher Zahlungen für Gas von Euro und Dollar auf Rubel zu drängen. In einem Telefonat mit Kanzler Scholz hat Putin durchblicken lassen, dass er Zahlungen in Euro noch einige Zeit zulassen könnte, zumindest über die (noch nicht sanktionierte) Gazprom-Bank. Deutschland steht besonders unter Druck, weil die Industrie sehr von Gas aus Russland abhängig ist. – Mehr hier

Was fehlt

Ein Ende der Sanktionen. Ein erzwungener Frieden zwischen der Ukraine und Russland wird nach Darstellung des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte nicht zu einer Lockerung der europäischen Sanktionen führen. “Ein Friedensabkommen bei vorgehaltener Waffe, das den Verlust ukrainischen Territoriums und Souveränität bedeutet, ist nicht der Weg zurück zur Normalität”, sagt Rutte bei einem Staatsbesuch in Spanien. Wie und wann es zu einer Lockerung kommen könnte, sagte er nicht…