Türkei: EU übt sich in Appeasement
Der autoritär-islamische Putsch in der Türkei ist fast vollendet. Sultan Erdogan hat nun auch den Rest der Opposition geknebelt. Und was macht die EU? Sie übt sich in Appeasement.
Man verurteile die Verhaftung von Oppositionspolitikern, wolle den Gesprächsfaden aber nicht abreißen lassen, sagte Außenbeauftragte Mogherini nach einem Krisentreffen der EU-Botschafter in Ankara.
Besonders weit treibt das Appeasement wieder einmal Parlamentschef Schulz. Statt sich mit den verhafteten Politikern zu solidarisieren, telefonierte er mit Premier B. Yildirim.
Und statt endlich Sanktionen vorzubereiten, plant Schulz nun noch engere Konsultationen mit dem Unrechtsstaat in Ankara. Europäische und türkische Unterhändler sollen eine “Eskalation” vermeiden.
Dabei ist die Eskalation längst eingetreten. Zwar soll auch über verhaftete Oppositionspolitiker und Journalisten geredet werden – mit dem Ziel, diese Personen möglichst rasch freizubekommen.
Doch damit eröffnen Schulz & Co. der türkischen Regierung auch die Möglichkeit, die Verhafteten als Faustpfand zu nutzen – etwa im Streit um die Visa-Liberalisierung.
Was als “De-Eskalation” verkauft wird, könnte so den nächsten Kniefall vor Sultan Erdogan vorbereiten…
Siehe auch “Wendepunkt in der Türkei – auch für EUropa?” und “Warum die Türkei zur Gefahr wird”
.
kaush
6. November 2016 @ 18:47
In Wikipedia gibt es eine treffende Beschreibung, wie der Begriff “Appeasement-Politik” instrumentalisiert wird.
“…Das offensichtliche Scheitern der Appeasement-Politik 1939 dient immer wieder in unterschiedlichsten Ausgangspositionen als Begründung, wenn es darum geht, ein schärferes Vorgehen gegen einen „Feind“ zu fordern oder einen Präventivkrieg zu rechtfertigen.
In der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre verglichen konservative Kommentatoren damit die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition und später das Verhalten der Friedensbewegung gegenüber der Sowjetunion. In der DDR hingegen diente sie als Vorwurf gegenüber westlichen Politikern, Alt- und Neonazis zu sehr entgegenzukommen.
Das Argument tauchte auch im Falklandkrieg (1982) und vor dem Zweiten Golfkrieg (1990), dem Kosovokrieg (1999) und im Irakkrieg (2003) auf. Es wird außerdem im Zusammenhang mit dem sogenannten Kampf der Kulturen geäußert…”
(Quelle: Wikipedia).
kaush
6. November 2016 @ 14:50
“Appeasement”?
Die Türkei ist doch ein souveräner Staat, oder?
Was sollten wir denn tun? Nach Syrien, in der Türkei einfallen? Was????
GS
6. November 2016 @ 18:48
Außengrenzen mal selbst schützen. Zahlungen an Türkei einstellen.
astras
5. November 2016 @ 22:36
Yildirim wies die (verhaltene) Kritik einiger EU-Politiker lautstark und prahlerisch im türkischen Parlament ab.
Seine Begründung: Es sei das ‘türkische Volk’ das die Regeln macht. Nur der ‘türkische Volkswille’ sei alleinige Richtlinie des Handelns der Regierung. Völkerrecht, Menschenrecht, alles unwichtig.
Die Tour diktatorische Entscheidungen und die Abschaffung des Rechtstaats derart zu Begründen sollte in Deutschland eigentlich wohl bekannt sein und schärfere Reaktionen provozieren.
Peter Nemschak
5. November 2016 @ 12:24
Auch Schweizer Parlamentarier des zuständigen Außenausschusses plädieren trotz der Politik Erdogans für ein Offenhalten des Dialogs. Sanktionen der EU würden das für die EU relativ günstige Flüchtlingsabkommen zu Fall bringen. Manche wollen das, aber es macht realpolitisch wenig Sinn. Der Westen hat, das muss mit Bedauern festgestellt werden, wenig Einfluss auf die Politik Erdogans. Seine Politik wird letztlich der Türkei schaden und damit über kurz oder lang einen innenpolitischen Wandel einleiten.