Brexit: Die Stimmung kippt
Die Mehrheit für den Brexit ist futsch. Das legt eine Umfrage nahe, die der “Independent” zitiert. Demnach sind nun 51 % der Briten gegen den EU-Austritt.
Okay, 49 % sind immer noch dafür. Das Ergebnis ist äußerst knapp. Aber es wird vom Remain-Camp genutzt, um in die Offensive zu gehen.
So wollen die EU-Befürworter nun versuchen, die Mehrheit der Abgeordneten zu mobilsieren, die ebenfalls gegen den Brexit ist.
Ihnen spielt das Gerichtsurteil in die Hände, das besagt, dass die Regierung das Parlament nicht einfach übergehen darf. Zum Zünglein an der Waage könnte Labour werden.
Denn die Oppositionspartei versucht, Premierministerin May im Parlament an die kurze Leine zu legen. Dies könnte den Start der Austritts-Verhandlungen verzögern.
In Brüssel scheint man damit schon zu rechnen. Jedenfalls wollte Kommissisonschef Juncker bei einem Telefonat mit May keinen Druck machen. Wenn London mehr Zeit brauche, sei das eine innerbritische Angelegenheit.
In Wahrheit spielt mittlerweile auch die EU auf Zeit. Manch einer hofft wohl, dass die Stimmung in UK weiter kippen könnte – und der Exit vom Brexit möglich wird…
astras
4. November 2016 @ 17:36
In gewisser Weise schade. Wenn man bedenkt wie sehr gerade die Briten neoliberale Politik in der EU forciert haben. Merkel würde ein wichtiger Verbündeter abhanden kommen.
Peter Nemschak
6. November 2016 @ 15:22
Großbritannien hat schon vor der neoliberalen Wende mehr schlecht als recht funktioniert. Das Land war schon davor eine sozial gespaltene Klassengesellschaft mit einem bei allen sozialen Klassen ausgeprägten Klassenbewusstsein. Der englische Sozialstaat der 50-iger und 60-iger Jahre wurde nicht von einer sich modernisierenden Gesellschaft “erarbeitet” sondern aus den schwindenden Reserven des ehemaligen Imperiums finanziert bis es nicht mehr ging. Auf den dort lebenden Kontinentaleuropäer wirkte das Land 1970 unglaublich antiquiert. Von der seit Ende der 1970-iger Jahre einsetzenden neoliberalen Wende waren alle Länder Europas betroffen, ebenso von der seit 1990 sich beschleunigenden Globalisierung. Nachdem die Auswirkungen sehr unterschiedlich waren, muss es tieferliegendere Ursachen geben, die in der unterschiedlichen historischen Entwicklung der europäischen Gesellschaften zu suchen sind. Staaten leben offenbar mehr in der Zeit als im Raum, ihre Geschichte ist ihr Gedächtnis und Grundlage ihres politischen Handelns.
S.B.
4. November 2016 @ 16:36
Traue keiner Umfrage. 😉 Das hat uns doch schon die Brexit-Abstimmung gelehrt.
“Manch einer hofft wohl, dass die Stimmung in UK weiter kippen könnte – und der Exit vom Brexit möglich wird”
Sollte der Exit vom Brexit noch kommen, wird es möglicherweise keinen Entry in die EU mehr geben, denn diese befindet sich quasi in Auflösung. Es fehlt nur noch der formelle Akt. Inhaltlich geht in diesem Sinne schon länger nicht mehr viel.