Tsipras soll wieder betteln
Die EU-Asylpolitik funktioniert nicht. Nur fünf Staaten haben die EU-Regeln voll umgesetzt, teilte die EU-Kommission mit. Doch nur einer soll nun zu Kreuze kriechen alles umkrempeln: Griechenland.
Der wiedergewählte Premier Tsipras soll beim EU-Flüchtlingsgipfel am Mittwoch Abend um Hilfe bitten, heißt es in Brüssel. Tsipras soll beantragen, dass die EU in seinem Land einen “Hot Spot” aufmacht.
Dort würden die Flüchtlinge dann unter EU-Aufsicht registriert und auf Europa verteilt. Davon redet Brüssel zwar schon lange, doch erst jetzt will man den Plan umsetzen – mit Tispras’ Hilfe.
Auf die Idee, Griechenland zu helfen – etwa im Rahmen des Schuldenstreits im Frühjahr – ist niemand gekommen. Auf die Idee, die Türkei härter ranzunehmen, von wo die meisten Flüchtlinge kommen, auch nicht.
Im Gegenteil: Unser Nato-Partner soll nun noch mit einer Mrd. Euro für seine “Kooperation” belohnt werden. Präsident Erdogan kann sich freuen. Tsipras hingegen muss wieder betteln…
OXIgen
24. September 2015 @ 22:08
Schon vergessen, dass Griechenland schon seit geraumer Zeit kein souveräner Staat mehr ist? Tsipras, der de facto nur noch eine formale Rolle spielt, muss nicht betteln, sondern – ebenfalls pro forma – lediglich ein offizielles Hilfsersuchen an die EU stellen, damit diese den Hot Spot aufmacht und betreibt. Völlig klar, dass er sich dem nicht widersetzen kann, zumal ihm der Einsatz eigener finanzieller Mittel nicht erlaubt ist. Erstens hat er die ohnehin nicht, und wenn er sie hätte, dürfte er sie dafür nicht verwenden. Direkte Finanzhilfe, die explizit für die Bewältigung der Flüchtlingskrise bestimmt ist, wird er auch nicht bekommen.
Inzwischen ist der Tourismus auf Lesbos, Kos und anderen Inseln komplett zusammen gebrochen, Reiseveranstalter haben die Nachsaison (normal bis Ende Oktober) gestrichen. Ironie am Rande: vor allem die Buchungen türkischer Reiseunternehmen für Ende September fallen fast vollständig aus.
Und die Gelackmeierten sind mal wieder die Griechen, die sich gegen den täglich immer noch größer werdenden Migrantenansturm auf ihren Inseln nicht wehren können.
Wie so ein Hot Spot praktisch funktionieren soll, wissen wohl auch nur die durchgeknallten Traumtänzer in Brüssel. Was z.B. soll mit den Migranten geschehen, die keine Aussicht auf Asyl haben (und das dürften die meisten sein)? Sobald das Wetter nicht mehr mitspielt, was absehbar ist, wird die Lage in Griechenland richtig bedrohlich werden.
Cottin
23. September 2015 @ 20:10
Seit Jahren verfolge ich Eure / Ihre Kommentare hier im Blog. Das ist auch super interessant und es gibt viele Ideen bezüglich der EU Politk, was sie falsch oder richtig macht.
Aber im Moment, bezüglich der Flüchtlinge, geht es um reale Menschen die nun im Elend und Versagen der EU, in die EU Länder strömen. Ist es nicht nun auch an der Zeit mal zu reagieren in Form von Taten. Es gibt super Twitter Accounts die was bewegen und direkt den Menschen helfen. Ich glaube, auch wenn dieser Blog hochpolitisch seine Meinungen äußert, es nun an der Zeit ist zu reagieren.
Vielleicht auch als Journalisten …, Banker etc. …
PS ich komme aus einer anderen Branche/ Textilien un die ist schon sehr unmenschlich.
Peter Nemschak
23. September 2015 @ 14:28
Der Schuldenstreit (=Reformpaket) und das Flüchtlingsthema sind zwei völlig separate Agenden. Für letzteres wird die EU Griechenland auf Ersuchen von Tsipras gesondert finanzielle Unterstützung geben müssen.
ebo
23. September 2015 @ 15:02
Ich hätte nicht gedacht, dass sie so naiv sind! glauben Sie wirklich, dass es Zufall ist, dass seit Anfang des Jahres immer mehr Flüchtlinge über die Türkei und Griechenland nach Österreich und Deutschland kommen? Hätte man Tsipras früher geholfen – auch und gerade im Schuldenstreit – wäre manches anders gekommen…
Reinard
23. September 2015 @ 15:20
@ebo. Nun eben. Das wollte man nicht. Die Frage nach dem warum stelle ich nicht. Die darf @nemschak raten…
Peter Nemschak
23. September 2015 @ 16:29
@ebo Wenn man damals die Größe des Flüchtlingsstroms vorhergesehen hätte, hätte man im Eigeninteresse Griechenland in dieser Frage, unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der notwendigen Reformen, unterstützt. Ob allerdings eine verstärkte Unterstützung Griechenlands viel geändert hätte, ist mehr als fraglich. Der massive Flüchtlingsstrom nach Europa hat mehre Ursachen, nicht zuletzt, dass die EU verabsäumt hat, die Nachbarländer Syriens, welche die meisten Flüchtlinge beherbergten, finanziell zu unterstützen.
ebo
23. September 2015 @ 18:13
Griechenland kämpft seit Jahren mit dem Flüchtlingsproblem, schon unter Ihrem gelobten Herrn Samaras. Leider war Frau Merkel damals noch nicht direkt betroffen…
Peter Nemschak
23. September 2015 @ 18:16
Eine unbewiesene Behauptung.
ebo
23. September 2015 @ 18:27
Hier ein Artikel von 2012, Samaras wird zitiert:http://www.ekathimerini.com/145352/article/ekathimerini/news/greece-readies-plans-to-shelter-20000-syrian-refugees-on-islands