Trotz Rechtsstaats-Streit: Polen soll EU-Milliarden erhalten

Die EU-Kommission will Fördergelder in Milliardenhöhe an Polen freigeben – trotz eines Streits über den Rechtsstaat zwischen Präsident Duda und Premier Tusk. Misst sie mit zweierlei Maß?

Diese Frage wirft ein Bericht der “FT” auf. Demnach plant die EU-Kommission, Fördergelder in zweistelliger Milliardenhöhe freizugeben. Das Blatt spricht von 76,5 oder sogar mehr als 100 Mrd. Euro, die unter der alten PiS-Regierung von Brüssel “eingefroren” wurden.

Allerdings ist der Rechtsstaat nach dem Regierungswechsel noch längst nicht wiederhergestellt. Zudem tobt ein erbitterter Streit zwischen Präsident Duda und Regierungschef Tusk. Duda, der als PiS-Mann gilt, hat einige geplante Justiz-Reformen blockiert.

Brüssel will trotzdem zahlen – und hat Justizkommissar Reynders nach Warschau geschickt, um mögliche Lösungen zu prüfen. Dies ruft Ungarn auf den Plan. Dort wittert man “Doppel-Standards”: Polen genieße offenbar eine Vorzugs-Behandlung.

Da ist was dran – vor allem, wenn man auf das Europaparlament schaut. Die Abgeordneten drohen der EU-Kommission mit Klage, weil sei rund 10 Mrd. an Ungarn freigegeben hat. Gegen die Zahlung an Polen haben sie jedoch nichts einzuwenden.

Sogar die Ukraine bekommt Geld

Auch die geplante 50 Mrd.-Finanzsspritze an die Ukraine trifft nicht auf rechtsstaatliche Bedenken – dabei gilt das Land weiter als korrupt. Der US-Council on Foreign Relations hat gerade wieder auf die Rechtsstaats- und Demokratie-Probleme in Kiew verwiesen.

Hier drängt sich der Eindruck auf, dass nach politischen Kriterien entschieden wird – Freunde der EU bekommen Geld, Kritiker nicht. Das Hauptproblem ist aber die mangelnde (demokratische) Kontrolle. Denn die EU-Kommission agiert eigenmächtig.

Warum sie im Dezember 10 Mrd. für Ungarn freigab ist ebenso wenig transparent wie die nun geplanten Zahlungen an Polen und die Ukraine. Das Europaparlament, das theoretisch das Budgetrecht haben sollte, ist außen vor. Auf Dauer kann das nicht gutgehen…

Siehe auch “Die neue EU-Krise: Haushalt außer Kontrolle”