Schäuble für Grexit, Juncker dagegen
Es musste wohl so kommen: Bundesfinanzminister Schäuble erwägt nun ganz offen einen Grexit. Derweil spricht sich Kommissionschef Juncker entschieden dagegen aus.
Juncker hat heute mit dem griechischen Premier Tsipras gesprochen, Schäuble nicht. Offenbar ist auch sein Draht zu seinem Amtskollegen Varoufakis abgebrochen.
Genau diese Funkstille wird für Schäuble nun zum entscheidenden Argument für einen “ungewollten” Grexit – und für eine klare Schuldzuweisung. Zitat:
“Da ja die Verantwortung, die Möglichkeit, zu entscheiden was passiert, nur bei Griechenland liegt, und da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es nicht ausschließen”
Juncker hat alles getan, um genau diese brenzlige Situation zu verhindern. Doch seine Vermittlungsversuche wurden von Schäuble systematisch hintertrieben… – Mehr hier
luciérnaga rebelde
14. März 2015 @ 18:49
Ich habe immer mehr das Gefühl, es geht letztendlich um “metaphysische Hoden”: auf der einen Seite eine Reihe verknöcherter Beamten, die ihr Plätzchen behalten wollen, auf der anderen Seite zwei verzweifelnde Männer, die einem Volksmandat nachkommen müssen. Wenn diese aber ihre Versprechen nicht halten können, riskieren wir eine kryptofaschistische Regierung in GR mit Dominoeffekt in den PIGS. Oder geht es genau darum? Besser rechtsextrem als auch nur moderiert links?
torsten
13. März 2015 @ 20:44
Was soll das denn, die griechische Tragödie immer wieder auf persönliche Konflikte zwischen den Entscheidungsträgern zu reduzieren? Was wäre denn anders, wenn Schäuble mit Tsipras oder Tsipras mit Schäuble reden würde? Nichts! Die EU-Vorderen und die neue griechische Regierung haben beide dasselbe falsche Ziel: Griechenland im Euro zu halten. Der Euro ist aber nicht die richtige Währung für Griechenland! Wird sie auch nicht werden nach dem x-ten Rettungsversuch. Griechenland hätte längst Kapitalverkehrskontrollen einführen müssen! Warum gibt es noch immer keine? Griechenland hat zweimal zweckgebundene EU-Gelder zur Errichtung eines Liegenschaftskatasters zweckwidrig vergeudet! Wie soll es denn da eine vernünftige Immobilienbesteuerung betreiben, die alle anderen EU-Staaten? Wenn Griechenland kein Steuerehrlichkeit durchsetzen kann oder will , bitte sehr, dann sollten wir ihnen keine Vorschriften machen, aber auch kein Geld mehr geben. Etwaige berechtigte Ansprüche aus der Nazizeit sollte eine neutrale Kommission ermitteln, aber dann ist auch Schluss. Wenn die Griechen nicht merken, dass man als Staat nicht nur Gelder in KONSUMPTUVE sondern auch in INVESTIVE (also mit künftigen Erträgen!!) Sektoren lenken muss, dann nützen auch die größten Entschädigungszahlungen nichts. Immer noch importiert Griechenland Hollandtomaten und Zitronen. Wie absurd ist das denn?
Griechenland braucht die Drachme + Importzölle + ein Geschäftsmodell + Kapitalverkehrskontrollen + eine funktionierende Steuerverwaltung. Fehlt nur eine dieser Faktoren, ist Griechenland verloren. Es scheitert am Fehlen dieser Faktoren und nicht daran, wer noch mit wem auf EU-Ebene redet.
thewisemansfear
14. März 2015 @ 08:06
Griechenland braucht die Drachme + Importzölle + ein Geschäftsmodell + Kapitalverkehrskontrollen + eine funktionierende Steuerverwaltung.
Die Drachme braucht es nicht unbedingt, aber denk das doch mal zu Ende. Wenn GR aufhören würde mehr zu importieren als es exportiert – WER kommt denn dann ins Hintertreffen? Nicht etwa die Exportüberschussländer die MEHR exportieren als sie importieren?! Das hängt doch alles zusammen, wird aber ständig ausgeblendet/verleugnet.
GR steht jetzt aktuell am Pranger, wenn die ihren Laden in den Griff kriegen sollten, sind noch genug andere PIGS Staaten übrig, die dann im Rampenlicht stehen. Und immer ist auch der Überschussweltmeister betroffen. Lautet die “Lösung” für die Länder dann auch wieder ihre eigene Währung einzuführen? Dann wird es langfristig einsam rund um Deutschland werden, sollte die Überschuss-Strategie nicht an den Nagel gehängt werden (Inlandsnachfrage!). Am Ende wären an die 20 Jahre Währungsunion-experimentieren in den Sand gesetzt, ohne das Kernproblem adressiert zu haben: Wie kann man Überschüsse und Defizite (die sich einander bedingen) abschmelzen und mittel-/langfristig verhindern. Währungsauf- und abwertungen machen nichts anderes, aber immer erst im NACHgang und mit entsprechenden Verwerfungen. Die Schweizer Exportindustrie setzt wegen der Franken-Aufwertung gerade auch Leute vor die Tür, die preisliche “Wettbewerbsfähigkeit” ist über Nacht passé.
Tim
13. März 2015 @ 12:56
Jetzt äußert sich Schäuble erstmals sinnvoll zum Grexit – und Dir ist auch das wieder nicht recht, obwohl Du Schäubles Grexit-Verhinderung immer angeprangert hast.
Sag mal, ist das was Persönliches zwischen Euch beiden? Plausibel ist ja an Deiner Schäuble-Bewertung inzwischen wirklich gar nichts mehr. 🙂
ebo
13. März 2015 @ 13:13
@Tim
Tja, wenn Du nicht zwischen Taktik und Strategie unterscheiden kannst…
Hyperlokal
13. März 2015 @ 12:47
Griechenlands Haushalt ist mehr oder weniger ausgeglichen. Der beste Zeitpunkt für einen Schuldenschnitt, um die Schulden nicht noch weiter anwachsen zu lassen zum Schaden für alle Beteiligten, auch des deutschen Steuerzahlers.
Das ist eine schlichte logische Schlussfolgerung. Unwiderlegbar. Die Griechen können ab heute wirtschaften und wieder wachsen, ohne sich neu zu verschulden.
Dass dies von Schäuble offensichtlich nicht gewollt ist, kann demnach nur (!) damit zusammenhängen, dass die Privatisierung öffentlicher Geschäftsfelder und Güter zum Wohle und zur Bereicherung einiger weniger einflussreicher Oligarchen und Finanzstrukturen, von denen Schäuble ganz offensichtlich abhängig ist, noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt noch einiges zu erbeuten, wofür bis jetzt wohl die Zeit noch nicht reichte.
Schäuble macht sich demnach zum Mittäter räuberischer Strukturen.
Außerdem kann er seine Politik nicht logisch begründen. Er hat lange genug Zeit gehabt für Erfolge mit seiner Politik.
Das einzige, was er auf der Plus-Seite verbuchen kann, ist der ausgeglichene Haushalt. Schulden und Arbeitslosigkeit nehmen aber weiter gigantisch zu. Die griechische Wirtschaft war schon letztes Jahr im freien Fall. Schäuble hatte uns ja was von Wirtschaftswachstum vorgelogen.
Schäuble und Dijsselbloem und andere haben komplett versagt. Sie müssen zurücktreten. Und zwar sofort. Denn sie sind zu unflexible, um sich zu korrigieren und außerdem werden sie von der Finanzindustrie gesteuert, wie ihre Politik in anderen Feldern belegt (Bankenrettung). Solche Leute sind gefährlich, wenn man sie nicht entsorgt.
GS
13. März 2015 @ 12:18
Also, ebo, dann müsste es ja nun bald passieren, denn nach Deiner Meinung bestimmt schließlich Schäuble alles. Ich bin gespannt.
ebo
13. März 2015 @ 12:39
@GS
Nein, da hast Du mich falsch verstanden. Das überragende Interesse Deutschlands ist es, dass Griechenland im Euro bleibt und seine Schulden abstottert. Das taktische Ziel Schäuble war es, jede Änderung der Konditionen zu verhindern. Das hat er erreicht, trotz Junckers Bemühungen. Da beide Ziele – das taktische und das strategische – widersprüchlich, um nicht zu sagen unvereinbar sind, und die Griechen kräftig Öl ins Feuer gießen, haben wir jetzt diese Krise.
Marcel
13. März 2015 @ 11:41
Das kommt davon, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht. Eine klare gibt es in der EU nicht und das kommt dabei raus. Ob gewollt oder nicht ist egal, eine richtige Lösung bekommt man nicht.