Warum Juncker Recht hatte
Nach einem Hilferuf aus Athen empfängt Kommissionschef Juncker heute den griechischen Premier Tsipras. Doch Juncker kann nicht viel ausrichten. Berlin spricht ihm das Recht ab, zu helfen – dabei ist das sein Job.
Wir erinnern uns: Nach dem Machtwechsel in Athen hat Juncker Tsipras zunächst herzlich empfangen. Gleich zweimal versuchte der Kommissionschef danach, in der Eurogruppe zu vermitteln.
Beim ersten Mal schickte er Währungskommissar Moscovici vor – doch der deutsche Kassenwart Schäuble sagte nein. Beim zweiten Mal half er, den Hilfsantrag aus Athen zu formulieren.
Wieder sagte Schäuble nein – wie man nun weiß, aus Angst, in Brüssel könne sich ein „Konsens“ zugunsten Athens herausbilden. Danach musste Tsipras die deutschen Konditionen schlucken.
Doch sie legen Griechenland die „Schlinge um den Hals“, wie Tsipras im „Spiegel“ klagte. Daher wandte er sich wieder mit der Bitte um Hilfe an Brüssel – vergeblich.
Ukas aus Berlin
Nach einem Ukas aus Berlin lenkte Juncker nämlich ein und erklärte, er könne keine Finanzhilfen für Athen mehr durchsetzen. Das sei einzig und allein Aufgabe der Eurogruppe.
Das ist auch die deutsche Auffassung – doch sie ist falsch. Die Eurogruppe existiert nämlich im EU-Recht gar nicht. Die Kommission hingegen ist Teil der Troika, die Berlin so schätzt.
Juncker ist daher im Recht, wenn er sich für bessere Konditionen für Athen einsetzt. Das letzte Wort haben allerdings die Geberländer – und die agieren nach eigenen Regeln und Interessen.
Gefährlicher Krieg der Worte
Das Ergebnis dieses Gerangels ist erschreckend: Während Griechenland in immer größere Finanznot gerät, spitzt sich der Konflikt zwischen Athen und Berlin bedrohlich zu.
Mittlerweile ist ein Krieg der Worte entbrannt, der kaum noch Kompromisse ermöglicht. Gerüchteweise bereiten sich beide Seiten – Berlin und Athen – schon auf den Ernstfall „Grexit“ vor.
Juncker hat dies wohl kommen sehen und zu vermitteln versucht. Dies ist auch sein Job. Doch Berlin hat ihn ausgebremst. Deutschland trägt nun auch die Verantwortung, wenn es schief geht…
H.Ewerth
15. März 2015 @ 16:42
Warum hat denn die undemokratische Troika, Kürzungen bei den Schwächsten erzwungen , aber bei den Reichsten wurde nichts unternommen? Komisch auch diese Frage wird von den sog. Experten kaum aufgegriffen? Auch nicht von der Mehrheit in Deutschland?
Aber was will man in Deutschland erwarten? In einem Land, welches seine Expertisen aus Vorurteilen bezieht, die wiederum sich aus den Vorurteilen einer Mehrheit in Deutschland stützt. Mit Vorurteilen kann man und wird Finanzprobleme nicht lösen können? Da schon allein die Verortung der Ursachen, mit Sicherheit nicht bei Griechenland allein zu suchen sind. Ausgerechnet Griechenland, mit gerade einmal 2,5% BIP, soll für die Finanzkrise in Europa alleine verantwortlich sein?
Die Ursachen liegen viel tiefer, dass aber wissen auch die Verantwortlichen, (wenn nicht, dann sollten sie schnellstens zurücktreten, na ja möglich ist es bei den vielen Plagiaten in den Regierungen in Deutschland) denn dann müssten die einseitigen Europäischen Verträge zur Disposition gestellt werden, und neu verhandelt. Eine gemeinsame Währung, ohne eine gemeinsame Fiskal, Steuer, Sozial Union, davor haben viele gewarnt, wird und kann niemals funktionieren.
Peter Nemschak
15. März 2015 @ 18:08
Eine sozial ausgewogene Sanierung wäre Sache der griechischen Regierungen gewesen, nicht der Troika. Was hat die griechische Regierung hinsichtlich Besteuerung der in der Schweiz geparkten Schwarzgelder getan oder hinsichtlich Reduzierung der Militärausgaben. Auch die jetzige Regierung greift das Thema Schwarzkonten in der Schweiz nicht an. Warum wohl?
Tim
15. März 2015 @ 19:17
@ H. Ewerth
Gegenfrage: Warum hat bislang denn keine einzige griechische Regierung etwas gegen die Mangelbesteuerung der Reichen unternommen? Die Antwort ist einfach: Griechenland ist ein zutiefst korrupter und daher dysfunktionaler Staat.
Es war wohl letztlich naive Hoffnung,die Europas Politiker glauben ließ, mit dem Troika-Hammer könne man Griechenland schon in die Form eines europäischen Staats bringen. Diese Hoffnung hat sich inzwischen gründlich zerschlagen. Fast schon kriminell ist, daß die Hasardeure in Brüssel und den nationalen Hauptstädten den griechischen Default mit anschließendem Grexit nun weiter verzögern.
Es hat übrigens wirklich niemand behauptet, daß Griechenland „für die Finanzkrise alleine verantwortlich“ ist. Bitte hier keine Strohpuppen aufbauen.
Stefan Wehmeier
15. März 2015 @ 08:48
„Der Gebrauch der Vernunft ist für die Menschheit noch zu neu und zu unvollkommen, um die Gesetze des Unbewussten enthüllen zu können und besonders, um es zu ersetzen. Der Anteil des Unbewussten an unseren Handlungen ist ungeheuer und der Anteil der Vernunft sehr klein.“
Gustave Le Bon (Psychologie der Massen)
Was der „Normalbürger“ im einstigen Land der Dichter und Denker für die „soziale Marktwirtschaft“ hält, ist nicht die Soziale Marktwirtschaft, die prinzipbedingt und unabhängig vom Stand der Technologie für natürliche Vollbeschäftigung und absolute soziale Gerechtigkeit sorgt,…
Persönliche Freiheit und Sozialordnung
…sondern eine kapitalistisch pervertierte Marktwirtschaft mit angehängtem „Sozialstaat“, entstanden aus der „katholischen Soziallehre“. Alle bisherigen Versuche, die Natürliche Wirtschaftsordnung (echte Soziale Marktwirtschaft) zu verwirklichen, wurden von der Religion im Keim erstickt – wobei dieses Unwesen niemals aus bewusstem Handeln besteht.
Ist beim „Normalbürger“ der Anteil der vernünftigen Handlungen „sehr klein“, so ist er beim „Geistlichen“ gleich Null – was wiederum bewirkt, dass beim „Normalbürger“, der den Geisteskranken für einen „Geistlichen“ hält, der Anteil der Vernunft nicht wächst. Aufgrund der Religion, der Programmierung des kollektiv Unbewussten mit dem künstlichen Archetyp Jahwe, hat der „Normalbürger“ nichts anderes als das „Glück der Knechte“ im Sinn, d. h., er will auf Kosten anderer existieren (Himmel der Zinsgewinner), damit andere nicht auf seine Kosten existieren (Hölle der Zinsverlierer). Im zivilisatorischen Mittelalter (Zinsgeld-Ökonomie) gibt es nur diese beiden Möglichkeiten, sowohl für jeden Einzelnen als auch für ganze Nationalstaaten, die sich gegenseitig in die Schuldenfalle treiben müssen, bis der nächste Krieg unvermeidlich wird. Wer das nicht weiß, kann nur „Volksvertreter“ wählen, die dem „Glück der Knechte“ nicht im Weg stehen und die darum auch keine Volksvertreter sind, sondern solche, die den Staat als eine „Anstalt zur zwangsweisen Einziehung des arbeitslosen Einkommens“ erhalten wollen, und sonst gar nichts:
Schuldenbremse und Wachstum?
Peter Nemschakl
14. März 2015 @ 12:51
Es geht nicht um Moral sondern um wirtschaftliche Notwendigkeiten zur Erhaltung der gemeinsamen Währung.
popper
13. März 2015 @ 14:37
@Nemschak
Verdrehen Sie doch bitte nicht die Tatsachen. Bei den Verhandlungen über die Hilfskredite wurde nicht über Reparationen verhandelt. Dieses Thema kocht schon lange zwischen Deutschland und Griechenland. Es wurde von Tripras nur erneut im griechischen Parlament auf die Agenda gesetzt.
Peter Nemschak
13. März 2015 @ 15:10
Zum ungeeignetsten Zeitpunkt.
George
14. März 2015 @ 11:17
Zum bestmöglichen Zeitpunkt. Denn wer so sehr mit dem moralischen Zeigefinger auf einen zeigt, muss sich nicht wundern, wenn sich ihm ein Spiegel vorgesetzt wird.
Aber eines hat Schäuble allen in Europa gezeigt, nämlich wie es richtig gemacht wird wenn es darum geht seine Schulden abzubezahlen. Deutschland, die stärkste Wirtschaft Europas eine der stärksten der Welt, hat es mir größter Anstrengung geschafft eine schwarze Null zu schreiben! Oh, moment. Das ist ja gar keine Schuldentilgung sondern keine Neuverschuldung.
popper
13. März 2015 @ 12:56
@Marcel
Hier schlichtweg von Wahrheit zu sprechen, ist gemessen an den Fakten schlichtweg Unsinn. Die seit 2010 enorme Verschuldung von 115 auf 175%/BIP, der Rückgang der Wirtschaftsleistung um 25%, die hohe Arbeitslosigkeit, der Ruin des Gesundheitssystems, der Anstieg der Selbstmorde u.a.m. geht nicht auf das Konto Griechenlands, sondern zu großen Teilen auf das Konto Deutschlands, das federführend war bei den Maßnahmen/Programmen welche die Troika in Griechenland angerichtet hat.
Und ihr Hinweis: “ Jahrelang zahlten Bürger keine Steuern und Korruption machte sich im Staatswesen breit. Aber davon hört man nix.“ ist unzureichend, wenn Sie damit die Gründe adressieren wollen für das dort angerichtete wirtschafts- und fiskalpolitische Desaster. Denn das sind nicht im Geringsten die Indikatoren für den wirtschaftlichen und sozialen Niedergang. Man muss schon ein wenig mehr von Ökonomie und Finanzen verstehen, um beurteilen zu können, worin die wahren Ursachen liegen. Deutschland hat das gesamte Euroland zu seinen Schuldnern gemacht, indem es gegen die Maastrichter Verträge verstoßen hat und seine Lohnentwicklung von Produktivität und Inflationszielrate abgekoppelt hat. Nachdem die Nachbarn im Süden durch das Retten ihrer Zockerbanken in zusätzliche Verschuldung und unter den Spekulationsdruck der Finanzmärkte geriet, hat Deutschland selbst Konjunkturprogramme aufgelegt, aber seine südlichen Nachbarn mit Hilfe demokratisch nicht legitimierte Institutionen (Troika etc.) gezwungen Austeritätsprogramme durchzuführen. Mit der Maßnahme Geld gegen Reformen. Das führte dazu, dass sämtliche Schuldner unter ein Verschuldungs- und Privatisierungsregime gerieten mit sinkenden Löhnen, steigender Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg.
Die Menschen in den Ländern, die nichts mit dem Entstehen der Finanzkrise zu tun hatten, mussten mit monetären und sozialen Verlusten die Verursacher der Krise vor massiven Vermögensverlusten retten und ihnen durch Reduktion ihres eigenen Budgets sogar noch dazu verhelfen mit weiteren Spekulationsgeschäften ihr Vermögen zu steigern. Es ist deshalb wohlfeil den Hetzkampagnen in unseren Medien zu folgen und Schuldige bei den Opfern zu suchen. Sinnstiftend ist das nicht. Und allein die Gesetze der Logik werden diesen Spuk dann beenden, wenn immer mehr Menschen in Europa begreifen, dass sie einer Fata Morgana aufgesessen sind, die Europa und seine Völker an den Rand ihrer Existenz gebracht hat, weil man glaubte der Kapitalismus müsse seine Kinder fressen, indem er einer Missgeburt wie dem Neoliberalismus freien Lauf ließ. Es bleibt zuletzt die Erkenntnis, dass dass regelmäßig aus falschem nichts richtiges entstehen kann.
Marcel
13. März 2015 @ 17:52
Dann hätten sich die verschiedenen Mitgliedsstaaten und die EU Deutschland Einhalt gebieten müssen. Wenn es niemand tut ist man am Ende selber Schuld. Und wenn man vom momentanen Kurs eine Richtungsänderung wünscht, dann braucht man Personen die das durchsetzen können, sowie einen Plan. Solange das nicht passiert können Merkel/Co. weitermachen wie bisher.
ebo
13. März 2015 @ 18:03
@Marcel
Das Problem ist, dass die EU-Kommission zwar Teil der Troika ist, aber nur Gast in der Eurogruppe. Diese entscheidet nach Einstimmigkeit. Das bedeutet: Wenn Berlin Nein sagt, ist alles blockiert – egal, was die EU-Kommission vorgeschlagen und Griechenland vorgetragen hat.
Marcel
15. März 2015 @ 10:12
@ebo,
Dann wäre es die Aufgabe der anderen Länder die Regel in der Eurogruppe zu ändern. Wenn aber niemand etwas tut, hat man auch kein Recht sich zu beschweren.
ebo
15. März 2015 @ 12:23
@Marcel
Korrekt. Aber die Eurogruppe arbeitet nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Das heißt: Alle müssen einer Regeländerung zustimmen. Deshalb passiert nichts, denn im Zweifel legt Berlin immer sein Veto ein. Das haben wir in den letzten Wochen ja gesehen, als Athen die Regeln mit Hilfe der EU-Kommission ändern wollte…
Peter Nemschak
13. März 2015 @ 09:22
So einfach ist es nicht. Griechenland hat den Prozess durch seine lange und beharrliche Weigerung die Kontrollore in die Bücher schauen zu lassen, untunlich verzögert. Deutschland die Schuld zuzuschieben, kann nur jemand, der endlose Sympathien für die linksradikale/rechtspopulistische Regierung in Athen hat. Zumindest Tsipras scheint spät aber doch erkannt zu haben, dass er mit dem Kopf nicht durch die Wand kann. Eine Partei soll Wählern eben nicht mehr versprechen als sie realistischer weise halten kann. Was auch erstaunt: in der Frage der Kriegsreparationen wird das faschistische Italien, das damals in Griechenland in eigener Sache kräftig mitgemischt hat, nicht erwähnt. Ich erwähne es der historischen Wahrheit wegen.
Herbert M.
13. März 2015 @ 10:15
Typisch deutsches Verhalten. 1. Relativierung, also aufzeigen es gab auch andere Täter (faschistisches Italien). Dann noch mit dem Satz: … der Vollständigkeit halber, auf andere zeigen
2. Behauptungen die nicht stimmen: „…jahrelang micht in Bücher schauen lassen..“ Die TROIKA hat viele Bücher gesehen und Veränderungen erzwungen. Wie U-Bahnticket + 25%, Senkung des Arbeitslosengeldes, Sperrevon fast Drittel der Spitäler. Troika hat aber nie nach Massnahmen wg. der sog. Lagarde Liste (Steuerhinterziehung durch Reich) gefragt.
Ja und ich habe Sympathien für die SYRIZA Regierung. Weil sie demokratisch gewählt ist und so manches erfrischend anders macht
Marcel
13. März 2015 @ 11:09
@Hebert M.,
Das ist keine typische deutsche Haltung, sondern schlichtweg die Wahrheit. Wenn Griechenland damals eine Entschädigung haben wollte hätte sie früher kommen sollen. Und an der Krise ist Griechenland selber schuld. Jahrelang zahlten Bürger keine Steuern und Korruption machte sich im Staatswesen breit. Aber davon hört man nix.
Peter Nemschak
13. März 2015 @ 14:18
Von jahrelang habe ich nicht geschrieben. Mit lange meinte ich seit den letzten griechischen Wahlen. Ich halte nichts von deutschen Selbstgeißelungen 70 Jahre nach Ende des Weltkriegs. Im übrigen hatten die griechischen Regierungen stets die Möglichkeit, ihre Rüstungsausgaben zugunsten der medizinischen Versorgung der Bevölkerung hintanzustellen. Meine Sympathien gelten erfolgreichen Regierungen. Ob Syriza Erfolg haben wird, wird sich erst zeigen.
popper
13. März 2015 @ 10:53
@Nemschak
Sehen Sie überhaupt noch die Fakten hinter dem, was Sie so schreiben. Die Troika war bis kurz vor den Wahlen in Athen und hat hat Griechenland sogar euphemistisch Fortschritte (Primärüberschuss etc.) bescheinigt. Abgesehen davon, dass diese positive Einschätzung eine Schutzbehauptung ist, damit diese Herren nicht das völlige Scheitern ihrer technokratischen Missionen zugeben müssen, wollen die „Institutionen“ jetzt auf einmal die Zahlen in den Büchern nicht mehr kennen. Auch bei der Schuld Deutschlands geht es um Fakten, und auch diese sind eindeutig. Mit rechts oder links, populistisch hin oder her, hat das nicht das Geringste zu tun. Oder lesen Sie keine ausländischen Zeitungen und/oder wissenschaftliche Abhandlungen führender Ökonomen über die Eurokrise. Dass unsere Medien die Menschen hier für dumm verkaufen und durch Weglassen und selektiver Berichterstattung bis hin zur kognitiven Dissonanz Einseitigkeit herstellen und Hetzkampagnen lostreten, blenden Sie tunlichst aus.
Und die Fragestellungen hinsichtlich der Reparationskosten lenken Sie nur ab, wenn Sie auf Italien verweisen. Hier geht es um das Verhältnis Deutschland Griechenland. Und hier ist unter Juristen in der Sache ziemlich eindeutig. Der BGH (ZR 245/98) stellt außerdem fest: „Das Londoner Schuldenabkommen ist jedoch durch die abschließende Regelung im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands als Moratorium gegenstandslos geworden.“ Dies bedeutet, dass die ehemaligen Kriegsgegner nun die Möglichkeit hätten, ihre Forderungen geltend zu machen.
Der BGH stellt auch in Abrede, dass der 2+4-Vertrag für Staaten, die nicht an den Verhandlungen beteiligt waren, einen Verzicht auf etwaige Forderungen bedeuten würde. Wörtlich heißt es dazu: „Soweit sie (die Vertreter der Bundesregierung – Anm. der Redaktion) im vorliegenden Prozess darüber hinaus meint, der Zwei-plus-Vier-Vertrag schließe sämtliche unter Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk fallenden Individualansprüche endgültig aus …, hat dies allerdings, was die streitigen Ansprüche der Kläger angeht, keine Grundlage, weil – abgesehen davon, dass Griechenland nicht Vertragspartei war -nicht ersichtlich ist, woraus sich ein Verzicht dieses Staates auf individuelle Ansprüche zu Lasten seiner Angehörigen ergeben und seine Wirksamkeit herleiten soll.“
Peter Nemschak
13. März 2015 @ 14:21
Vermögensrechtliche Themen gehören vor die zuständigen Gerichte nicht in die Verhandlungen wegen eines weiteren Hilfspakets.
bloedermichel
13. März 2015 @ 14:29
Herr Nemschak,
Sie sind in Ihrer Argumentation ja fast schon so paranoid wie unsere Qualitätsjournalisten.
Deshalb in Kürze ein Link zu Ihrer persönlichen Weiterbildung, denn dafür ist es nie zu spät: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-02/troika-macht-ohne-kontrolle
Peter Nemschak
13. März 2015 @ 15:09
Intelligent sparen war offensichtlich nicht die Stärke des damals zuständigen griechischen Ministers. Pauschal die Personalzahl zu senken, ist wenig intelligent. Unfähige durch fähige Beamte zu ersetzen bedarf politischer und persönlicher Durchsetzungskraft, die dem zuständigen Herren offenbar gefehlt hat. Es ist menschlich verständlich andere für das eigene Versagen verantwortlich zu machen. Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen. Wenn Sie Kontrollversagen orten, müssen Sie sich fragen, warum das europäische Parlament die Kontrolle über die Troika nicht ausgeübt hat.
Achim Lorenz
15. März 2015 @ 12:36
Soso. Dann schauen wir uns Ihre Aussagen mal der Reihe nach an.
– „Griechenland hat den Prozess durch seine lange und beharrliche Weigerung die Kontrollore in die Bücher schauen zu lassen, untunlich verzögert.“
Griechenland steht seit fast fünf Jahren unter der Kuratel der Troika, die das Land jederzeit Pleite gehen lassen konnte, indem sie keine Zahlungen mehr freigab. Wer mit einer solchen Machtfülle keinen Zugang zu den Büchern bekommen könnte, wäre unfassbar inkompetent.
Aber nach den Aussagen, die die Troika seit Jahren getätigt hat, hatte sie Einblick in die Bücher – genau genug, um letztes Jahr die Höhe des „Primärüberschusses“ genau verkünden zu können…
Also: Entweder Sie liegen komplett falsch oder die Troika ist verlogen und inkompetent. Dann sollte man sie aber auch vom Platz jagen – und die Troika hätte den Prozess durch eigene Inkompetenz genauso sehr verzögert wie die Griechen.
– „Deutschland die Schuld zuzuschieben, kann nur jemand, der endlose Sympathien für die linksradikale/rechtspopulistische Regierung in Athen hat.“
Dass Deutschland einen großen Einfluss auf die EU-Kommission und die Politik der Troika hatte, darauf können wir uns hoffentlich einigen. Jetzt schauen wir uns einfach mal das Ergebnis dieser Politik an: Die Schulden Griechenlands sind absolut gestiegen, trotz eines Schuldenschnittes. Das BIP ist um ein Viertel eingebrochen. Das Einkommen des durchschnittlichen Griechen ist um 40% gesunken. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei über 25%, 60% aller arbeitswilligen Griechen unter 25 haben keinen Job. Griechenland ist als erstes Land in der Geschichte vom Industrieland zu einem Schwellenland umkategorisiert worden. Und der Primärüberschuss, den die alte griechische Regierung und die Troika letztes Jahr gemeinsam verkündet haben, war ein reiner PR-Gag – es wurde einfach nicht eingerechnet, dass die griechische Regierung Rechnungen im Umfang von mehr als dem Zweieinhalbfachen des „Überschusses“ nicht bezahlt hatte. Die von der deutschen Regierung massiv vorangetriebene Kürzungspolitik ist nach allen Maßstäben gescheitert. Merkel und Schäuble drängen trotzdem darauf, dass sie unverändert fortgesetzt werden soll.
Davon abgesehen bittet die griechische Regierung nicht um die Finanzierung einer Neuverschuldung, sondern um das Ablösen alter Schulden durch neue – etwas, das alle Staaten (auch Deutschland) regelmäßig tun. Solange die alte griechische Regierung immer brav der gescheiterten Kürzungspolitik folgte, wurden die Tranchen freigegeben und es war kein Problem, selbst wenn die Schulden stiegen. Jetzt ist eine Regierung dran, die einen Politikwechsel umsetzen will – unter anderem, indem sie die Korruptions- und Steuerhinterziehungsprobleme angeht, die die alte Regierung immer ignoriert hat. Die alte Regierung bekam trotzdem Geld. Der neuen will man das übliche Revolvieren der Schulden verweigern – unter anderem aufgrund des Einspruchs unserer Regierung.
Fazit: Deutschland NICHT eine wesentliche Schuld zuzuschieben kann nur jemand, der sich mit der Materie nicht gründlich und sachlich auseinandergesetzt hat 😉
– „Eine Partei soll Wählern eben nicht mehr versprechen als sie realistischer weise halten kann.“
Ich erinnere mich da an mindestens einen deutschen Politiker, der gejammert hat, es sei ungerecht, Parteien an der Umsetzung ihrer Wahlversprechen zu messen. Ich erinnere mich nicht an Widerspruch aus den Reihen irgendeines Politikers, der heute zur Regierung oder den Regierungsfraktionen gehört. Aber vielleicht liegt das auch an meinem Gedächtnis 😉
– „Was auch erstaunt: in der Frage der Kriegsreparationen wird das faschistische Italien, das damals in Griechenland in eigener Sache kräftig mitgemischt hat, nicht erwähnt. Ich erwähne es der historischen Wahrheit wegen.“
Von griechischer Seite wird vor allem die Rückzahlung des Zwangskredits gefordert, nicht die Zahlung von Reparationen. Unsere Presse ist da wieder mal etwas ungenau, aber man kann ja auch auf englischsprachige Nachrichtenquellen ausweichen. Und dieser Kredit wurde an Deutschland vergeben, nicht an Italien 😉
– „Intelligent sparen war offensichtlich nicht die Stärke des damals zuständigen griechischen Ministers. Pauschal die Personalzahl zu senken, ist wenig intelligent.“
Richtig. Aber die Troika hatte das zur Bedingung für weitere Gelder gemacht.
– „Unfähige durch fähige Beamte zu ersetzen bedarf politischer und persönlicher Durchsetzungskraft, die dem zuständigen Herren offenbar gefehlt hat.“
Das hätte das Einstellen neuer Beamter erfordert – was die Troika strikt untersagt hatte.
– „Es ist menschlich verständlich andere für das eigene Versagen verantwortlich zu machen.“
Genau das tun Schäuble und Merkel. Sie behaupten, die von ihnen geforderte Politik sei erfolgreich, wobei sie in Wirklichkeit ein katastrophaler Fehlschlag ist (siehe meine Ausführungen weiter oben), und es mangele der griechischen Regierung nur am Willen, das Erfolgsrezept weiter umzusetzen. Sie wollen nicht das Gesicht verlieren, indem sie eingestehen, dass sie jahrelang die falsche Politik gefordert haben.
– „Wenn Sie Kontrollversagen orten, müssen Sie sich fragen, warum das europäische Parlament die Kontrolle über die Troika nicht ausgeübt hat.“
Die Troika besteht aus Emissären der EU-Kommission, der EZB und des IWF. Die EZB ist laut allen Statuten unabhängig, also nicht vom EU-Parlament kontrolliert. Der Einfluss des EU-Parlaments auf das Tagesgeschäft der EU-Kommission ist gering. Der IWF ist eine unabhängige Institution mit vielen nicht-europäischen Mitgliedsstaaten, und daher hat das EU-Parlament – man stelle sich das mal vor! – keinerlei Kontrolle über sie. In welchem Paralleluniversum hat das EU-Parlament bitte Kontrolle über die Troika?
– „Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen.“
Da stimme ich zu. Aber vor allem – lesen Sie wenigstens genug, um sich mit der Materie auszukennen. Bei Ihnen, Herr Nemschakl, fehlt es eklatant an Faktenwissen zu dem Thema, und deswegen ist so ziemlich alles, was Sie hier dazu geschrieben haben, völliger Unsinn.
Informieren Sie sich und kommen Sie bitte erst danach wieder.