Polen/Ukraine: Ein Fall für die Faktenchecker
Wo sind die Faktenchecker, wenn man sie mal braucht? Diese Frage wirft der Vorfall an der polnisch-ukrainischen Grenze auf. Diesmal geht es nicht um mißliebige „Narrative“, sondern um akute Kriegsgefahr.
Die EU und die Nato haben sich seit einigen Jahren dem Kampf gegen Fake News und Desinformation verschrieben. Mittlerweile ist eine ganze Armada von „Faktencheckern“ unterwegs, um falsche „Narrative“ aus Russland aufzudecken.
Doch nun, da wirklich mal Fakten gecheckt werden müssen (und nicht irgendwelche dubiosen Erzählungen), schweigen die selbst ernannten Experten. Auf der Seite von „EUvsDisinfo“ findet sich nichts zur Explosion an der polnisch-ukrainischen Grenze.
Dabei haben sich die ersten Meldungen, wonach „russische Raketen“ eingeschlagen seien, als haltlos erwiesen. US-Präsiden Biden sagte, es sei „unwahrscheinlich“, dass die in Polen eingeschlagene Rakete von Russland aus abgefeuert wurde.
Womöglich waren es ukrainische Abfangraketen, auch eine „False Flag“-Attacke ist nicht auszuschließen. Dies müssen die Ermittlungen klären, die hoffentlich transparenter geführt werden als nach dem Attentat auf die Nord Stream-Pipeline.
Klar ist aber schon jetzt, dass eine Menge Politiker eine Menge Unsinn gesagt haben. Der lettische Außenminister Rinkēvičs zählt ebenso dazu wie viele andere, auch deutsche, Politiker, die sofort von einem russischen Angriff sprachen.
Der ukrainische Außenminister Kuleba behauptete, ein jeder, der an der Schuld Russlands zweifele, sei der russischen Propagnda erlegen und verbreite Verschwörungstheorien.
Russia now promotes a conspiracy theory that it was allegedly a missile of Ukrainian air defense that fell on the Polish theory. Which is not true. No one should buy Russian propaganda or amplify its messages. This lesson should have been long learnt since the downing of #MH17.
— Dmytro Kuleba (@DmytroKuleba) November 15, 2022
Präsident Selenskyj forderte sogar eine Nato-Reaktion. Für sein eigenes Land kann der Bündnisfall nicht ausgerufen werden (die Ukraine ist kein Nato-Mitglied), für Polen aber sehr wohl. Selenskyj spielt mit dem Feuer, wieder einmal.
Der Nato-Bündnisfall könnte zum dritten Weltkrieg führen, ein falscher Alarm bedeutet akute Kriegsgefahr. Doch niemand pfeift Selenskyj und seine Follower zurück, niemand stellt die falschen Meldungen richtig.
Wo sind die Faktenchecker, wenn mal sie mal braucht?
Siehe auch Verbalattacken und Militäraktionen: So will Polen die EU in den Krieg ziehen. Mehr zum EU-Vorgehen gegen Fake News hier
P.S. Selenskyj weiß es besser als die Nato: „Ich denke, dass es eine russische Rakete war – gemäß dem Vertrauen, das ich zu den Berichten der Militärs habe“, sagte er am Mittwochabend. Den ukrainischen Daten zufolge passe von insgesamt 25 russischen Raketenschlägen auf die Westukraine eine zeitlich mit dem Einschlag in Polen zusammen.
Thomas Damrau
16. November 2022 @ 17:46
Es ist schon (vorsichtig ausgedrückt) befremdlich, wie viele Entscheidungsträger in der polnischen und ukrainischen Führung den Bündnisfall herbeisehnen: „Dann hauen wir dem Russen mit vereinten NATO-Kräften mal so richtig eins in die Fresse …“
Bei aller verständlicher historischer Abneigung gegen Russland scheinen mir diese Entscheidungsträger geistig in der „guten alten Zeit“ hängen geblieben zu sein – als Krieg noch als „reinigendes Gewitter“ galt, nach dem man sich die Wunden leckte und danach die nächstr Runde plante.
Im 21. Jahrhundert können Gewitter (nicht nur wegen der Klimaüberhitzung) leicht über’s Ziel hinaus reinigen.
Arthur Dent
16. November 2022 @ 13:16
Wenn also seit Monaten ein militärischer Konflikt an meinen Grenzen stattfindet, dann habe ich keine Ahnung, wenn irgendetwas von irgendwo in meinen Luftraum eindringt und auf meinem Gebiet explodiert. Ich habe also als Nato-Staat keine satellitengestützte Echtzeitluftraumüberwachung, keine Luftabwehr, nichts? Mein Militär war noch gar nicht in erhöhter Alarmbereitschaft? Aha, sieh an. Wer es glaubt, kriegt einen Taler.
KK
16. November 2022 @ 12:56
„Doch niemand pfeift Selenskyj und seine Follower zurück, niemand stellt die falschen Meldungen richtig.“
Aber offenbar haben die USA Polen zurückgepfiffen, wenn ich die Radionachrichten von heute Mittag richtig deute. Hoffen wir, dass es noch ein paar Analysten mit Verstand auf Seite der moralisch völlig verblendeten „Werteverteidiger“ gibt…
Es stellt sich nämlich zu allererst wie bei jeder menschlichen Handlung die Frage:
cui bono?
Und es wäre ja nicht das erste Mal, dass ukrainische Stellen bei Lügen ertappt worden sind. Ich erinnere zB an die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte, die inzwischen, nach der Enttarnung ihrer Lügen entlassen werden musste, um künftig nicht völlig unglaubwürdig dazustehen…