Kriegsbudget für klamme EU, Kriegsangst um Polen – und Schonfrist für Glyphosat

Die Watchlist EUropa vom 16. November 2022 – Heute mit dem neuen EU-Budget für 2023, das ganz auf die Ukraine und den Energiekrieg zugeschnitten ist, den Raketeneinschlägen in Polen sowie der Schonfrist für den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat.

Die Ukraine, der „Green Deal“ und die wirtschaftliche Erholung nach Corona: Das sind die Schwerpunkte des neuen EU-Budgets für 2023. Dies geht aus dem 186,6 Milliarden Euro schweren Finanzplan hervor, auf den sich die 27 Mitgliedsstaaten mit dem Europaparlament geeinigt haben.

Es ist das erste Mal, dass der europäische Haushalt ganz im Zeichen eines Krieges und der Hilfe für Nachbarstaaten steht. So werden 14,7 Milliarden Euro für europäische Nachbarländer und internationale Entwicklung eingeplant, insbesondere für die Ukraine und Moldau.

Hinzu kommen noch einmal mindestens 18 Milliarden Euro, die die EU an monatlichen Budgethilfen für die Ukraine bereitstellen will. Allerdings streiten die EU-Länder noch über die Finanzierung. Ungarn sperrt sich dagegen, dass die EU für die Ukraine neue Schulden machen könnte.

Große Unsicherheiten

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Ungewöhnlich ist auch, dass die Haushaltspolitiker weiter auf die Erholung nach der Coronakrise setzen. Dabei rutscht die EU gerade in eine Winterrezession ab, die vor allem mit der Energiekrise zusammenhängt. Dies hat die EU-Kommission in ihrer Herbstprognose festgestellt.

Das neue Budget ist deshalb mit großen Unsicherheiten belastet, wie die gesamte EU-Politik im kommenden Jahr. Niemand weiß, wie sich der Ukrainekrieg entwickelt. Auch die Energiekrise ist nicht überstanden. Ohne russisches Gas könnte es auch 2023 eng werden, heißt es in Brüssel.

Um gegenzusteuern, wurden Investitionen in die Transport- und Energieinfrastruktur aufgestockt. Dafür sind insgesamt 3 Milliarden Euro vorgesehen. Erneut soll die Ukraine profitieren – ein Teil des Geldes fließt in die „Solidaritätskorridore“ für den Getreideexport. Die EU will auch die „militärische Mobilität“ fördern, damit Nato-Panzer problemlos nach Osten rollen können.

Kaum Geld für die vielen Krisen

Vergleichsweise bescheiden fällt das Geld für den „gerechten Übergang“ in der Klimakrise aus. Für diesen Klimasozialfonds sind 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Hinzu kommen noch einmal 755,5 Millionen Euro im Rahmen des LIFE-Programms zur Unterstützung Klimamaßnahmen.

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola begrüßte die Einigung. “Jetzt ist Zeit, unsere Wirtschaft anzukurbeln. Vereint zu bleiben”, schrieb sie. Das Parlament hält sich zugute, dass nun eine Milliarde Euro mehr bereit steht als von der Kommission zunächst geplant.

Allerdings reicht das Geld trotzdem hinten und vorne nicht. Die EU sei “dramatisch unterfinanziert”, sagte der SPD-Politiker Jens Geier. Man habe keine Reserven für Krisen, selbst der Katastrophenschutz müsse zurückgefahren werden…

Watchlist

Wie reagieren EU und Nato auf die Raketeneinschläge in Polen, die am Dienstag zwei Todesopfer gefordert haben? Während die EU-Spitzen sich sofort solidarisch zeigten, plant die Nato am Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung der Botschafter. Die Kriegsangst in und um Polen scheint jedoch übertrieben: Wenn überhaupt, dürfte die Nato den Artikel 4 zur Unversehrtheit der Grenzen bemühen – aber nicht Artikel 5, den Bündnisfall.

Was fehlt

Das Ende der Glyphosat-Nutzung. Der umstrittene Unkrautvernichter darf in der EU ein Jahr länger genutzt werden als bislang vorgesehen. Die EU-Kommission werde die befristete Zulassung des Unkrautvernichters bis zum 15. Dezember 2023 zu verlängern, sagte eine Sprecherin der dpa. Formell sei die Entscheidung zwar noch nicht getroffen worden, dies werde aber bald geschehen. Warum es eine Schonfrist gibt, blieb unklar.