Pleite-Gerüchte (Update)

Der griechische Finanzminister beklagt ein “geschmackloses Spiel”

Seit Freitag Abend kursieren in Brüssel Gerüchte, dass das hoch verschuldete Griechenland bald pleite sein wird. Zunächst wurden sie nur über Twitter kolportiert, dann auch über amerikanische (!) Websites und Agenturen. Nun steigt auch noch der “Spiegel” ein und behauptet, Bundesfinanzminister Schäuble stelle sich bereits auf einen Zahlungsausfall in Athen ein. Ist das wieder nur der übliche Hype, oder steckt diesmal mehr dahinter?

Schwer zu sagen. Fest steht, dass die griechische Regierung sich bereits genötigt sah, die Berichte zu dementieren. Finanzminister Venizelos sprach laut Bloomberg von einem „geschmacklosen Spiel“ und „organisierter Spekulation“. Ein Dementi kam auch aus Berlin, meldet der Blog Keep Talking Greece:: Es gebe keinen „Plan B“, Schäuble setze weiter auf die Umsetzung der EU-Beschlüsse, die einen zweiten Rettungsplan für Griechenland vorsehen. 

Die Gerüchte, die z.B. der französische Journalist und EU-Blogger J. Quatremer über Twitter verbreitet, klingen nicht sehr überzeugend: Danach soll Griechenland nämlich bereits dieses Wochenende zahlungsunfähig werden; zudem soll ein Beschluß zur Einführung von Eurobonds fallen. Auf Nachfrage konnte er keine Quellen nennen. Ich denke, dass kann man getrost in die Kategorie Gerüchteküche verbannen.

Fest steht auch, dass die bisherige Griechenland-Hilfe in jeder Hinsicht gescheitert ist. Sie hat weder das Vertrauen der Märkte oder der Bürger wiederhergestellt, noch die Sanierung des Budgets vorangebracht – im Gegenteil: Weil die Rezession noch schlimmer ausfällt als geplant (für 2011 rechnet Athen nun mit eine Negativ-Wachstum von fünf Prozent), sinken auch die Steuereinnahmen, und das Budgetdefizit bleibt viel höher als geplant.

Die Pleite wird nur noch von EU, EZB und IWF abgewendet – und die sind derzeit schlecht auf Athen zu sprechen. Zudem sind EU und nun auch EZB selbst in der Krise – seit dem Rücktritt von Chefvolkswirt Stark könnten die „Falken“ versuchen, weitere Hilfen an Griechenland zu blockieren. Es könnte aber auch sein, dass sich nun endgültig die „Tauben“ durchsetzen und so eine neue, weniger dogmatische Linie siegt, wie z.B. A.Watt im Social Europe Journal schreibt.

So oder so treffen hat der Rücktritt die EZB im denkbar ungünstigten Moment getroffen, wie die schockierte Reaktion der Börsen am “schwarzen Freitag” zeigte. Sollten die Märkte auch am Montag ihre Wetten gegen den Euro fortsetzen, dürfte es noch schwerer werden, Griechenland zu retten – zumal Schäuble ja schon damit gedroht hat, die Hilfen einzustellen. 

Fazit: Die Gerüchte haben einen realen Kern – aber bis zum Beweis des Gegenteils bleiben es Gerüchte!

 

Nachtrag15.9.11

Laut Bloomberg ist die Pleite nunmehr zu 98% sicher – nur über den passenden Zeitpunkt streiten die Experten noch..


 

kostenloser Counter