“Musterschüler” Moldawien
Neben der Ukraine will Brüssel auch Georgien und Moldawien an die EU heranführen. Die Abkommen sollen im Juni gleich nach der Europawahl unterzeichnet werden. Dabei erfüllen die Länder nicht annähernd die EU-Kriterien. Besonders in Moldawien sieht es finster aus.
Wer derzeit Artikel über Moldawien sucht, wird fast nur Berichte über die “russische Gefahr” in der abtrünnigen Region Transnistrien finden. Auch dort könnte Putin eingreifen, fürchtet die EU.
Deshalb hat sie es nun auch so eilig, das ärmste Land des Kontinents Land zu binden. Das Assoziierungsabkommen werde auf Juni vorgezogen, sagte Ratspräsident Van Rompuy beim Obama-Gipfel.
Mal abgesehen von der Frage, ob die EU damit nicht erneut einen Wettlauf mit Russland auslöst – genau wie in der Ukraine – habe ich noch eine andere Sorge: dieses Land ist absolut nicht EU-kompatibel.
Dazu ein wenig Background aus jüngerer Zeit. Beginnen wir mit der “FAZ”, Stichwort Korruption:
Die Republik Moldau belegt im Corruption Perception Index der Nichtregierungsorganisation Transparency International Rang 94 von 176. Im Krankenhaus werde man nicht einmal untersucht, wenn nicht Geschenke oder Geld mitgebracht würden, erzählen viele. An den Universitäten ließen sich Scheine oder gar Abschlüsse kaufen. Die Korruption, erzählt eine Gesprächspartnerin, habe in den vergangenen Jahren noch zugenommen. Laut einer Umfrage von Transparency International gilt die Polizei aus Sicht der Bürger neben dem Justizwesen als die korrupteste Institution Moldaus.
Nun zum Thema Souveränität, das uns im Westen so bewegt. Aus der Wiener Zeitung:
Der rumänische Präsident Traian Basescu wünscht sich die Vereinigung seines Landes mit der Ex-Sowjetrepublik Moldawien. Der konservative Politiker erklärte in einem TV-Interview, das nächste Großprojekt nach dem Nato- und EU-Beitritt Rumäniens müsse die Vereinigung mit dem Nachbarland jenseits des Grenzflusses Prut sein. Zur Begründung sagte Basescu, dass “Blut dicker ist als Wasser”. Zugleich betonte er, dass die Vereinigung keinesfalls “brutal oder gegen den Willen der Rumänien beiderseits des Prut” erfolgen könne. Doch werde “ein Volk, das die Gelegenheit hat, sich zu vereinigen, niemals darauf verzichten”.
Schließlich noch die Menschenrechte. Dazu ein Zitat von Terre des Hommes, das Moldawien als “Einsatzland” bezeichnet:
Die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen und fehlende Zukunftsaussichten veranlassen viele Menschen zur Auswanderung. Im Jahr 2010 beschlossen offiziellen Statistiken zufolge mindestens 311‘000 Menschen – meistens aus ländlichen Gegenden (71 %) – auszuwandern. Viele dieser Menschen lassen ihre Kinder für viele Jahre im Land zurück. In diesem Zusammenhang wird Moldawien als ein „Land ohne Eltern“ bezeichnet: Viele Haushalte werden von „verlassenen Kindern“ geführt.
Offenbar ist Moldawien wirklich ein Musterschüler, der es verdient, an die EU herangeführt zu werden. Wenn es so weit ist, werde ich mir mal die offiziellen EU-Dokumente vornehmen…
P.S. Heute kam ein “Fortschrittsbericht” der EU-Kommission. Er steht hier. No comment
der Muger
29. März 2014 @ 09:52
… wobei – ich war grad kürzlich in Moldawien und Transnistrien. Die Lage dort hat sich markant gebessert und der Konflikt zwischen den beiden entspannt sich langsam. Sooo schlimm, wie immer berichtet wird, ist es dort nicht (mehr).
http://dermuger.blogspot.ch/2013/09/moldawien-regen-in-einer-anregenden.html
Walburg
27. März 2014 @ 16:29
…..doch Moldawien passt sehr gut in die EU, so wie unsere MSM Medien darüber berichten.
Polizei und Justizwesen gelten als die korrupteste Institution, bei uns auch.
Menschenrechte so gut wie keine, bedeutet weniger Demokratisierung, in der EU gibt es auch so gut wie keine mehr.
Sozialwesen ist auch schon desolat, bedeutet weniger auf zu zwingende Sparmassnahmen. Viel unnötige Wortverdrehungen bleiben somit erspart, ist eh schon alles wie gewünscht.
Also nur zu, alles kein Problem, immer Gleiches zu Gleichem!
Ich täte auch diese drei obigen Berichterstatter auch sofort für den Literaturpreis vorschlagen, wegen dieser einmaligen Recherchen in so einem schlimmen Land. 🙂
Matthias
27. März 2014 @ 09:20
zu Rumänien ist das doch kompatibel 🙂 also ich bin voll dafür und dann noch schnell Nordafrika und andere Gebiete eingemeinden, je schneller desto besser 🙂 die Türkei nicht zu vergesssen
Peter Nemschak
27. März 2014 @ 09:03
Da gebe ich Ihnen voll recht. Moldawien ist der Kollateralschaden dafür, dass sich die EU die Ukraine aufgehalst hat. Dass man die Reste des ehemaligen Sowjetimperiums beseitigen will, ist verständlich, vor allem für jene noch Lebenden, die unter dem damaligen System gelitten haben. Nur wurden die EU-Bürger bisher nicht gefragt, ob sie den hohen Preis dafür zahlen wollen. Einige der neuen EU-Mitglieder in Mittel- und Südosteuropa sind, wie Sie treffend hinweisen, ohnehin politisch und finanziell schwer verdauliche Brocken. Das politische Interesse der USA an Europa ist nicht mehr dasselbe wie zur Zeit des Kalten Krieges und die Bereitschaft zur Kostenübernahme daher nicht gegeben: unter dem Strich ein mäßig attraktives Geschäft für Europa, ein Schritt weg von der Vertiefung der Integration.