Selenskyj will den EU-Beitritt forcieren
Wenige Tage nach seinem Besuch in Washington (bei dem er Brüssel links liegen ließ) hat Ukraines Präsident Selenskyj die EU zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen aufgefordert. Geht’s noch?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die EU zu Beitrittsgesprächen mit der Ukraine aufgefordert. In seiner jährlichen Rede vor dem ukrainischen Parlament verlangte er einen schnellen Start der Verhandlungen.
Zugleich lobte er die Beziehungen zu den USA. Diese haben versprochen, der Ukraine Luftabwehrsysteme vom Typ Patriot zu schicken. “Das ist ein besonderes Zeichen des Vertrauens in die Ukraine”, sagte Selenskyj.
Wenn er sich da mal nicht täuscht! Die USA haben nur ein einziges Patriot-System zugesagt. Und in der EU herrscht immer noch Ärger darüber, dass Selenskyj nach Washington geflogen ist und nicht mal einen Zwischenstopp in Brüssel einlegte.
Damit hat er die EU auf den dritten Rang (nach Polen) verbannt. Und kurz danach fällt dem Herrn aus Kiew ein, den schnellen Start von Beitrittsverhandlungen zu fordern!? Das ist schon ziemlich dreist.
Einstimmiger Beschluß nötig
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Denn Selenskyj sollte wissen, dass die EU nicht einmal durchstarten könnte, wenn sie wollte. Der Beginn von Verhandlungen muß nämlich einstimmig von allen 27 EU-Staaten beschlossen werden.
Zuvor muß die EU-Kommission die Aufnahme von Verhandlungen empfehlen. Ihr nächster sog. Fortschrittsbericht wird jedoch erst in einigen Monaten erwartet. Er dürfte negativ ausfallen.
Die Ukraine hat nämliche keine Fortschritte gemacht. Zuletzt wurde die Medienfreiheit so weit eingeschränkt, dass sogar Sergij Tomilenko, Chef der Nationalen Gewerkschaft der Journalisten, vor umfassender Zensur warnt.
Das ist mit einem EU-Beitritt nicht vereinbar. Selenskyj mißachtet die EU-Regeln, gibt Brüssel einen Korb und fordert dann auch noch eine Extrawurst – geht’s noch?
Mehr zur Ukraine hier
P.S. Selenskyj hat übrigens schon mehrfach versucht, den EU-Beitritt zu forcieren. So forderte er im Frühjahr einen “Blitz-Beitritt” – vergeblich. Nach dem Kandidatenstatus für die Ukraine im Juni wollte er dann gleich mit den Verhandlungen beginnen. Auch damit ist er in Brüssel abgeblitzt. Seriös ist das alles nicht, auch wenn er nun überall als “Mann des Jahres” bezeichnet wird…
KK
29. Dezember 2022 @ 14:36
Vielleicht sollte Selenskyi sich um Aufnahme in die Vereinigten Staaten von Amerika bemühen, diese sind doch seit spätestens Ende 2013 so um ihn und seine Ukraine bemüht, als gehöre diese bereits dazu! Wenn die EU diese Ukraine aufnimmt, kann sie sich gleich die Kugel geben!
@ Thomas Damrau:
Die haben doch alle den Schuß nicht gehört: Wenn in Russland ein Regime-Change stattfinden sollte, dann wohl eher zum Schlechteren hin zu den Ultranationalisten. Dann gibts die nicht nur in Kiew, sondern auch in Moskau! Putin ist ja noch ein halbwegs berechenbarer Rationalist, aber hinter ihm scharren schon die nur ideologisch getriebenen Hardliner mit den Füssen.
Und dann: Gute Nacht, Europa!
Thomas Damrau
29. Dezember 2022 @ 10:19
Ich vertrete schon länger die These, dass Selenskyj an Realitätsverlust leidet. Die immer wieder genannten Vorbedingungen für Friedensverhandlungen – vollständiger russischer Rückzug und ein Kriegsverbrecherprozess gegen die Verantwortlichen auf russischer Seite – mögen einem abstrakten Gerechtigkeitsanspruch entsprechen, bedeuten aber in klare Sprache übersetzt: bedingungslose Kapitulation Russlands und Regime-Change.
Nichts ist unmöglich – aber hier wird eine extrem hohe Hürde für Friedensverhandlungen aufgebaut.
Was mich erschreckt: Die ukrainische Weltsicht wächst sich zu einer Folie à Deux aus. Mit der EU als Partner, der sich mehr und mehr ins Wahnsystem hineinziehen lässt.
So macht z.B. Jürgen Hardt (CDU) in einem Interview mit dem DLF ( https://www.deutschlandfunk.de/friedensgipfel-ukraine-interview-juergen-hardt-cdu-aussenpolitiker-voelkerrecht-putin-100.html ) einen Regime-Change zur Voraussetzung für Verhandlungen. Christoph Heusgen (Münchner Sicherheitskonferenz) haut in die selbe Kerbe (ab 6:30 in https://www.deutschlandfunk.de/friedenskonferenz-fuer-ukraine-interview-christoph-heusgen-msc-leiter-dlf-806d1172-100.html ) – und behauptet noch so nebenbei, dass Putin Minsk II abgelehnt hat.
Wenn das die gemeinsame Sicht von EU und Ukraine ist, werden wir noch sehr viele Tote in der Ukraine sehen.