Ukraine-Krieg: Die EU spielt nur die dritte Geige

America first – dies gilt jetzt auch offiziell in der Ukraine-Politik. Mit seinem Besuch in Washington hat Präsident Selenskyj gezeigt, wo der Hammer hängt. Doch wo steht die EU?

Auf Platz drei – nach Polen. Dies zeigt der Abstecher, den Selenskyj auf seinem Rückweg nach Kiew in Warschau gemacht hat. Dort traf er sich mit Präsident Andrzej Duda.

“Wir haben ein Resümee des Jahres gezogen, das wegen eines ausgewachsenen Krieges historische Herausforderungen mit sich brachte”, schreibt Selenskyj auf Telegram. “Wir haben auch über strategische Pläne für die Zukunft, bilaterale und internationale Beziehungen im Jahr 2023 gesprochen.”

Nach den USA kommt also Polen. Auch das keine Überraschung. Kein anderes EU-Land ist so tief in den Krieg verstrickt wie Polen – und kein zweites versucht so sehr, die EU immer tiefer hineinzuziehen.

Die eigentliche Überraschung ist, dass sich die EU mit Platz drei begnügt, ohne aufzumucken. Kein führender EU-Politiker hat Selenskyj für seine Reisepläne kritisiert oder auf die Rolle Europas verwiesen.

In Sonntagsreden wird zwar gern über die “deutsche Führungsrolle” oder die “europäische Autonomie” geredet. Doch wenn es ernst wird, kommt gar nichts mehr.

Aber halt, da kommt doch noch was: Eine Einladung zum Mini-Gipfel mit Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 3. Februar.

Wo der Gipfel stattfinde, sei noch offen, sagt ein EU-Sprecher. Es gebe eine Einladung an Selenskyj, nach Brüssel zu kommen – doch das heiße nicht, dass der Gipfel auch in der belgischen Hauptstadt stattfinden werde.

Im Klartext: Wir laufen Selenskyj auch gern hinterher und treffen uns dann in Kiew. Oder in Warschau? So oder so: Die EU spielt nur die dritte Geige, trotz Beitrittsangebot und Flüchtlingshilfe. Und trotz des Umstands, dass es in diesem Krieg doch angeblich um EUropa geht…

Woran das wohl liegen mag? Haben die USA die besseren Waffen (wohl kaum) – oder verfügen sie über größeren Einfluß, weil sie auch mal “Nein” sagen und sogar mit Liebesentzg drohen?

Ich denke, wenn wir in der EU auch (wie die USA) eine Opposition hätten, die einen anderen, weniger freigiebigen Ukraine-Kurs fordert, würden wir auch mehr beachtet…

Siehe auch “Selenskyj in Washington: Der Offenbarungseidund “Wo bleibt das europäische Interesse?”

P.S. Warum findet der Gipfel eigentlich am 3. Februar statt? Kurz danach gibt es ohnehin schon einen Sondergipfel in Brüssel, u.a. zur Flüchtlingskrise. Da wäre Selenskyj doch auch der richtige Gast gewesen. Oder man hätte gleich den 24.2. nehmen können – als symbolischen Jahrestag des Kriegsbeginns (und Mahnung an die Untätigkeit der EU im Vorfeld)….