Keine Bewegung in Brüssel?

Stillstand in der Rue de la Loi – auch unter dem Pflaster tut sich nicht viel

Morgen machen die neuen sozialen Bewegungen auf der ganzen Welt gegen den wildgewordenen Finanz-Kapitalismus mobil. Nur in Brüssel, der Hauptstadt der Bankenrettung und des Euro-Crashs, tut sich nichts – oder fast nichts. Dabei wäre eine Aktion „Occupy Law Street“ (an der Rue de la Loi sitzen die wichtigsten EU-Institutionen) längst überfällig. Wann wachen die EUropäer endlich auf?

Von der Wall Street in New York und der Puerta del Sol in Madrid sind die beiden großen Bewegungen ausgegangen, die am 15. Oktober zum weltweiten Protesttag aufrufen. Wie es aussieht, wird sich auch in Deutschland einiges tun. „Deutschland probt den Aufstand gegen die Finanzmacht“, heißt es vollmundig bei Spiegel online – mal sehen, was daraus wird.

Doch in Brüssel merkt man von Bewegung bisher herzlich wenig. Zwar hat hier bereits am 8. Oktober eine Aktionswoche begonnen, am 15. Oktober ist eine Demo geplant, die auch an der Rue de La Loi vorbeiziehen soll. Der belgischen Zeitung „Le Soir“ waren die “Indignados” (Indignés) heute aber nur einen Zweispalter wert. Mehr Unruhe verbreitet die geplante Schließung eines Mittal-Stahlwerks in Lüttich – sie hat es immerhin auf Seite 1 geschafft.

Selbst die Indignés räumen ein, dasses in Brüssel nicht gut läuft, wie politis.fr berichtet:. 

Témoignage d’un « indigné » français à Bruxelles, le 13 octobre (transmis par un indigné parisien) :

« Ici à Bruxelles les choses avancent lentement mais sûrement. Les AG depuis vendredi [7octobre] ont été chaotiques mais s’améliorent. Beaucoup de gens ne sont pas habitués au système des AG, ordres du jour, tours de paroles, etc.

De plus, nous rencontrons des difficultés de compréhension avec les indignés belges qui ont parfois d’autres positions quant au fonctionnement d’une assemblée et les prises de parole. Tout est traduit en trois langues, ce qui fait perdre un temps fou et énerve… Plusieurs solutions ont été expérimentées, notamment la traduction simultanée écrite et vidéo-projetée sur les murs.

Les prises de décision stagnent et beaucoup d’énergie est consacrée à l’organisation interne du bâtiment. Du coup le mouvement s’organise de manière plutôt spontanée.

Il y a tout de même du positif ! Les AG organisées dans l’amphithéâtre donnaient l’impression d’un parlement Européen alternatif. Des personnes de toute l’Europe travaillent ensemble, ce qui est le point le plus positif et nous conforte dans le caractère international de la lutte. L’immeuble que nous occupons est autogéré avec pour l’instant aucun pépin majeur. »

Für die schwache Mobilisierung gibt es viele Gründe. Zum einen sind die Belgier nach mehr als einem Jahr ohne Regierung und dem blamblen Absturz ihrer Dexia-Bank der Proteste müde geworden. Zum anderen haben die meisten EU-Beamte und -Diplomaten keinen Grund zur Klage. Die harten Schnitte im Zuge der Eurokrise haben Brüssel bisher nicht getroffen; und die Entscheidungen fallen ohnehin anderswo – in Berlin, Paris oder Washington.

Dennoch grummelt es auch in der EU-Kapitale. Viele EU-Profis – vom Europaabgeordneten über Journalisten bis zum Politikberater – sind unzufrieden mit der einfallslosen Austeritätspolitik und dem Europa der „zwei Geschwindigkeiten“, das den Traum von der gleichberechtigten und sozialen Union zerstört. Einige bereiten sogar insgeheim eigene Aktionen vor, um ihr bzw. unser Europa vor Politik und Märkten zu retten (dazu später mehr).

Heute erklärte sich sogar die EU-Kommission bereit, einige Indignados zu treffen – nachdem sie bisher mit Polizeigewalt aus dem Europaviertel vertrieben worden waren. Allerdings streckte nur Sozialkommisar Andor die Hand aus – und der hat selbst im eigenen Haus nichts zum melden…

 


 

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