Jeder gegen jeden und alle gegen Polen: Der Rechtsstaat spaltet auch die EU

Der Streit um das EU-Recht und den Rechtsstaat wird immer absurder. Die deutsche Bundesregierung und das Europaparlament nehmen entgegengesetzte Positionen ein, der Konflikt überschattet den EU-Gipfel.

Parlamentspräsident Sassoli kündigte an, eine Klage gegen die EU-Kommission vorzubereiten, weil diese den Rechtsstaats-Mechanismus nicht anwendet.

Die im vergangenen Dezember verabschiedete Verordnung erlaubt es, Zahlungen aus dem EU-Haushalt an Mitgliedstaaten, in denen die Rechtsstaatlichkeit bedroht ist, auszusetzen.

Die Europaabgeordneten würden sie nun gern gegen Polen einsetzen. Ein entsprechender Beschluß war im Rechtsausschuß gefallen, Sassoli setzt ihn nun um.

Doch das größte EU-Land hält davon gar nichts. Der Rechtstaats-Mechanismus sei nicht dazu da, andere Mitglieder abzustrafen – sondern einzig und allein, um das EU-Budget zu schützen, heißt es in Berliner Regierungskreisen.

Dort muß man es wissen – schließlich hat Kanzlerin Merkel den Mechanismus selbst ausgehandelt. Sie will den Streit mit Polen politisch lösen – durch einen “Dialog” beim EU-Gipfel.

Wir haben nun die unerhörte Lage, dass Kommission, Parlament und Rat über den Rechtsstaat und die neue Schutz-Verordnung streiten. Und alle zusammen mit Polen.

Der EU-Gipfel kann vor diesem Hintergrund heiter werden. Gipfelchef Michel wollte das heikle Thema am liebsten ausklammern. Nun hat er es doch auf die Tagesordnung gesetzt.

Die Benelux-Staaten haben ihn dazu gezwungen. Sie wollen sich Polens Premier Morawiecki vorknöpfen – es könnte noch lauter werden als beim letzten Gipfelstreit mit Ungarns Orban.

Und das bei Merkels mutmaßlich letztem EU-Gipfel…

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