Heftiger Streit um Sanktionen: Dicke Luft in Brüssel

Es läuft nicht mehr rund in der EU. Die Mitgliedsstaaten sind sauer auf die Kommission, das Parlament ist sauer auf die Staaten, Polen ist sauer auf alle und attackiert Frankreich. Der Grund: Die Sanktionen gegen Russland.

Hinter der Fassade der Einheit bröckelt der Putz in Brüssel. Und zwar gewaltig. Den Auftakt machte Polen, das aus allen Rohren gegen Deutschland schießt – wegen angeblich zu geringer Unterstützung für die Ukraine.

Dafür gab es noch Beifall – aus der Ukraine. Doch nun hat sich die nationalistische Regierung in Warschau auch noch mit Budapest und Paris angelegt. Beiden Ländern wirft sie zu große Nähe zu Russland vor.

Bei Ungarns Orban mag das stimmen, bei Frankreichs Macron sicher nicht. Schon gar nicht, wenn man sich die Tonart anschaut, mit der die Attacke vorgetragen wird.

“Präsident Macron, wie oft haben Sie mit Putin verhandelt? Was haben Sie erreicht?”, sagte Regierungschef Morawiecki. “Würden Sie mit [Adolf] Hitler, mit [Joseph] Stalin, mit Pol Pot verhandeln?”, fragte er bei einer Rede in Krakau.

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Seitdem herrscht dicke Luft zwischen Paris und Warschau. Die polnische Regierung wirft Frankreich “Appeasement” vor, die französische Regierung sieht in Polen reaktionäre Bellizisten am Werk.

Doch in Brüssel ist es nicht viel besser. Hier sitzen die Hardliner im Europaparlament. Mehr als 200 Abgeordnete haben ein vollständiges Energie-Embargo gegen Russland gefordert und der EU vorgeworfen, dass sie zu zögerlich sei.

Daraufhin legte Kommissionschefin von der Leyen ein neues Sanktionspaket vor, das weiter geht als bisher und erstmals den Energiesektor betrifft: Erst soll der Import von Kohle aus Russland verboten werden, später auch Öl.

Doch das sorgt nun für Verstimmung bei den Mitgliedsstaaten. Von der Leyen sei unabgesprochen vorgeprescht, der Vorstoß zum Öl sei nicht durchdacht und werde die Spritpreise treiben, heißt es.

Ergebnis: Die Beratungen der 27 nationalen EU-Botschafter über das neue Sanktionspaket ziehen sich in die Länge. Und der Haussegen hängt schief. Die 27 haben sich mit ihrem Wirtschaftskrieg gegen Russland in eine Sackgasse manövriert…

Siehe auch “Sanktionen: Schneller, weiter, teurer” und den Update hier

P.S. Am Donnerstagabend haben sich die 27 EU-Staaten schließlich auf neue Sanktionen geeinigt. Am Ende hing es nur noch an Polen, das ein schnelleres Kohle-Embargo wollte. Die Polen machen sich gerade nicht sehr beliebt…

P.P.S. Nun teilt auch Macron aus – und nennt den polnischen Premier Morawiecki einen “rechtsextremen Antisemiten, der LGBT-Menschen verbannt”. Stimmung….!