Fake-News mit Euro-Bonds
Haben Sie auch schon gehört, dass Frankreichs neuer Präsident Macron auf Pump leben und seinen Schuldenberg mit Eurobonds finanzieren will? Reingefallen! Denn das sind Fake News aus Berlin.
Dass an den Meldungen nichts dran ist, kann man leicht überprüfen, ein Blick in Macrons Wahlprogramm genügt. Darin verpflichtet er sich, das Budgetdefizit auf den EU-Grenzwert von 3 Prozent zu drücken.
Von neuen Schuldenexzessen kann also keine Rede sein, eher von Budget-Disziplin. Noch weniger ist an der Geschichte mit den Eurobonds dran. Die kommen in Macrons Programm nämlich überhaupt nicht vor.
Ich habe bei “En Marche” nachgeschlagen, jede Menge Berichte in “Le Monde”, “Les Echos” und Libération” gelesen – und das Wort Eurobonds nur ein Mal gefunden! Als Teil des Programms – des Sozialisten Hamon…
Liegt da etwa eine Verwechselung vor? Oder ein bewußtes Missverständnis? Vielleicht sogar ein Wahlkampf-Manöver? “Eurobonds: Große Koalition lehnt Macrons Ideen geschlossen ab”, meldet die FAZ.
CDU, CSU und SPD sind dagegen, die Truppen von Kanzlerin Merkel sind sogar schon zum Angriff übergegangen! Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Wahlkampf eröffnet ist…
…und da ist ja bekanntlich jedes Mittel recht. Sogar Fake News. Auch wenn sie diesmal – gibt’s denn so was? – nicht aus Moskau kommen…
Peter Nemschak
10. Mai 2017 @ 11:58
@ebo Auch Qualitätszeitungen neigen wie alle Medien zu journalistischen Unterstellungen. Deshalb empfiehlt es sich, nicht alles ernst zu nehmen, was die Zeitungen schreiben. Dass der Begriff „rigueur“ in Frankreich und Deutschland traditionell je nach tagespolitischer Opportunität unterschiedlich interpretiert wird, sollte als bekannt vorausgesetzt werden. Man wird sehen, wie ernst es Macron angesichts der ihm zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mehrheit sein wird (kann). Die Arbeitsmarktreform wird sein größter Prüfstein werden. Selbst Länder wie Österreich mit einer jahrzehntelangen sozialpartnerschaftlichen Tradition tun sich schwer damit. Die Frage ob Eurobonds oder nicht, ist ein Nebengeleise. Ohne eine gemeinsame Budgetpolitik der EU und ein zu finanzierendes gemeinsames Budget samt entsprechend durchsetzbaren wirksamen politischen Kontrollen erübrigt sich eine Finanzierung mit Eurobonds ohnedies, weil es wenig Gemeinsames zu finanzieren gibt. Niemand kann ernsthaft erwarten, dass die nationalen Budgets mit Eurobonds finanziert werden, auch wenn da und dort der politische Wunsch danach besteht. Andere Probleme wie eine (teil)harmonisierte Steuergestzgebung haben Priorität Solange es Nettoempfängern der EU erlaubt ist, Steuerwettbewerb bei der Körperschaftssteuer zu betreiben, um den eigenen Standortvorteil zu vergrößern und Industrien aus anderen Mitgliedsländern abzuwerben, erübrigt sich die Frage nach einem größeren EU-Budget und dessen Finanzierung mit Eurobonds.
Peter Nemschak
10. Mai 2017 @ 09:42
Wer so einen Unsinn glaubt, ist…..DUMM und begibt sich in Gemeinschaft derer, die an Verschwörungstheorien glauben. Es gibt nicht wenige in dieser Kategorie von Mitbürgern. Berlin ist eine Großstadt, das Internet für jedermann zugänglich, die intellektuellen Eintrittshürden sehr niedrig, was geistige Tiefflieger anzieht. Früher hat das Kanal- und Abwassersystem einer Großstadt Funktionen ausgeübt, die heute vom Internet und den sozialen Medien teilweise übernommen wurden: die Beförderung von Dreck und Schund.
paul7rear
10. Mai 2017 @ 10:31
Ach, vielen Dank, treffender kann ein Selbstportrait eigentlich nicht ausfallen. 🙂
Peter Nemschak
10. Mai 2017 @ 11:01
Ich finde ein gelungenes Portrait dessen, was so draußen herumläuft. Es würde mich interessieren, wie Sie die Welt sehen. ich empfehle ihnen seriöse Medien – es gibt sie nach wie vor – zu lesen.
ebo
10. Mai 2017 @ 11:03
Die FAZ müssen wir, was Macron betirfft, leider ausnehmen, denn sie verbreitet den Eurobonds-Fake besonders hartnäckig…
Rudi Ehm
10. Mai 2017 @ 09:38
Wer glaubt denn, was in Wahlprogrammen steht? Ausgabendisziplin. Ein Mann ohne Anhang muss Kompromisse machen und die wird er machen. Disziplin, was ist das denn für ein altmodisches Wort? Nein, nein, wir werden zahlen. Frankreich darf nicht scheitern.
Peter Nemschak
10. Mai 2017 @ 10:04
Vom Gespenst Le Pen 2022 sollte sich Deutschland nicht beeindrucken lassen. Zunächst gilt es, diverse Lücken im europäischen Steuersystem zu beseitigen, welche Schmarotzertum geradezu einladen. Das Budget der EU gehört verkleinert. Derzeit erhält Ungarn rd. 7 Mrd. Euro netto von der EU und senkt gleichzeitig seine Körperschaftssteuer, um seine Standortattraktivität für Unternehmen aus anderen EU-Staaten zu verbessern. Ähnliche Lücken werden von Polen ausgenützt, um ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile seiner Unternehmen zu erzielen. Nicht mehr Vertiefung sondern eine intelligentere EU ist angesagt.