Trump: Wir könnten uns wehren, aber…
Wie soll Europa auf Trump und seine neue Welt(un)ordnung reagieren? Bisher zeichnet sich keine Strategie ab. Genau wie nach dem Brexit spielt die EU auch jetzt wieder auf Zeit – dabei gäbe es viel zu tun.
Statt sich von den USA zu emanzipieren, bemühen sich vor allem deutsche Politiker darum, die Risse notdürftig zu kitten. Die transatlantische Partnerschaft muss weitergehen, egal wie, so das Motto.
Doch auf Dauer verspricht das keinen Erfolg. Vor allem in der Handelspolitik hat Trump ja schon erste Weichen gestellt, die auf Protektionismus deuten. TTIP ist tot, ein Handelskrieg scheint nicht ausgeschlossen.
Der Brüsseler Thinktank Bruegel hat sich nun Gedanken darüber gemacht, wie sich die EU wehren könnte. Manches davon dürfte deutschen Politikern gar nicht schmecken — interessant ist es trotzdem.
So fordern die Experten nicht nur, die Welthandelsorganisation zu stärken und sich an China anzunähern. Sie empfehlen auch, wirtschaftliche Ungleichgewichte abzubauen und die soziale Dimension der EU zu stärken.
Dies würde die Glaubwürdigkeit Europas erhöhen und helfen, Trump Paroli zu bieten, heißt es in dem Bruegel-Papier. In Brüssel kommt es gut an. Doch Kanzlerin Merkel will davon nichts wissen.
Maßnahmen gegen den deutschen Exportüberschuss lehnt die „Führerin der freien Welt“ ebenso ab wie eine Solidarkasse in der Eurozone, die viele EU-Südstaaten fordern (aber auch die Gewerkschaften).
Alles soll so bleiben, wie es ist, schließlich geht es „uns“ ja gold. Offenbar wachen unsere Politiker erst dann auf, wenn Trump die ersten Strafzölle auf deutsche Produkte verhängt…
Peter Nemschak
23. Februar 2017 @ 18:55
@ebo Spanien hat meines Wissens den Rettungsschirm längst wieder verlassen und entwickelt sich hinsichtlich seines Wirtschaftswachstums positiv.
ebo
23. Februar 2017 @ 18:56
Richtig, aber die „Hilfe“ hat Millionen arbeitslose und verarmte Menschen hinterlassen, genau wie in Griechenland.
Peter Nemschak
23. Februar 2017 @ 20:41
Für diese Menschen muss man sich etwas einfallen lassen; Ausbildung für die Jungen, eine Abfederung für die über 50-Jährigen. Es gilt, ein ausgewogenes Verhältnis von Unterstützung und Anreizen zu finden. Wenn Sie die Leistungsträger demotivieren, gibt es weniger zu verteilen. Das Ziel muss heißen: Chancengleichheit, aber nicht Verteilungsgleichheit.. Die Ungleichheit der Menschen muss akzeptiert werden. Alles andere ist wider die menschliche Kultur. Trotzdem wird es immer wieder Sozialutopien geben. Auch das gehört zur Widersprüchlichkeit der Menschen.
S.B.
23. Februar 2017 @ 15:17
@ebo: Noch ein Nachtrag: Ich falle gar nicht auf den Ober-Kapitalisten Trump herein, weil ich erst einmal abwarte, was er zustande bringt. Einige Sachverhalte, die er angeht, geht er in meinem Sinne an. Im Übrigen warte ich einfach ab.
Was ich aber schon weiß ist, dass die „linksliberalen“ Globalisten die wahren Umverteiler von unten nach oben sind. Dieser Umstand ist schon bestätigt. Warum soll ich also jetzt schon gegen Trump bashen, obwohl er noch gar nichts gemacht hat. Oder was hat ER bisher von unten nach oben umverteilt? Jede diesbezügliche Aussage ist nach aktuellem Stand reine, auf Unterstellungen aufbauende „linksliberale“ Hysterie.
Der permanent von den „linkliberalen Eliten“ und ihren Sprachrohren in den Mainstream-Medien beklagte Zustand von der immer größeren Schere zwischen Arm und Reich, wurde doch nicht von 4 Wochen Trump-Präsidentschaft verursacht, oder? Nein, es ist das Werk genau dieser „Eliten“.
Das Trump-Bashing soll wohl nur dazu dienen, davon abzulenken, was die Globalisten anrichten und vor allem schon angerichtet haben? Ihre schmutzige Weste werden diese Leute auf diesem Weg allerdings nicht reinwaschen.
ebo
23. Februar 2017 @ 15:24
Wie ist den Trumps Imperium zustandegekommen? Der Mann prahlt doch sogar damit, keine Steuern zu zahlen…
GS
23. Februar 2017 @ 17:36
Trump hat die Gegebenheiten des Systems meisterhaft ausgenutzt. So hat er seinen angeborenen Wohlstand extrem vergrößert. Das ist richtig. Aber richtig ist eben auch, dass Trump die Spielregeln nicht gemacht hat. Sondern es sind die Leute, die jetzt heulen wie die Schlosshunde. Da hat doch SB recht.
ebo
23. Februar 2017 @ 18:21
Er hat die Regeln systematisch umgangen. Und jetzt wird er sie noch weiter aufweichen – zugunsten der Reichen, der Banken und Wall Street. Hat ja schon angefangen.
GS
24. Februar 2017 @ 00:22
@ebo
Und warum sitzt er nicht im Knast?
Peter Nemschak
23. Februar 2017 @ 15:04
@ebo Soll sich Deutschland künstlich unattraktiv machen oder vielleicht doch die anderen attraktiver? Was Sie sich vorstellen, ist nicht realistisch. Über kurz oder lang werden sich die relativen Attraktivitäten von alleine wieder in die andere Richtung bewegen.
ebo
23. Februar 2017 @ 15:27
Nemschak Darum geht es doch gar nicht. Schäuble bekommt das Geld hinterhergeworfen, obwohl er keine einzige Strukturreform gemacht hat. Auch die deutschen Firmen können sich wesentlich günstiger refinanzieren als die italienischen oder die griechischen. Es liegt einfach an der Größe des Marktes und der Irrationalität der Anleger – und natürlich daran, dass sich Deutschland weigert, Eurobonds oder andere gemeinsame Finanzieungsinstrumente aufzulegen.
GS
23. Februar 2017 @ 17:34
Es liegt nicht nur an der Größe des Marktes, sondern schon an den Wirtschaftsstrukturen des Landes. Frankreichs Markt ist nicht viel kleiner, trotzdem wird ständig über Frankreich spekuliert.
Abgesehen davon können sich die wenigsten Eurostaaten ernsthaft über das Zinsniveau beschweren, das sie für ihre Anleihen bezahlen. Die Zinsen sind ein Witz und das Risiko für viele Staaten ausschließlich deshalb so niedrig, weil die EZB alles aufkauft, was der Markt hergibt.
ebo
23. Februar 2017 @ 18:20
Schäuble spart jährlich Milliarden an Zinsen, nur deswegen schafft er die Schwarze Null.
Peter Nemschak
23. Februar 2017 @ 18:41
Es liegt an der relativen Attraktivität des Standortes Deutschland, die viele Ursachen hat. Die konservative Budgetpolitik kommt bei den Investoren gut an. Daran ist nichts irrational. Vergleichsweise erscheint die Wirtschafts- und Budgetpolitik Italiens zu recht für die Investoren unattraktiv. Ihre und die Vorstellung der Investoren von guter Wirtschaftspolitik klaffen ganz offenbar auseinander.
ebo
23. Februar 2017 @ 18:45
Spanien hatte auch eine sehr konservative Budgetpolitik – und wurde von Deutschland unter den Rettungsschirm gezwungen. Das hat dann dem Bund zu neuen Höhenflügen verholfen…
S.B.
23. Februar 2017 @ 12:24
@ebo: In Sachen Solidarkasse haben Sie von Gewerkschaften geschrieben. Die meinte ich mit „die Linken“. Liege ich damit falsch?
Bruegel ist Teil des Globalisten-Zirkus und damit sicher nicht „stinkbürgerlich“. Man sieht es schon am TOPIC fast jedes Beitrags, der da lautet: „Global Economics & Gouvernance“. Ein stinkbürgerlicher Think Tank, der sich sicher auch nicht so bezeichnen würde, säße auch nicht ausgerechnet in Brüssel. Und „stinkbürgerliche“ Leute fordern auch nicht, „die soziale Dimension der EU zu stärken“.
Von wem wird denn Bruegel in den USA hoch gerated und viel gelesen? Ich habe da so eine Ahnung… 😉
ebo
23. Februar 2017 @ 13:37
Umverteilung betreibt auch Trump – von unten nach oben. Mir ist rätselhaft, wieso Sie auf diesen Ober-Kapitalisten hineinfallen.
Peter Nemschak
23. Februar 2017 @ 12:19
Was bedeutet die Stärkung des sozialen Modells? Was müssen die Mitgliedsländer in diesem Zusammenhang tun, was könnte die EU dazu beitragen? Wer müsste die Kosten dafür tragen? Die Mitgliedsländer haben im Vergleich zur EU ein Vielfaches der Budgets zur Verfügung. Hinter diesem Thema schimmert blanke Umverteilung durch. Von wem konkret an wen? Wer soll die Solidarkasse finanzieren? Soll das eine Solidarkasse für Notfälle sein oder der Anfang einer weitgehenden Transferunion durch die Hintertüre. Kein Wunder, wenn die deutsche Regierung, die auf das Steuergeld ihrer Bürger schauen muss, vorsichtig bis ablehnend reagiert während die Südstaaten die Hände aufhalten. Auch im EU-Parlament werden nicht alle Kräfte für eine massive Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten sein.
S.B.
23. Februar 2017 @ 09:13
Die Linken können nie genug Umverteilung bekommen. Am liebsten wäre ihnen, wenn die Deutschen ALLES an die Südländer zwangsabführen müssten und selbst nichts mehr haben. Dabei reicht ihnen die bereits eingerichtete Solidarkasse (die haben wir nämlich schon längst!) bei weitem nicht aus, denn immer mehr Umverteilung ist ihr Geschäftsmodell.
Die Solidarkasse besteht aus dem riesigen Nettobetrag von über 15 Milliarden Euro jährlich, der von D in die Südländer umverteilt wird und der politische Einheitswährung Euro, über die noch viel größere Beträge umverteilt werden (Target 2; Niedrig- und Negativzinsen, welche die Südländer bei der Schuldenaufnahme immens begünstigen).
Zu Trumps angeblichen Strafzöllen, die in der Art, wie der Begriff es suggeriert, überhaupt nicht in Planung sind: Einerseits den hohen deutschen Exportüberschuss (zurecht) zu beklagen und andererseits geeignete Korrekturmechanismen anzuprangern (und zwar nur, weil diese von Trump benannt werden), darf wohl als ungeeigneter Lösungsansatz bezeichnet werden.
Den Begriff „Strafzoll“ sollten man mit Blick auf die exorbitanten deutschen Exportüberschüsse dringend umbenennen in „Vernunftzoll“.
Zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte: Dazu würde nicht nur gehören, dass D seine Exportüberschüsse zurückfährt, sondern insbesondere auch, dass die Südländer wettbewerbsfähiger werden, also selbst etwas Vernünftiges exportieren können. Das eine bedingt das andere. Trotz der immensen Solidarkasse über die seit zig Jahren versucht wird, in Europa „Konvergenz“ herzustellen, ist der Konvergenz-Erfolg aber nicht nur völlig ausgeblieben, sondern zudem das Gegenteil eingetreten. Den Südländern geht es schlechter als zuvor. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die Frage, ob das System in dieser Form Sinn macht.
Abschließend: Es ist nicht Trumps Aufgabe, die europäischen Probleme zu lösen, sondern die der europäische Politik. Dumm nur, dass gerade sie selbst der Verursacher der Probleme ist. Lösen wird sie die selbst geschaffenen Probleme jedenfalls nicht, indem sie externe Feindbilder aufbaut und bekämpft. Das ist aber ganz offenbar das Einzige, wozu sie in der Lage ist.
ebo
23. Februar 2017 @ 11:18
S.B. Welche Linken? Bruegel ist ein stinkbürgerlicher Thinktank, geführt von einem konservativen Deutschen. Wird übrigens auch in den USA hoch gerated und viel gelesen.
Ivano
23. Februar 2017 @ 14:36
Konservativismus und das Rufen nach mehr Umverteilung, mehr Bürokratie, dem Einführen einer Transferunion durch die Hintertür ohne rechtliche Legitimation schließen sich mMn aus.
ebo
23. Februar 2017 @ 14:47
Umverteilung findet längst statt: Alles wandert nach Deutschland ab, das Geld, die Flücjhtlinge, die qualifizierten Arbeitsplätze, die Unternehmen… Wenn es so weiter geht, bleibt von EUropa nur noch Deutschland. Und das kann nicht gut gehen, zumal die Deutschen selbst unzufrieden sind. Ich hoffe auf eine Wechselstimmung im Herbst – und eine Rück-Umverteilung in Europa. Wenn es sein muss, auch mit Transferunion.
Ivano
23. Februar 2017 @ 16:04
Immerhin spannende Zeiten stehen bevor. Wie gesagt mir ging es lediglich um die Bezeichnung konservativ im vorigen Post. Und sollten die Bürger sich per Wahlen für eine Transferunion entscheiden, dann wäre die Legitimation da, aber bitte nicht die Katze erst nach der BTW aus dem Sack lassen.