“EU muß Iran-Politik neu ausrichten”
Angesichts der anhaltenden Repression muß die EU ihre Iran-Politik neu aufstellen. Im Zentrum sollte die politische und juristische Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen stehen – und nicht die viel diskutierte Ausweitung der Sanktionen auf die Revolutionsgarden oder die Wirtschaft.
Zu diesem Schluß kommt eine Studie über die „Feministische Revolte im Iran“, die die Linke im Europaparlament in Auftrag gegeben hat. Eine Aufnahme der Revolutionsgarden in die EU-Terrorliste könnte sich als kontraproduktiv erweisen, heißt es darin.
Auch Wirtschaftssanktionen wirkten sich häufig negativ auf die Zivilbevölkerung aus. Jede weitreichende Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen des Mullah-Regimes müsse sorgfältig hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Lebensbedingungen abgewogen werden.
In der EU wird immer öfter die Forderung laut, die Revolutionsgarden als “Terroristen” zu brandmarken und zu sanktionieren. Allerdings kontrollieren die Garden wichtige Teile der iranischen Wirtschaft. Die USA haben bereits harte Wirtschaftssanktionen verhängt.
Diese schaden der Bevölkerung, während die iranischen Machthaber von Schwarzhandel, Schmuggel und anderen Formen der Sanktions-Umgehung profitieren. Die Studie warnt auch vor einem Aus für das Atomabkommen, das die EU ausgehandelt hat.
Dies könne schwerwiegende Folgen weit über die Region hinaus haben. Im Klartext: Ohne das Abkommen, aus dem die USA ausgestiegen sind, droht Krieg…
Die ganze Studie steht hier. Mehr zum Iran hier
KK
31. März 2023 @ 13:32
@ european:
“Auch bezueglich des Irans muss man immer wieder darauf hinweisen, dass der von USA/UK organisierte und durchgefuehrte Sturz von Mossadegh im Jahr 1953 und die Installation des Schah’s nach wie vor als Ursache des ganzen Uebels angesehen werden muss. Ausserdem muss man sich vor Augen halten, dass es NIE um Menschenrechte, Frauenrechte oder Demokratisierung geht. Es geht immer nur um Macht und Geld.”
Völlig richtig – die Welt wäre ohne die sich überall ausschliesslich in ihrem Interesse und ohne Rücksicht auf Verluste einmischenden USA wesentlich besser dran.
@ Stef:
Und dass auch Frankreich im UN-Sicherheitsrat hinsichtlich einer unabhängigen NorthStream-Untersuchung ausdrücklich gegen die eigenen Interessen gestimmt hat (was eine Enthaltung ja faktisch ist), ist ein bislang noch gar nicht thematisierter Skandal (die Briten hängen ja seit dem Brexit-Vollzug ohnehin am Rockzipfel Washingtons). Eine französische Firma ist mW Anteilseigner, und Frankreich hatte bislang immer auch via Deutschland günstiges Gas bezogen, auch 2022 noch – mithin von NS profitiert.
Stef
31. März 2023 @ 11:05
In unserer Mainstream-Medienlandschaft wird aktuell daran gearbeitet, die Kündigung des Atomabkommens dem Iran selbst in die Schuhe zu schieben, obwohl es eine Entscheidung der USA war. Gleichzeitig wirft man dem Iran vor, dass er sich nicht an die Regelungen des gekündigten Abkommens hält. Wasch mich, aber mach mich nicht naß.
All dies steht im Zusammenhang mit dem durch China vermittelten Rapprochement zwischen Iran und den Saudis und der sich abzeichnenden Annäherung zwischen Syrien und der Türkei vermittelt durch Russland. Die USA und unter ihrer Befehlsgewalt der Westen haben keinerlei Interesse an diesen Annäherungen und ebensowenig am sukzessiven Abbau der Spannungen in der Region. Nun kann man nicht einfach Frieden ablehnen und noch mehr Krieg fordern, deshalb wird eifrig Öl ins Feuer gegossen und Geschichte umgeschrieben.
Man muss es so klar ausdrücken: Die Nato und der Wertewesten sind die Top-Kriegstreiber auf dem Planeten. Sie sind inzwischen von Militäreinsätzen und Sanktionen abhängig, um Ihren Interessen überhaupt noch Geltung verschaffen zu können. Die üblichen Mittel der Außenpolitik sind nicht nur abgeschafft, auch das dafür erforderliche diplomatische Personal und das dazugehörige Handwerk sind vorsichtshalber entsorgt und gegen Parteiseilschaften (der Grünen) und PR-Agenturen ausgetauscht worden.
(Nebenbei bemerkt erinnert mich das an Nordstream. Die Grünen haben schon lange die Pipelines abgelehnt, so wie sie fossile Brennstoffe aus Russland und Russland selbst ablehnen. Von daher hat die Eistellung der Gaslieferungen über Nordstream durch Moskau nicht ausgereicht, die Zerstörung der Pipeline wurde mindestens befürwortet, wenn nicht erlaubt. Doch damit ist nicht nur eine Grüne Politik manifestiert, sondern auch gleich die Option eines Politikwechsels beerdigt. Das scheint mir ein Merkmal grünen Demokratieverständnisses zu sein.)
Von daher haben wir vollkommen zurecht diese Außenministerin, die Diplomatie und Kommunikation zur Konfliktlösung demonstrativ ablehnt und demokratische Werte durch den Abbau demokratischer Rechte und Institutionen verteidigt.
ebo
31. März 2023 @ 11:13
Baerbock hat die feministische Revolte in Iran verschlafen und das Atomabkommen aufgegeben. Sie macht nicht nur keine Diplomatie (und keine “feministische Außenpolitik”), sondern folgt gedankenlos den USA. Diese wiederum verlieren gerade massiv an Einfluß in dieser Krisenregion; sogar Israel sagt sich los und tritt immer aggressiver auf…
european
31. März 2023 @ 11:28
Ich bin nicht sicher, ob das so gedankenlos ist. Sie kommt sicherlich furchtbar doof und trampelig daher, aber das heisst nicht unbedingt, dass sie wirklich doof ist. Die US-Administration belohnt ueblicherweise ihre unbedingten Follower fuerstlich. Man wird sehen, wohin Frau Baerbock anschliessend geht. Vermutlich irgendwas bei der UN oder so. Der UN Sicherheitsrat hat ja mit seiner Entscheidung, keine Untersuchung des Nordstream-Attentats vorzunehmen, sehr deutlich gezeigt, von wo aus er gesteuert wird.
european
31. März 2023 @ 10:26
Wann lernen wir, dass Sanktionen nichts bringen?
Das einzige, was m.E. auch langfristig wirklich etwas bewirkt, ist Jugendaustausch, Studentenaustausch, Staedtepartnerschaften etc. Begegnung auf Augenhoehe.
Es ist nicht unsere Aufgabe, die Welt in unserem Sinne zu erziehen. Es faellt auch nirgendwo in der Welt auf fruchtbaren Boden, wie man aktuell in Bezug auf die Russlandsanktionen sehr gut sehen kann. Auch wenn es uns noch so schwerfaellt, aber es gibt eben viele Wahrheiten auf dieser Welt und jede hat ihre Historie und zieht daraus ihre Berechtigung. Voelker entwickeln sich in ihrer eigenen Geschwindigkeit und auch in ihre eigene Richtung. Man sollte auch hier bedenken, dass jemand der in eines anderen Fussstapfen tritt, selber keine eigenen Spuren hinterlaesst.
Auch bezueglich des Irans muss man immer wieder darauf hinweisen, dass der von USA/UK organisierte und durchgefuehrte Sturz von Mossadegh im Jahr 1953 und die Installation des Schah’s nach wie vor als Ursache des ganzen Uebels angesehen werden muss. Ausserdem muss man sich vor Augen halten, dass es NIE um Menschenrechte, Frauenrechte oder Demokratisierung geht. Es geht immer nur um Macht und Geld.
Aber das wird eine Frau von der Leyen niemals lernen wollen. Eine solche Haltung wuerde ihren ureigenen Machtinteressen im Wege stehen.