EUropas “Friedensformel”: Die Ukraine muss siegen
Die EU hält an der umstrittenen ukrainischen “Friedensformel” fest. Dies geht aus dem Entwurf für den EU-Gipfel Ende Juni hervor. Frieden kann es damit nur nach einem Sieg über Russland geben, von Verhandlungen ist keine Rede.
Die ukrainische Gegenoffensive läuft nicht gut. Dies hat Präsident Selenskyj heute erstmals eingeräumt: “Manche Menschen glauben, das ist ein Hollywood-Film, und erwarten jetzt Ergebnisse”, sagt er der BBC. Insgesamt laufe der Vormarsch “langsamer als gewünscht”.
Vor allem verläuft er verlustreicher als erwartet. In der Ukraine werden alte Gräber erneut ausgehoben, um Platz für gefallene Soldaten zu machen, berichtet die “New York Times”. Von hunderten Opfern am Tag ist in den einschlägigen (a)sozialen Medien die Rede.
Vor diesem düsteren Hintergrund, über den wir schon am Sonntag berichtet haben, sollte man in Kiew und Brüssel ein Umdenken erwarten, zumindest ein Innehalten. Doch dem ist nicht so. Premierminister Shmyhal behauptet weiter, die Ukraine sei auf der Siegerstraße.
Verhandlungen? Kein Thema
Auch die EU macht in “business as usual”. Der Entwurf der Gipfel-Schlußfolgerungen liest sich ziemlich genau so wie schon im Dezember und im März. Europa stehe weiter wie ein Mann hinter der Ukraine und wolle noch mehr Waffen und Munition liefern.
Waffenstillstand oder Verhandlungen, wie sie zuletzt die Afrikaner ausgelotet haben? Kein Thema. Stattdessen bemüht die EU wieder die umstrittene ukrainische “Friedensformel”. Die kennt zwar keiner – doch die Staats- und Regierungschefs stört das nicht:
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The European Union and its Member States will intensify their diplomatic outreach efforts and continue to cooperate with Ukraine and other countries to ensure the widest possible international support for the key principles and objectives of Ukraine’s Peace Formula, including through an upcoming Global Peace Summit. Any initiative for a comprehensive, just and lasting peace in Ukraine must be based on full respect for its independence, sovereignty and territorial integrity within its internationally recognised borders.
Gipfelentwurf
Zu gut deutsch: Frieden kann es nur nach einem ukrainischen Sieg geben – und erst dann, wenn alle russischen Truppen abgezogen sind. Doch die haben sich eingegraben und wollen nicht weichen. Das Morden kann und soll also weiter gehen…
Siehe auch “Top secret: Wie lautet die ukrainische Friedensformel?”
P.S. Russland muß “eine totale militärische Niederlage erleiden”, meint der schwedische Außenminister Tobias Billström im “Welt”-Interview. Derweil sind erstmals seit dem 2. Weltkrieg US-Bomber in Schweden gelandet – dabei ist das Land noch nicht einmal Nato-Mitglied. Die niedere Kunst der Eskalation beherrscht man in Stockholm aber schon ganz gut…
mozmue
27. Juni 2023 @ 13:58
Die “ukrain. Friedensformel” oder auch der “10-Punkte-Friedensplan ist” offenbar beim G20-Gipfel im Nov. 22 von Selenskyj vorgebracht worden. Hier langatmig nachzulesen: https://www.president.gov.ua/en/news/ukrayina-zavzhdi-bula-liderom-mirotvorchih-zusil-yaksho-rosi-79141
Über die Einzelheiten wurde in der Folgezeit offenbar kaum gesprochen. Später (Ende Mai?) kündigt Selenskyj einen “Friedensgipfel” an, der möglichst mit allen Ländern der Welt, aber ohne (!) Russland stattfinden sollte. Es ging wieder um den Friedensplan, der jedoch besser an die nicht-westlichen Staaten angepasst werden sollte. Ein Termin im Juli sollte es wohl werden, bisher Fehlanzeige. https://www.ukrinform.de/rubric-polytics/3716965-datum-des-friedensgipfels-noch-nicht-festgestellt-selenskyj.html
ebo
27. Juni 2023 @ 14:03
Richtig, wir haben das auch schon ausführlich dargestellt, und zwar hier
pittiplatsch
22. Juni 2023 @ 09:25
Leider zu wahr & klar, was european sagt. Und kommt deshalb bei den (West-) Deutschen nicht an. Was tun?
Helmut Höft
22. Juni 2023 @ 09:22
“Wie schön” 😉 alle wissen, dass selbst nach einem unwahrscheilichen “Sieg” – wie muss man sich das vorstellen? – der unlösbare Konflikt innerhalb der Ukraine bestehen bleibt!
Arthur Dent
21. Juni 2023 @ 23:20
@european
„Der Rechtsruck in Europa ist unaufhaltsam.“ – Ich sehe da weniger einen Rechtsruck, als vielmehr ein „Rette sich wer kann“. Zur Erinnerung: in den meisten Ländern wurde die EU und der Euro über die Köpfe der Menschen eingeführt. Sie ist eine Schein- oder Operettendemokratie, in der unser Geld verbrennt. Ihre Institutionen lassen sich wie Arbeitgeber-Drückerkolonnen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft verstehen. Die Menschen werden in einen Wettbewerb um die asozialsten Lebens- und Arbeitsbedingungen gesetzt. Nur eine Handvoll von wahren Schmarotzern (in den Medien ehrfurchtsvoll Investoren genannt) verdienen sich mit leistungslosem Einkommen eine goldene Nase. Die EU-Führung steht für einen ungehemmten Marktradikalismus der „kleinen Leute“. Großbanken und Großkonzerne werden gepämpert und gepudert. Mit jedem staatlichen Rettungs-, Spar-, Unterstützungs-, Förderpaket wird den normalen, abhängig Beschäftigten zugunsten der Finanzaristokratie der allgemein mögliche Wohlstand vorenthalten. Die gesellschaftlich überflüssigen Superreichen (Kriegsfürsten & Kriegsgewinnler) hängen dem Volk am Allerwertesten wie hartnäckige Hämorrhoiden.
Politiker können nicht einfach mal was tun, nein, sie müssen immer gestalten, vorzugsweise Dinge, die es noch gar nicht gibt – z.B. die Zukunft. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mir die Worthülsen, Sprechblasen und Sonntagsreden zum Hals heraushängen.
Hekla
21. Juni 2023 @ 20:19
Zehn- oder Hunderttausende Tote, 7-10 Millionen Flüchtlinge, 11 Sanktionspakete, X Milliarden Euro Waffenhilfen und 450 Millionen in den Krieg zwangsverwickelte und zwangsentreicherte EU-Bürger später und immer noch nichts gelernt – diese EU widert mich nur noch an.
KK
21. Juni 2023 @ 18:54
Der Gipfel eines Entwurfs – jedenfalls für eine Institution, der mal der Friedensnobelpreis verliehen wurde.
european
21. Juni 2023 @ 17:36
Eigentlich wundert das Verhalten der EU – Granden nicht. Man sollte einfach mal die Köpfe benennen und zählen, deren politisches Schicksal von einem Sieg der Ukraine abhängt. Angefangen bei Biden. Nächstes Jahr wird gewählt und JFK ist ein ernstzunehmender Kandidat aus eigenen Reihen, der dieses Desaster beenden will. Auch Trump scheint keine Wähler zu verlieren und verspricht, den Krieg sofort zu beenden.
Von der Leyen, Michel, Borrell uvm, die gesamte Bundesregierung insbesondere wenn tatsächlich die Rezession durchschlägt und Arbeitsplätze kostet. Dieser Tage lief eine Reportage aus Hessen. Die Bauindustrie hat ab September keine Aufträge mehr. Sieht nicht so gut aus und die EZB hat entgegen aller Vernunft die Zinsen nochmal erhöht.
Der Rechtsruck in Europa ist unaufhaltsam.
In diesem Krieg geht es um viele persönliche Karrieristen, denen es völlig egal ist, wieviele Menschenleben dafür noch geopfert werden. Darüber sollte man mehr sprechen als bisher.