Ein schmutziger Nato-EU-Deal mit Erdogan?

Es hat sich abgezeichnet: Die Türkei will den Nato-Beitritt Schwedens mit dem eigenen EU-Beitritt verknüpfen. Deutschland hält sich alle Optionen offen – kommt es zu einem neuen schmutzigen Deal mit Sultan Erdogan?

“Öffnet erst den Weg für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, und dann öffnen wir den Weg für Schweden”, sagte Erdogan am Montag kurz vor dem Nato-Gipfel in Vilnius.

Dort soll er am späten Nachmittag den schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zu Gesprächen über den schwedischen Nato-Beitrittswunsch treffen, den die Türkei bisher blockiert.

Die Nato und die EU sind allerdings zwei von einander unabhängige Institutionen. Der Beitritt der Türkei zur EU hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Nato-Beitritt Schwedens zu tun.

Seit der letzten, in vieler Hinsicht unfairen Wahl, bei der sich Sultan Erdogan in seinem Amt bestätigen ließ, erfüllt die Türkei die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt noch weniger denn je.

Scholz zu Gesprächen bereit

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Die Hoffnungen auf einen “türkischen Frühling” haben sich nicht erfüllt, Erdogan hat auch seinen Kurs gegenüber dem EU-Mitglied Zypern verschärft. Dass er nun Beitrittsverhandlunfgen fordert, ist grotesk.

Doch ausgerechnet Kanzler Scholz ist zu Gesprächen bereit. Schon vor dem letzten EU-Gipfel sprach sich Scholz für eine “Normalisierung” der Beziehungen aus. Bahnt sich da ein neuer, schmutziger Deal an?

Scholz’ Amtsvorgängerin Merkel hatte mit Erdogan 2016 im Alleingang einen Flüchtlingsdeal ausgehandelt. Auch der galt als schmutzig, weil er die Türkei zum “Türsteher” der EU machte – und Erdogan Milliardenhilfen bescherte.

EU als Handlanger der Nato?

Schon damals war von einer Wiederbelebung der Beitrittsgespräche die Rede. Wiederholt sich nun diese traurige Farce? Lässt sich die EU erpressen, wird sie gar zum Handlanger der Nato (und damit der USA)?

Die ersten Reaktionen machen Hoffnung – Scholz lehnte ein Junktim ab. Man müsse den Nato-Beitritt Schwedens und die Türkei-Frage auseinander halten, sagte er. Ein klares Nein zu neuen Beitritts-Verhandlungen sagte er aber nicht.

Ein Deal bleibt also weiter möglich – allerdings nicht offen, sondern womöglich in den berühmten Brüsseler Hinterzimmern…

Siehe auch Erdogan brüskiert die EU – doch die hat keinen Plan. Mehr zur Erdogan hier

P.S. Die EU und die Türkei wollen ihre Beziehungen nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel “wieder in Schwung bringen”. Michel schrieb auf Twitter, er habe dazu in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein “gutes Treffen” mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehabt. Warum überrascht mich das nicht?