Eine Asylbremse, eine Schuldenbremse – und auch noch eine Spaßbremse

Die Watchlist EUropa vom 21. Dezember 2023

Sechs Monate vor der EUropawahl hat sich die EU auf eine große Asylreform geeinigt. Im Mittelpunkt stehen neue Grenzverfahren und Aufnahmelager. Mit dem Deal, der nach zweitägigen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen vereinbart wurde, will die EU die „irreguläre“ Migration eindämmen, aber auch Rechtspopulisten einen Riegel vorschieben.

Kritiker sagen, sie übernehme die Politik der Rechten und vergreife sich am Asylrecht. Denn de facto geht es darum, die Zahl der Asylbewerber, die fast wieder so hoch ist wie 2015/16, zu senken und die “Sekundärmigration” etwa nach Deutschland zu begrenzen.

Künftig sollen Asylverfahren bereits an den EU-Außengrenzen stattfinden, um Flüchtlinge mit geringen Aufnahmechancen an der Weiterreise zu hindern. Für die Grenzverfahren sollen geschlossene Lager geschaffen werden, betroffen sind auch Familien mit Kindern.

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News & Updates

  • Die EU bekommt eine neue Schuldenbremse. Die Finanzminister der EU-Staaten haben sich auf Pläne für eine Reform der europäischen Schuldenregeln verständigt. Sie sehen unter anderem vor, dass die individuelle Situation der Länder stärker als bislang berücksichtigt wird. Der Deal war nach langem Streit zwischen Deutschland und Frankreich erzielt worden. Er lässt die längst überholten Regeln aus dem Stabilitätspakt für die Neuverschuldung und das Defizit unverändert. Gewerkschaften warnen vor einem Rückfall in die Austerität. – Mehr hier (Blog)
  • Abramowitsch scheitert vor EU-Gericht. Der russische Oligarch und ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch, hat vor dem Gericht der EU eine Niederlage erlitten. Das Gericht erklärte die Sanktionen der EU für rechtmäßig und wies seine Klage ab. Begründet wurde das damit, dass er langjährige und enge Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin habe. Er ist nach Ansicht der EU in Wirtschaftsbereichen tätig, die der russischen Regierung als wichtige Einnahmequelle dienten. – Mehr zum Wirtschaftskrieg hier
  • Von der Leyen gibt Wölfe zum Abschuß frei. Die EU-Kommission will die strengen Schutzregeln für Wölfe lockern und den Status des Wolfs von “streng geschützt” auf “geschützt” senken. Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird. Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte, die Dichte der Wolfsrudel in einigen europäischen Regionen sei inzwischen zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für die Nutztierhaltung. Im letzten Jahr war ihr Pony von einem Wolf gerissen worden…

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Eine Asylbremse (Fortsetzung)

Die Bundesregierung wollte begleitete Kinder eigentlich aus humanitären Gründen von den Grenzverfahren ausnehmen, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Staaten mit besonders hohem „Migrationsdruck“ wie Italien oder Griechenland hatten auf den harten Regeln bestanden.

Auf Drängen der osteuropäischen Staaten wurde zudem eine Krisenverordnung beschlossen, mit der die Regeln weiter verschärft werden können. Sie soll greifen, wenn Migranten „instrumentalisiert“ werden. Dies hat die EU zunächst der Türkei, zuletzt auch Russland vorgeworfen.

Mit den neuen Regeln, die auch eine lückenlose Erfassung der Migranten und Abschiebungen in „sichere Drittstaaten“ vorsehen, werde eine Lücke geschlossen, sagte Kommissionsvize Schinas. Nach der Coronakrise und dem Ukraine-Krieg stelle sich die EU nun auch der Migration.

Die erwünschte Wirkung bei der Europawahl wird die neue Asylbremse dennoch verfehlen. Denn die insgesamt fünf EU-Verordnungen treten erst 2026 in Kraft. Bis dahin dürfte die Asyl- und Flüchtlingskrise fast ungehindert weitergehen, die Reform kommt zu spät und verfehlt ihr Ziel…

Siehe auch Flüchtlingskrise: Umstrittene Deals in Paris und Brüssel

Das Letzte

Neues Internet-Gesetz wird zur Spaßbremse. Weil sie so viel Traffic haben, müssen sich nun auch Pornoseiten den neuen EU-Regeln fürs Internet unterwerfen. EU-Binnenmarktkommissar Breton erklärte, drei Firmen – Pornhub, Stripchat und XVideos – erreichten mit der hohen Zahl ihrer Nutzer den Schwellenwert, um unter die sogenannten DSA-Verpflichtungen zu fallen. Die neuen Regeln aus dem Digital Services Act (DSA) verlangen von großen Unternehmen, Maßnahmen zu ergreifen, um illegale Inhalte oder die Verbreitung von Desinformationen zu verhindern. „Die Schaffung einer sichereren Online-Umgebung für unsere Kinder ist eine hohe Priorität des DSA“, betonte Breton. Prima – doch seit wann schauen Kinder bei „Pornhub“ vorbei? Gibt es für solche Seiten nicht eine Kindersicherung, muß da extra Brüssel einschreiten?

Siehe auch „EU übernimmt Kontrolle über die Medien“

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