(Zu viel) Hoffen auf Tusk, Streik gegen Austerität – und Eklat bei COP28

Die Watchlist EUropa vom 12. Dezember 2023

Das Warten hat ein Ende: Fast zwei Monate nach der Wahl Mitte Oktober hat Polen den Machtwechsel vollzogen. Das Parlament in Warschau votierte mit 248 zu 201 Stimmen für den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Tusk vom liberal-konservativen Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) als neuen Regierungschef.

Mit dem Machtwechsel könnte der jahrelange Streit zwischen der EU und Polen über die Justizreform und die Zuteilung von eingefrorenen EU-Mitteln in Milliarden-Höhe enden.

Zudem dürfte die jahrelange Eiszeit zwischen Polen und Deutschland einem Tauwetter weichen. Die nun entmachtete PiS hatte den Wahlkampf vor allem mit antideutschen Parolen bestritten.

In Brüssel hofft man, dass Tusk sein Land zu einer neuen Führungsnation in der EU macht und entscheidend dazu beiträgt, Ungarns rechtspopulistischen Regierungschef Orban zu isolieren.

Doch die Hoffnung könnte trügen – zumindest in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, wo Tusks Koalition einen ähnlich restriktiven Kurs fahren dürfte wie bisher.

Auch im Streit um den Rechtsstaat sind keine schnellen Fortschritte zu erwarten. Tusks Regierung dürfte Jahre brauchen, um das Erbe der PiS-Regierung abzuräumen.

Ärger droht sogar mit der Ukraine: Den Aufstand der polnischen Bauern und Lkw-Fahrer kann Tusk nicht einfach übergehen. Und die Kosten der geplanten Erweiterung kann er nicht ignorieren.

Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft schätzen die finanziellen Folgen einer Vollmitgliedschaft der Ukraine in der EU auf das mehrjährige Budget der EU auf rund 130 bis 190 Milliarden Euro.

Polen würde damit vom größten Netto-Empfänger zum Nettozahler. Kaum vorstellbar, dass der “leidenschaftliche Pro-EUropäer” Tusk das einfach so schluckt…

Siehe auch “Nein, Tusk ist noch längst nicht am Ziel”

News & Updates

  • Streik gegen Austeritätspolitik. In Brüssel gehen am Dienstag Gewerkschafter und Politiker aus mehreren EU-Ländern auf die Straße, um gegen die geplante Reform der europäischen Schuldenregeln zu protestieren. Die Polizei rechnet mit mehreren tausend Teilnehmern und großen Behinderungen. Hintergrund sind die laufenden Beratungen der Finanzminister. Sie werden mit Hochdruck vorangetrieben und könnten zu neuen Sozialkürzungen führen. – Mehr dazu hier.
  • Zweifel an neuem KI-Gesetz. Der europäische “AI Act” bleibt hinter den Erwartungen der Medienbranche und vieler Künstler zurück: “Allem Anschein nach wurde nicht sichergestellt, dass Medien und Urheber ausreichende Informationen über die Nutzung ihrer Inhalte durch KI-Systeme erhalten”, heißt es in einer Stellungnahme mehrerer Verbände. Systeme wie Chat-GPT werden mit Inhalten “gefüttert”, doch die Urheber werden nicht bezahlt… – Mehr hier (Blog)
  • Kritik an Israel, Sanktionen gegen Hamas. Die EU verschärft die Gangart gegenüber Israel. Bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel warf der Außenbeauftragte Josep Borrell der rechten Regierung vor, sich über europäische und internationale Appelle hinwegzusetzen. Folgen dürfte dies allerdings nicht haben, denn mehrere Staaten – darunter Deutschland – stelln sich schützend hinter Israel. Derweil verhängte die EU neue Sanktionen gegen die Hamas. – Mehr hier (Artikel für die taz)

Das Letzte

Eklat um fossile Energien. Empörung bei der Weltklimakonferenz COP28: Die emiratische Präsidentschaft hat einen neuen Entwurf des zentralen Beschlusstextes vorgelegt. Darin ist kein Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus allen fossilen Energien enthalten. Die neue Version sieht lediglich eine “Verringerung sowohl der Nutzung als auch der Förderung von fossilen Energieträgern” vor. Deutschland und die EU haben den Entwurf prompt zurückgewiesen. Der Text sei “nicht akzeptabel”, sagte Außenministerin Baerbock in Dubai. Eigentlich erstaunlich: Setzt nicht auch Deutschland wieder vermehrt auf Braunkohle und das klimaschädliche Flüssiggas LNG?

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