Ein Jahr Katargate, EU-China-Gipfel – und doch kein “Heizungshammer”
Die Watchlist EUropa vom 09. Dezember 2023 – heute mit der Wochenchronik
Es war der bisher größte Korruptionsskandal der EU. Mehrere Millionen Euro sollen aus Katar als Bestechungsgelder an mehrere Europaabgeordnete geflossen sein. Doch ein Jahr nach nach den spektakulären Ermittlungen und Hausdurchsuchungen vom Dezember 2022 wird das „Katargate“ immer mysteriöser. Die belgische Justiz scheint überfordert, die Verdächtigen sind auf freiem Fuß.
Eva Kaili, die einst als Hauptverantwortliche betrachtet und schleunigst von ihrem Posten als stellvertretende Parlamentspräsidentin entfernt wurde, geht längst wieder in Brüssel und Straßburg ein und aus, als wenn nichts gewesen wäre. Sie sei Opfer eines Komplotts geworden, behauptet die 45-jährige prominente Griechin.
Auch die sozialistische Europaabgeordnete Marie Arena, die als wichtige Mitwisserin gilt, wurde nicht belangt. Man werde keine Aufhebung der Immunität verlangen und auch keine Verhaftung vornehmen, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. Das bedeute zwar nicht, dass die Ermittlungen eingestellt wurden, heißt es in Brüssel.
Doch bisher sind sie weitgehend im Sande verlaufen. Mittlerweile ist nicht einmal mehr klar, warum es genau geht. “Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ – so lauteten die Vorwürfe gegen Kaili vor einem Jahr. Die Ermittler fanden in ihrer Brüsseler Wohnung 150.000 Euro in bar.
Doch woher kam das Geld? Steckt wirklich Katar hinter der Affäre, wollte der Wüstenstaat für ein günstiges Meinungsklima und Visafreiheit in der EU sorgen? Oder geht es eigentlich um Marokko, wie das auf EU-Themen spezialisierte Portal „Politico“ vermutet, das genüsslich aus den Ermittlungsakten zitiert?
Ganz Brüssel war auf Schmusekurs
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Je mehr ans Tageslicht kommt, desto mysteriöser wird der Skandal, der offenbar durch Geheimdienst-Erkenntnisse ausgelöst wurde. Auch neue Enthüllungen helfen nicht weiter. Der belgische “Soir” berichtet von Unterlagen, die Kailis Verstrickung belegen sollen.
Doch sie zeigen auch, dass ganz Brüssel auf Schmusekurs mit Katar waren. Vor allem EU-Kommissionsvize Schinas war dem “Charme” der Scheichs erlegen. Der Stellvertreter von Kommissionschefin von der Leyen lobte sogar “beachtliche Fortschritte” beim Arbeitsrecht – dabei sind in Katar viele Arbeiter beim Bau der Fußballstadien für die WM ums Leben gekommen.
Doch Schinas wurde nie gerügt oder gar belangt, gegen Kaili hat es keinen Prozeß gegeben. So bleibt vom “Katargate” nur eins: Eine große Verunsicherung – und das Warten auf Justiz. Ähnlich wie die Pfizer-Affäre um von der Leyen könnte auch dieser Skandal bis zur Europawahl unaufgeklärt bleiben…
Was war noch? Die EU und China haben endlich wieder einen “echten” Gipfel abgehalten, in persona. Doch statt die Chance zu nutzen, um sich wieder anzunähern, haben EU-Chefin von der Leyen und Ratspräsident Michel ihren Gastgebern in Peking eigentlich nur Vorhaltungen gemacht.
“Die europäischen Staats- und Regierungschefs werden ein Ungleichgewicht in den Handelsbeziehungen nicht auf Dauer tolerieren”, sagte von der Leyen. So ähnlich hatte früher auch Trump argumentiert. Und Michel warnte China davor, die Sanktionen gegen Russland zu unterlaufen...
Außerdem hat sich die EU auf eine Reform der Gebäuderichtlinie geeinigt. Der befürchtete “Heizungshammer” ist ausgeblieben – ausgerechnet Deutschland hat den Entwurf verwässert! – Mehr dazu in meinem Bericht für die taz
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Der „Michel“ ist längst aufgewacht !
Er ist auch wissender als es den „Entscheidungsträgern“ lieb ist .
Jede auf Zeit gewählte Gruppierung, die ihre Interessen durchsetzen will, ist ja derart stark vernetzt, das Objektivität für den Bürger und der Gesellschaft
zur „Scheinheiligkeit“ verkommt. In der EU- Politik sowie auch in der Politik der EU- Staaten verkommen so demokratische Grundvoraussetzungen. Kein Wunder, das Politikverdrossenheit in der Gesellschaft verkommt. Natürlich verraten sich die „Pharisäer“ dieser Macht Eliten: Die kleine Leute hängt man und die Großen kommen davon.