Drama um Ukraine-Hilfen, Russland verdrängt EU – und Katargate XXL?

Die Watchlist EUropa vom 01. Februar 2024 – Heute mit dem nächsten EU-Krisengipfel, der nächsten Hiobsbotschaft aus Afrika und erschreckenden Erkenntnissen aus dem Europaparlament.

Die EU hat zunehmend Mühe, ihre Versprechen gegenüber der Ukraine einzulösen. Geld, Waffen, Munition – überall hakt es. Deutschland könne die Probleme nicht alleine lösen, warnte Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor einem Sondergipfel in Brüssel. Auch Ratspräsident Charles Michel schlägt Alarm.

Der Gipfel dürfe nicht scheitern, schrieb Michel in seiner Einladung für das Krisentreffen. “Eine Einigung sicherzustellen ist für unsere Glaubwürdigkeit von entscheidender Bedeutung”, so der Belgier. Beim letzten, regulären EU-Gipfel im Dezember war die Einigung am ungarischen Regierungschef Viktor Orban gescheitert.

Der Sondergipfel soll nun den Weg für die außerplanmäßige Geldspritze aus dem EU-Budget frei machen. Es gehe nicht nur um die Ukraine, sondern um die Sicherheit in ganz Europa, heißt es zur Begründung in Brüssel. Orban dürfe die EU nicht länger blockieren. Um seinen Widerstand zu brechen, greifen die Europäer zu radikalen Mitteln.

So wurde kurz vor dem Gipfel ein EU-Dokument an die „Financial Times“ durchgestochen, in dem Ungarn eine schwere Wirtschaftskrise prophezeit wird, falls Orban nicht endlich einlenken sollte. Das Europaparlament droht gar mit der Sperrung aller EU-Gelder. Einige Abgeordnete möchten Ungarn auch noch das Stimmrecht entziehen.

Wird Ungarn zum Pariastaat?

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So viel Drama hat Brüssel lange nicht mehr erlebt. Insider fühlen sich an die schlimmsten Zeiten der Eurokrise erinnert, als Griechenland der Rauswurf drohte. Nun könnte Ungarn zum Pariastaat erklärt werden – wenn Orban nicht doch noch einlenkt. Dies ist jedoch nicht die einzige Sorge, die die EU-Chefs umtreibt.

Streit gibt es auch über die Waffenhilfe. Hier hat sich Kanzler Scholz in die Nesseln gesetzt. Er fordert nicht nur, die bilaterale deutsche Hilfe im Wert von 7 Milliarden Euro auf die gemeinsamen EU-Leistungen anzurechnen. Scholz will auch mehr Einsatz der Partner – und blockiert deshalb die gemeinsame Kriegskasse.

Überschattet wird der Gipfel zudem noch von akuten Problemen bei der Munition. Die EU-Staaten hatten der Ukraine versprochen, bis Ende März eine Million Artilleriegeschosse zu liefern. Bisher wurden nach EU-Angaben aber nur rund 300.000 Geschosse geliefert.

Der Munitions-Plan ist damit gescheitert. Allerdings war er ohnehin nie realistisch – genauso wenig wie die anderen Hilfsversprechen an die Ukraine. Jetzt rächt es sich, dass man nie eine eigene Strategie entwickelt hat und nicht einmal die verfahrene Lage im Krieg zur Kenntnis nimmt…

Siehe auch Spaltpilz Ukraine

News & Updates

  • Russland verdrängt EU aus Afrika. Drei Staaten der Sahelzone haben ihren Ausstieg aus der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas angekündigt. Bisher waren sie Partner Frankreichs und der EU – nun arbeiten sie mit Russland zusammen. “Russland gewinnt den Kampf um Einfluss in Afrika”, sagt ein Experte im “Spiegel”. Es hat sich lange abgezeichnet…
  • Deutschland macht Weg für KI-Gesetz frei. Nach wochenlangem Gezerre will Deutschland dem ersten europäischen KI-Gesetz nun doch zustimmen. Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) sagte, das Ringen sei mit einem tragbaren Kompromiss zu Ende gegangen. – Bei vielen anderen EU-Gesetzen brmest Deutschland aber immer noch – mehr dazu hier
  • Umstrittene Chatkontrolle wird verlängert. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments hat seine Position zur freiwilligen Chatkontrolle beschlossen: Sie soll demnach verlängert werden – aber nicht ewig. – Sozialdemokraten & Konservative & Rechtsradikale hätten es möglich gemacht, klagt M. Sonneborn auf Twitter

Das Letzte

Katargate XXL – wie korrupt sind die Europaabgeordneten? Der größte Korruptionsskandal der EU, das sog. Katargate, ist immer noch nicht aufgeklärt. Das Europaparlament hat zwar neue, härtere Regeln gegen Korruption beschlossen, selbst aber nicht ermittelt. Nun meldet das investigative Portal “Follow the Money”, fast jeder vierte Europaabgeordnete sei in Skandale verwickelt – von (sexueller) Belästigung bis Korruption. Wenn das stimmt, wäre es ein “Katargate XXL” – und durchaus geeignet, das Vertrauen der Bürger fünf Monate vor der Europawahl erneut zu erschüttern…

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