Spaltpilz Ukraine, Bösewicht China – und verlieren die Leyen die Mehrheit?

Die Watchlist EUropa vom 25. Januar 2024 – Heute mit Spannungen vor dem EU-Sondergipfel, angeblich riskanten Investments in EUropa und einer brisanten Projektion für die Europawahl.

Die EU steht wie ein Mann hinter der Ukraine. Also fast. Wenn da nicht Orban und Fico wären, stünden wir wie eine Eins. Vor allem Deutschland. Deutschland werde “nicht wackeln” in der Unterstützung für die Ukraine, hat Finanzminister Lindner gerade wieder erklärt.

Doch das stimmt so nicht. Deutschland wackelt, genauso wie die meisten anderen EU-Staaten. Seit Wochen streiten die 27 über die Finanzierung der gemeinsamen Waffenhilfe für Kiew. Der Streit dürfte auch den Sondergipfel am 1. Februar überschatten.

Wenn nicht alles täuscht, werden sich die Mitglieder zwar auf eine Finanzspritze von 50 Mrd. Euro einigen, um das Land vor dem Bankrott zu bewahren. Doch die vergleichsweise geringe Summe von 5 Mrd. Euro für die gemeinsame Kriegskasse werden sie nicht freigeben.

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Ukraine first, EU-Bürger second?

Und das ist nicht das einzige Problem. Streit gibt es auch über die Agrarpolitik, denn die Ukraine überschwemmt die EU mit Billigexporten. Neuerdings wandern große Agrarbetriebe sogar ins Kriegsland ab, weil sie dort günstiger produzieren und mehr Profit machen können.

Nicht zuletzt deshalb gehen die Bauern in Deutschland und Frankreich auf die Barrikaden. Doch die EU-Kommission, die in der Agrarpolitik viel mehr zu melden hat als Herr Özdemir, denkt nicht daran, auf ihre eigenen Bürger Rücksicht zu nehmen und ihren Kurs zu korrigieren.

So wird die Ukraine zum Spaltpilz, und das Jahre vor dem geplanten – und heftig umstrittenen – EU-Beitritt. Streit gibt es auch über weitere Sanktionen gegen Russland. Die EU plant sie zum 2. Jahrestag der Invasion, obwohl die bisherigen kaum wirken und neue Strafen neuen Streit auslösen.

So fordert Kiew neuerdings, auch Flüssiggas aus Russland mit Sanktionen zu belegen. Dies würde ausgerechnet Belgien treffen, das derzeit den EU-Vorsitz innehat. Es würde auch Deutschland treffen, das viel Flüssiggas aus Belgien importiert – via Antwerpen.

Egal, die Forderung steht im Raum. Wer Nein sagt, muß sich rechtfertigen. Wer fragt, was die Ukraine-Hilfe für die EU und ihre Bürger bringt, wird als “Putin-Freund” angefeindet. Die Ukraine ist zum Spaltpilz geworden – und Orban ist ausnahmsweise mal nicht schuld.

Siehe auch Streit ums Geld: Berlin bremst bei Waffen für die Ukraine

News & Updates

  • Brüssel will Investitionen aus China überwachen. Die EU-Kommission zieht die Daumenschrauben gegenüber China weiter an. Künftig sollen chinesische Investitionen in den 27 EU-Ländern systematisch erfasst und auf mögliche Risiken geprüft werden. Außerdem will die Behörde europäische Investitionen in China und anderen Drittländern erfassen und prüfen. – US-Multis und amerikanische Hedgefonds werden nicht überwacht – die sind ja keine Bösewichte...
  • Kiew will ukrainische Bürger aus EU zurückholen. Im September hat die EU beschlossen, den Schutzstatus für geflüchtete Ukraine bis 2025 zu verlängern. Ohne Begründung, und ohne Rücksicht auf die Wohnungsnot und andere Probleme. Nun kommt “Kommando zurück”, jedenfalls aus Kiew: Die Regierung fordert, die Rückkehr in die Ukraine zu fördern. – Man darf gespannt sein, ob Brüssel Folge leistet.
  • Berlin will, das alle mehr Waffen liefern. Klare Ansage von Kanzler Scholz: “Die Beiträge, die die europäischen Staaten bisher für 2024 vorgesehen haben, sind noch nicht groß genug”, sagte Scholz der Wochenzeitung “Die Zeit”. “Europa muss diskutieren, was jedes Land beitragen kann, damit wir die Unterstützung erheblich ausweiten können.“ Scholz zeigt Führung – leider an der falschen Stelle…

Das Letzte

Verlieren die Leyen die Mehrheit? Diese Frage treibt viele EU-Politiker um, die die jüngste Projektion zur Europawahl gelesen haben. Im neuen Parlament könnte fast die Hälfte der Sitze von Parteien gehalten werden, die nicht der großen Koalition um Frau von der Leyen angehören (also alle außer Sozis, Konservativen und Liberalen). Erstmals wäre sogar eine stramm rechte Mehrheit mit EVP, EKR, Nationalisten und Rechtspopulisten möglich, schätzt der ECFR. Der “scharfe Rechtsruck” hätte “signifikante Konsequenzen” für die EU-Politik, warnen die Experten. Auf die Idee, dass die aktuelle EU-Politik der Leyen “signifikante Konsequenzen” für die Europawahl hat – nämlich genau den befürchteten Rechtsruck auslösen könnte – kommen sie nicht…

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