Downgrade für Merkozy

Vor jedem EU-Gipfel schießen die Ratingagenturen quer

Die Ratingagentur S&P droht Deutschland und Frankreich mit einem Verlust der Bestnote AAA. Frankreich könnte sogar gleich um zwei Stufen abrutschen. Die Warnung kam nur Stunden nach dem Pariser Deal von Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy – und ist nicht anders als ein massives Mißtrauensvotum in den neuen „Rettungsplan“ von „Merkozy“ zu werten. 

Es ist schon zur Gewohnheit geworden, dass die Ratingagenturen kurz vor einem wichtigen EU- und Eurogipfel zuschlagen und den „Euro-Rettern“ Knüppel zwischen die Beine werfen. Das geht seit anderthalb Jahren so, ohne dass die Chefs es für nötig befunden hätten, gegen diese Art von Einmischung einzuschreiten. Deshalb dürfen sie sich auch diesmal nicht beschweren. 

Denn S&P haben ja Recht: Die Eurozone ist in eine systemische Krise geraten, die mit dem Merkozy-Plan zur Änderung der EU-Verträge nicht gelöst werden kann. Der Plan ist nicht nur autoritär und abwegig, wie ich bereits gestern gebloggt habe. Er gibt auch keine Antwort auf die fünf entscheidenden Fragen, die S&P anspricht (zitiert nach FT Alphaville): 

Today’s CreditWatch placements are prompted by our belief that systemic stresses in the eurozone have risen in recent weeks to the extent that they now put downward pressure on the credit standing of the eurozone as a whole.

We believe that these systemic stresses stem from five interrelated factors:

(1) Tightening credit conditions across the eurozone;

(2) Markedly higher risk premiums on a growing number of eurozone sovereigns, including some that are currently rated ‘AAA’;

(3) Continuing disagreements among European policy makers on how to tackle the immediate market confidence crisis and, longer term, how to ensure greater economic, financial, and fiscal convergence among eurozone members;

(4) High levels of government and household indebtedness across a large area of the eurozone; and

(5) The rising risk of economic recession in the eurozone as a whole in 2012. Currently, we expect output to decline next year in countries such as Spain, Portugal and Greece, but we now assign a 40% probability of a fall in output for the eurozone as a whole.

Vor allem auf die akute Kreditklemme (1) und die drohende Rezession (5) geben Merkozy keine Antwort. Sie haben es nicht einmal für nötig befunden, die brennendsten Probleme in Griechenland und Italien anzusprechen – geschweige denn, die Weichen für neues und nachhaltiges Wachstum in der Eurozone zu stellen. Dabei ist es gerade das, was Analysten und Investoren am dringendsten fordern.

Auch die Schieflage des Euro-Rettungsschirmes EFSF haben sie nicht gelöst. Dabei mussten die Finanzminister gerade erst einen Offenbarungseid abgeben und zugeben, dass der EFSF nicht die geplante “Feuerkraft” von einer Billion Euro erreichen wird. Ein Downgrading Deutschland und Frankreichs, wie es nun S&P ankündigt, würde den EFSF weiter in die Bedrouille bringen.

Es ist deshalb nur logisch, dass die Ratingagentur heute eine Warnung zum EFSF nachgeschoben hat, wie SPON meldet.

Wie ernst die Lage in Wirklichkeit ist, und wie wenig Vertrauen man dem Merkozy-Deal schenken kann, machen zwei Meldungen von heute Morgen deutlich. Zum einen plündern die Griechen ihre Konten, weil sie keine Hoffnung mehr auf ein Ende der Misere haben. Zum anderen aktiviert die Bundesregierung den Bankenrettungsfonds Soffin wieder – er soll dieselbe Schlagkraft wie zum Höhepunkt der Finanzkrise erhalten.

Offiziell bereitet sich Bundesfinanzminister Schäuble damit auf ein Gutachten der Europäischen Bankenaufsicht zum Kapitalbedarf vor, das noch diese Woche erwartet wird. Dieses Gutachten bezieht sich jedoch auf die Eurokrise und ihre Folgen für die Banken. Wenn Deutschland genauso viel Geld für die Eurokrise wie für die Finanzkrise 2008 bereithalten muss, ist eigentlich alles gesagt… 

 

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