Die bittere Bilanz der EU-Sanktionen
Die Sanktionen wirken, Russland verliert den Krieg – oder mindestens den Energiekrieg! Wie oft haben wir das im vergangenen Jahr gehört? Nun liegen erste Zahlen aus 2022 vor – die Bilanz fällt bitter aus.
Erst sollten sie den Krieg verhindern. Dann sollten sie “Russland ruinieren”. Kurz darauf hieß es, die Sanktionen würden “Putins Kriegskasse” leeren und den Krieg schnell beenden. Neunmal wurde dies im vergangenen Jahr von EU-Verantwortlichen verkündet – bei jedem der neun Sanktionspakete.
Kein einziges Ziel wurde erreicht. Putin wurde nicht von der Invasion abgeschreckt, Russland wurde nicht ruiniert, die “Kriegskasse” wurde nicht geleert – und der Krieg wurde nicht beendet. Im Gegenteil: Auf dem Höhepunkt der Sanktionswelle im Herbst ist er immer mehr eskaliert.
Aber den Energiekrieg haben wir doch wenigstens gewonnen? Das ist das neue Narrativ, das u.a. von “Politico” verbreitet wird. Schließlich seien die Lichter in EUropa nicht ausgegangen – und es würden auch nicht Millionen Europäer frieren, wie von Putin vorausgesagt. Das stimmt.
Die “Kriegskasse” hat sich gefüllt
Doch die Kosten-Nutzen-Bilanz ist negativ. Dies zeigen erste, vorläufige Zahlen aus 2022. Demnach mussten die EU-Staaten ca. eine Billion Dollar ausgeben, um sich von russischen Energielieferungen abzukoppeln, Alternativen zu beschaffen und ihre Bürger einigermaßen zu entschädigen.
Gleichzeitig hat Russland aber seine Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl um knapp ein Drittel gesteigert. Im russischen Haushalt seien im vergangenen Jahr 28 Prozent beziehungsweise um 2,5 Billionen Rubel (Ende 2022 etwa 31,6 Milliarden Euro) mehr eingegangen, heißt es in Moskau.
Die “Kriegskasse” hat sich also nicht geleert, sondern gefüllt – nicht zuletzt dank spekulativer und dysfunktionaler Märkte, die die EU bis heute kaum reguliert hat. Zugleich fiel die Rezession in Russland deutlich milder aus, als die Bundesregierung schätzte (minus drei statt minus zehn Prozent).
Das Ende von “made in Europe”?
Die Sanktionen würden erst mittel- oder langfristig wirken, heißt es nun. Mag sein. Doch die Debatte über ein neues, zehntes Sanktionspaket spricht eine andere Sprache. Offenbar haben die ersten neun Strafmaßnahmen die versprochene “massive” Wirkung verfehlt; deshalb braucht es immer mehr.
Gleichzeitig verdüstern sich die Perspektiven in der EU. Wegen steigender Energiekosten drohe das Ende von “made in Europe”, orakelt “Politico”, das gerade noch den “Sieg” im Energiekrieg ausgerufen hatte. Schuld daran sind die Sanktionen – und die USA, die ein Subventionsprogramm aufgelegt haben.
Vielleicht war Kommissionschefin von der Leyen doch nicht so gut beraten, den USA bei den Sanktionen zu folgen...
Siehe auch So teuer ist der “Energiekrieg” mit Russland und “Ausblick 2023: Der Wohlstand schwindet, Europa wird abgehängt“ sowie Neues vom Wirtschaftskrieg (185): Russland verdiente 2022 mehr an Öl und Gas
P.S. Demnächst könnte Diesel-Kraftstoff knapp werden – noch eine Folge von EU-Sanktionen…
WBD
18. Januar 2023 @ 09:14
„War es nicht eine Erkenntnis, dass man Lügen und Unwahrheiten – im Neusprech “Fakenews” – nur stoisch so lange und penetrant immer wieder wiederholen muss, bis sie allen als Wahrheit erscheinen?“
Das nannte man früher ‚Indoktrination‘ – aber sowas haben ja nur Kommunisten damals gemacht. Wir sind ja der freiheitliche Teil der Welt, incl. der Freiheit, die Regierungs- äh, die Mehrheitsmeinung zu teilen… oder so…
Konni
17. Januar 2023 @ 22:28
Tja, habe erst heute kurz als Spiegel Schlagzeile gelesen, offenbar für die doofen Eulenspiegler gedacht, Sanktionen wirken doch, die Russkis können ihr Rohöl nur noch zu gewaltigen Diskont verkaufen, na wer sagst denn, aber niemand sagen dass jede Menge russisches Erdöl weiterhin an die EU geliefert wird, und zwar mit saftigem Aufschlag durch die Hintertür von der Türkei, Saudis, Golfstaaten, Indien, China, Japan etc., aber hey der Bürger muss glauben, Sanktionen wirken wie geplant, oder gaaaanz, sicher, Wunder dauern ja immer etwas länger..dann mal zu
ebo
17. Januar 2023 @ 22:37
Der Spiegel bezieht sich auf das noch junge Ölembargo und die Preisbremse, also auf Entscheidungen von Dezember. In meinem Blog geht es um das ganze Jahr. Das erklärt einen Teil der Unterschiede
Thomas Damrau
17. Januar 2023 @ 10:27
Lieber @ebo, da sind Sie aber falsch informiert:
Laut “Wirtschaft vor acht” (ab 2:55 in https://pdvideosdaserste-a.akamaihd.net/int/2023/01/13/HR_OV696511/live_20230113_185424_sendeton_640x360-50p-1200kbit.mp4 ) wurde die russische Wirtschaft durch die Sanktionen erfolgreich ruiniert.
Der “gut informierte deutsche Fernsehbürger” wird also mit Ihrem Artikel wenig anfangen können.
ebo
17. Januar 2023 @ 10:28
Ja, das habe ich schon auf Twitter gemerkt 🙂
Arthur Dent
16. Januar 2023 @ 23:26
“Aber den Energiekrieg haben wir doch wenigstens gewonnen?”
Noch so ein (Pyrrhus)-Sieg – und wir sind verloren.
Bislang ist es ein Artillerie-Krieg, und Russland verfügt über mehr Artilleriewaffensystem als alle Nato-Staaten zusammen. Und falls es stimmt, was ich gelesen habe (leider weiß ich die Quelle nicht mehr), hatte Russland vor dem Krieg einen Bestand von 17 Millionen Artilleriegeschossen. Das Bombardement kann also noch eine ganze Zeit so weitergehen. Die Handvoll deutscher Kampfpanzer sind frühestens im kommenden Frühjahr lieferfähig, und wie die bis an den Einsatzort kommen sollen, ist mir ein Rätsel. Und ob die ausreichen, eine Atommacht in die Knie zu zwingen???
KK
16. Januar 2023 @ 23:19
“Erst sollten sie den Krieg verhindern. Dann sollten “Russland ruinieren”. Kurz darauf hieß es, die Sanktionen würden “Putins Kriegskasse” leeren und den Krieg schnell beenden. Neunmal wurde dies im vergangenen Jahr von EU-Verantwortlichen verkündet – bei jedem der neun Sanktionspakete.”
War es nicht eine Erkenntnis, dass man Lügen und Unwahrheiten – im Neusprech “Fakenews” – nur stoisch so lange und penetrant immer wieder wiederholen muss, bis sie allen als Wahrheit erscheinen?