Die EVP verliert weiter, neue Parteien legen zu
Die konservative Europäische Volkspartei des deutschen Spitzenkandidaten Manfred Weber (EVP) verliert weiter an Boden. Gleichzeitig können neue, kaum bekannte Parteien auf den Einzug ins nächste Europaparlament hoffen.
Dies legt die jüngste Projektion der auf Europapolitik spezialisierten Plattform “Politico” nahe. Zitat:
The European People’s Party leads with 170 seats (156 without Hungary’s Fidesz), which is just 22.6 percent of seats. The Socialists are on 149 seats, followed by the liberal ALDE/En Marche group on 99 seats. In fourth place is the growing list of new and unaffiliated parties on 75 seats, ahead of Matteo Salvini’s alliance on 68 seats, the European Conservatives and Reformists on 63, the Greens on 56 and the left-wing GUE/NGL on 49.
Quelle: Politico
Dass die EVP noch “führt”, wie “Politico” schreibt, ist nur ein kleiner Trost. Denn gegenüber der letzten Projektion des Europaparlaments von Ende April verliert Webers Liste noch einmal 10 Sitze. Der Wahlkampf des selbst in Deutschland unbekannten Spitzenkandidaten scheint nicht zu zünden.
Die Sozialdemokraten verlieren sogar 12, die liberale ALDE immerhin noch 5 Sitze. Die großen Gewinner sind, wenn man dieser Projektion glauben mag, die neuen und nirgendwo zugeordneten Parteien. Sie könnten aus dem Stand 75 Abgeordneten-Sitze erringen.
Erstaunlich ist das nicht. Allein in Deutschland buhlen 40 Parteien und Splittergruppen um die Gunst der Wähler, in Frankreich sind es 33 – ein Rekord. Darunter auch drei Wahllisten der “Gelbwesten”, die sich oft um Politiker aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum scharen.
All dies lässt eine weitere Zersplitterung des Wählerwillens erwarten – und ein extrem fragmentiertes Europaparlament, in dem die ehemaligen Volksparteien schon jetzt als Verlierer dastehen. Sie dringen nicht mehr durch, die Spitzenkandidaten kommen nicht an…
Mehr zur Europawahl hier, aktuelle Wahlumfragen und Projektionen hier
Summerhill
5. Mai 2019 @ 11:52
“…drei Wahllisten der ‘Gelbwesten’, die sich oft um Politiker aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum scharen.”
Was heißt da “oft” ?
Zwei von drei Listen ?
Im Dezember 2018 wurde ein ziemlich langer und guter Forderungskatalog der Gelbwesten beschlossen und veröffentlich. Von den ca 40 Punkten waren allenfalls 2 oder 3 konservativ oder rechts. Zu überwältigend großen Teilen war das alles ganz schlicht vernünftig, fortschrittlich links und/oder grün.
Und nun ???
Was sind das nun für “Gelbwesten”-Wahllisten ?
Wer steckt dahinter ?
Sind das überhaupt “Gelbwesten”-Listen ?
Wer hat die nominiert und legitimiert ?
Ich weiß es nicht. Würd’s aber gern wissen…
ebo
5. Mai 2019 @ 13:53
Eine gute Übersicht steht hier, leider nur auf Französisch: https://www.franceinter.fr/politique/ou-sont-les-gilets-jaunes-sur-les-listes-pour-les-elections-europeennes
Summerhill
6. Mai 2019 @ 08:26
Danke !
Dafür bin ich leider zu blöd.
Latein musst’ ich lernen damals. Das würde aber heute auch nicht helfen.
Gallia est omnis divisa in partes tres…
Holly01
5. Mai 2019 @ 10:44
Bei der “heute show” war ein kurzes Video von einer Manfred Weber Rede.
Er so sinngemäß:
“Von denen die hier im Saal sitzen werden 40% an Krebs erkranken und 20% werden an diesem Krebs sterben”
Totenstille im Saal …
Also wenn die CSU da keinen großen Redner ausgepackt hat, der sein Publikum begeistern kann, dann weiß ich auch nicht.
Gegen den ist Oettinger ein großer Redner …
Es ist unglaublich wer sich in der Politik so durchsetzt.
Leute die von sich selbst behaupten mit 16 ein riesen “FJS” Poster über dem Bett gehabt zu haben.
Oder die als Jugendliche schon bei den Parteien Mitläufer waren und nie etwas anders gesehen haben, als Hintern zum rein kriechen.
Vorsitzende deren ganze Qualifikation aus Bankrotten besteht. Ein professionelles Stehaufmännchen.
Krass. Kaum zu glauben.
vlg
Peter Nemschak
5. Mai 2019 @ 10:19
Nicht mehr weiter so, aber weiter wie? Die Antwort auf diese Frage bleiben einem die neuen Parteien schuldig. Dass Wahlplakate sowohl national wie auf EU-Ebene mit Banalitäten gespickt sind, ist nicht neu. Was die Bürger, vor allem die Autofahrer ärgert, dass viele Wahlplakate die Sicht im Straßenverkehr behindern.
Claus
5. Mai 2019 @ 09:36
Der ganze zur EU-Wahl ausgetragene politische Wettstreit, wenn überhaupt als solcher wahrnehmbar, lässt sich reduzieren auf eine „Weiter so“ versus „Nicht mehr weiter so“. Schaut sich der politisch interessierte Bürger die Wahlplakat-„Offensiven“ der (ehemaligen) Volksparteien an, lassen ihn diese in der Banalität ihrer Aussagen fassungslos zurück, wenn nicht gar verärgert, weil er sie mit seinen Steuergeldern auch noch bezahlen muss. Ein ihn bewegendes „Takeaway“ (wie es im Marketing heißt) findet er bei den etablierten Parteien nicht.
Das ganze Wahltheater mag für EVP & Co. vor 30 Jahren noch gerade so funktioniert haben, mit zunehmenden Informations- und Vernetzungsmöglichkeiten aber nicht mehr. Daher der Drang der Politik zur Meinungs- und Diskurs-Kontrolle oder auch einer europäischen „Demokratiepolizei“, wie sie jüngst in einem Gesetzentwurf der FDP (dort genannt „Schutz der liberalen Demokratie in Europa“) gefordert wurde.
Und: Die meisten Leute fragen sich doch: „Wer ist eigentlich Weber?“
Margret Osterfeld
5. Mai 2019 @ 12:26
Nachdem ich den Sonntagvormittag nach dem neusten literarisch-linguistischen Fehlgriff von Sigmar Gabriel (im Handelsblatt) i. R. d. Kühnert-Debatte auf derentsprechenden Kommentarseite von ZEIT-online verbracht habe, muss Ihnen, lieber Claus, hier einfach recht geben.