Das Le-Pen-Dilemma

Nach dem Wahlsieg der Rechten in Frankreich rücken die etablierten Parteien im Europaparlament noch enger zusammen. Die GroKo schließt die Reihen – die politische Auseinandersetzung bleibt auf der Strecke (2/2).

Mehr denn je tritt die FN-Führerin dafür ein, das Schengen-Abkommen zur Reisefreiheit zu kündigen, den Euro aufzugeben und zu nationalen Gesetzen zurückzukehren.

Dabei weiß sie sich einig mit 38 Europaabgeordneten, die im Juni die rechte Fraktion „Europa der Nationen“ gebildet haben.

Die Rechten haben einige Trümpfe in der Hinterhand. Durch den Fraktionsstatus verfügen sie nicht nur über erhebliche finanzielle Mittel – 1,5 Millionen Euro bekamen sie im 2. Halbjahr aus dem Parlamentsbudget für ihre Arbeit.

Sie können nun auch Parlaments-Berichte verfassen die Leitung von Ausschüssen beantragen. Praktisch wirksam wird dies allerdings erst Ende 2016, wenn die Ausschüsse turnusmäßig neu besetzt werden.

Wortgefecht mit Hollande

Doch schon jetzt sind die Rechten im EU-Parlament so stark, dass sie Frankreichs Staatschef Hollande bei seinem letzten Besuch in Straßburg zu erbitterten  Wortgefechten provozierten.

Die Sozialisten wollen deshalb nun einen „Cordon sanitaire“, eine Art Bann, über sie erlassen. „Wir müssen systematisch die Lügen bekämpfen, die der Front National über Europa verbreitet“, sagt Pervenche Berès von den französischen Sozialisten.

Auf derselben Linie sind die deutschen Sozialdemokraten. Doch in den anderen Fraktionen gibt man sich nachdenklicher.

Der französische Konservative Alain Lamassoure verspricht sich mehr Erfolg davon, Le Pens politische Widersprüche offenzulegen.

Das Dilemma der Grünen

Im Wahlkampf habe sie noch gegen die EU und ihre Institutionen agitiert, jetzt arbeite sie doch im Parlament mit, lehne aber alle Vorschläge ab – auch die, die gut für Frankreich sind. „Der FN handelt auf EU-Ebene gegen die Interessen der Franzosen“, betont Lamassoure.

Wieder anders sieht man es bei den Grünen. Der FN habe einige grüne Ideen etwa zum Umweltschutz oder zum Freihandel übernommen, klagt der belgische Europaabgeordnete Lamberts.

„Wir können diese Ideen doch deshalb nicht fallen lassen.“ Eine Totalopposition bringe nichts; eine Zusammenarbeit sei aber auch nicht möglich. Ein Dilemma – nicht nur für die Grünen, sondern für das gesamte EU-Parlament.

Mitarbeit: Camille Le Tallec, Teil 1 steht hier